Der Schokoladen-Mogul wollte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Seine weibliche Baseball-Mannschaft sollte ihn sowohl noch reicher machen, als auch einen patriotischen Zweck erfüllen, nämlich den Kampfgeist der amerikanischen Soldaten aufrechterhalten, die sich im Zweiten Weltkrieg gerade nicht um fliegende Bälle, sondern Gewehrkugeln sorgen mussten. Doch was für eine Enttäuschung erwartet ihn, als er das ausgewählte Team schließlich zum ersten Mal auf dem Feld sieht: „Schauen Sie sich diese Waden an!“ „Feminine“ Frauen habe er verlangt. Und jetzt das.
Der Freudentaumel der Spielerinnen über die Chance auf eine professionelle Sportlerinnenkarriere wird damit sogleich getrübt und schnell ist klar: Wer Teil der Mannschaft bleiben will, muss Rock und Lippenstift tragen, anzügliche Sprüche aus den Rängen als Kompliment quittieren, generell in allen Lebensbereichen das Image des „All-American-Girl“ ausstrahlen. Dass ein solches nur heterosexuell sein kann, versteht sich in den 1940er-Jahren von selbst. Was im Film „Eine Klasse für sich“ von 1992 mit Geena Davis, Rosie O’Donnell, Madonna und Tom Hanks in den Hauptrollen nur unterschwellig anklang, wird in der neuen Serienadaption von Amazon zu einem zentralen Thema: Ein beträchtlicher Teil der Rockford Peaches liebt Frauen.
Beratende Baseballspielerin outet sich mit 95
Das Autoren-Duo Abbi Jacobson und Will Graham ließ sich bei der Stoffentwicklung von der Baseballspielerin Maybelle „Mae“ Blair beraten, die ab 1948 für die „All-American Girls Professional Baseball League“ gespielt hatte. Als die Serie im Juni beim Tribeca Film Festival in New York vorgestellt wurde, bekannte sie sich zum ersten Mal öffentlich zur ihrer Homosexualität: „Ich habe mich 75, 85 Jahre lang versteckt“. Laut Blair ging es einem großen Teil ihrer Teamkollegin ähnlich.
Abbi Jacobson übernimmt in ihrer Serie auch die Hauptrolle, sie spielt Carson, die mit einem Soldaten verheiratet ist, an den sie liebevoll als besten Freund denkt. Auf dessen eigentlich freudige Ankündigung der Heimkehr flüchtet sie in die Liga, wo sie sich in ihre Mannschaftskollegin Greta (D’Arcy Carden) verliebt. Greta erwidert die Gefühle, kokettiert nach außen aber weiterhin mit dem Image des Sexsymbols auf Ehemannsuche, was unweigerlich zu Konflikten führt. Nicht jedes lesbische Begehren wird von den Machern ausbuchstabiert, doch die Bürde, angesichts der immer lauernden sozialen und finanziellen Katastrophe, die eigene, nicht nur sexuelle Identität verleugnen zu müssen, schwingt bei fast allen Handlungssträngen mit.
So auch in der Geschichte von Maxine (Chanté Adams), die in der Serie ähnlich wie im Film von 1992 eingeführt wird. Als die weißen Frauen um ihren Platz im Team der Rockford Peaches kämpfen, landet plötzlich ein Baseball vor den Füßen der Schwarzen Maxine. Sie hebt ihn auf und wirft ihn mit einer solchen Wucht zurück, dass den Anwärterinnen vor Neid und Bewunderung die Kinnlade herunterfällt. Während Max im Film nur Zuschauerin war und ihre Geschichte mit einem sehnsuchtsvollen Blick endete, ob der Unmöglichkeit als Schwarze Spielerin mit weißen Frauen in einer Mannschaft zu spielen, ist sie in der Serie fest entschlossen, dieses Schicksal nicht zu akzeptieren. Sie ist gekommen, um zu spielen und dass sie von den verantwortlichen Männern trotz Superwurf schroff abgewiesen wird, ist erst der Anfang für ihre Geschichte. Um zumindest in irgendeinem Team unterzukommen, heuert Max, die eine Affäre mit der Frau eines Kirchenvertreters hat, in einer Fabrik mit Mitarbeitermannschaft an. Ihr Plan, sich dort als Mann auszugeben, scheitert nach drei Minuten, doch der Vorsteher zuckt nur mit den Schultern. Was solls, die Soldaten fehlen halt, da kann man auch keine Frau abweisen, sogar dann nicht, wenn sie Schwarz ist.
Das emanzipatorische Potenzial der Abwesenheit der Männer ist in „A League of Their Own“ allgegenwärtig, die Serie lebt von der Sehnsucht ihrer Heldinnen nach Selbstbestimmung und den komplexen Herausforderungen, die das mit sich bringt. Max wächst mit einer Mutter auf, der es als Schwarze Frau durch einen bürokratischen Fehler gelungen ist, ein erfolgreiches Geschäft aufzubauen und die ihre Tochter zur Selbstständigkeit ermutigt, es aber als Krankheit betrachtet, wenn Frauen auf Frauen stehen. Die Rockford Peaches sollen spielen, um den Männern zu gefallen und Geld in ihre Kassen zu spülen, gleichzeitig sind viele Spielerinnen entschlossen, die Situation auch als Möglichkeit zu betrachten, sich so auf lange Sicht von genau diesen Abhängigkeiten zu befreien. Die überzeugende Darstellung dieses Austestens von Grenzen in einer Gesellschaft, deren Fragilität zumindest eine Zeitlang auch Chancen bot, hält die Spannung über so manche Längen in den acht Episoden bis zum Ende aufrecht.
Wertung: 4 von 5 Punkten



