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„Uncoupled“ auf Netflix: Dickpics und Dinnerpartys

Wo ist Mr. Big? Netflix zeigt eine schmusig-altbackene Serie über schwules Dating in New York. Charmante Unterhaltung ist „Uncoupled“ aber trotzdem. Irgendwie.

Erst die Vernissage, dann ins Bett. Oder andersherum? Michael (Neil Patrick Harris, l.) und Josh (Peter Porte) kommen sich schnell näher.
Erst die Vernissage, dann ins Bett. Oder andersherum? Michael (Neil Patrick Harris, l.) und Josh (Peter Porte) kommen sich schnell näher.Netflix/Barbara Nitke

New York: Ein Single mittleren Alters wird abrupt verlassen und findet sich quasi über Nacht wieder da, wo sich niemand wiederfinden möchte, der die 35 überschritten hat: auf dem Dating-Markt der einsamen Herzen, im Fegefeuer der Eitelkeiten.

Wenn Ihnen die Handlung bekannt vorkommt, dann liegen Sie richtig: Die Vorlage zur neuen Netflix-Serie „Uncoupled“ stammt von Darren Star, der schon Carrie Bradshaw in „Sex and the City“ die Herzen der Millennials abschmelzen ließ. Viel Neues ist ihm nicht eingefallen und so hat der Regisseur und Autor für „Uncoupled“ das Arrangement nur ein bisschen verändert. Statt einer modevernarrten Kolumnistin und ihrer Freundinnen sucht nun der smarte Immobilienmakler Michael (Neil Patrick Harris) die große Liebe, nachdem ihn sein langjähriger Partner Collin (Tuc Watkins) an seinem 50. Geburtstag verlassen hat.

Powerlunch-Locations und Private-Member-Clubs

Das Ganze klingt also nach einem erprobten Konzept für einen netten Mehrteiler, abzüglich der Tatsache, dass seit der letzten Staffel von „Sex and the City“ 18 Jahre vergangen sind und sich sowohl das Datingverhalten als auch die grundlegende Betrachtung potentieller Partner durchaus gewandelt haben.

Aber da, wo uns die immergleichen Geschichten der nach Liebe und Manolos suchenden Carrie mit Esprit und charmantem Wortwitz einnahmen, da wirken die amourösen Abenteuer Michaels so sandgestrahlt wie das Setting. Das ist ein paar Preisklassen höher angesetzt und bewegt sich zwischen unerschwinglichen Appartements, Powerlunch-Dates, Private-Member-Clubs und teuren Bettlaken, ohne dass das Auge auch nur einmal an irgendeiner Unstimmigkeit hängenbleiben würde. Alles wirkt wie den Yuppie-Fantasien eines Patrick Bateman entsprungen.

Passend zur Einrichtung werden brav alle relevanten Themen abgehandelt, die die queere Community in den westlichen Metropolen heutzutage so umtreibt, jedenfalls wenn man Darren Star folgt: Nach der wievielten Nachricht verschickt man ein Dickpic? Ist Kondomsex noch ein Thema oder reicht Prep zur Prävention? Sex schon beim ersten Date, oder erst nach dem zweiten Lowcarb-Dinner?

Die Charaktere erinnern ebenfalls ans Carrie-Bradshaw-Universum: Es gibt den beim Daten wenig erfolgreichen und natürlich übergewichtigen Kunsthändler mit Brille, den scharfen Beau und die immer für einen guten Ratschlag und einen dreckigen Witz zu habende beste Freundin. Dass das Ganze nicht auseinanderfällt und sich in der kompletten Belanglosigkeit verläuft, liegt zum einen an Neil Patrick Harris in der Hauptrolle, der den sichtbar 50-Jährigen mit anrührender Naivität und leicht holprigem Charme spielt, sodass man ihn bei der Hand nehmen  und ihm erklären möchte, wie Grindr funktioniert.

Zum anderen sind die Witze zwar oft klischeehaft, die Dialoge wiederum so flott, dass man sich durchaus einlullen lassen kann von den kurzweiligen 25 Minuten pro Folge. Da wird dann wieder der Unterschied zu deutschen Komödien deutlich: Bei „Uncoupled“ sitzt jeder noch so abgedroschene Dialog, jeder noch so vorhersehbare Lacher an der richtigen Stelle, da gibt es keine Hänger und keine schwergängigen Untiefen in der Handlung.

„Uncoupled“ ist sicherlich nicht der große Wurf, aber wenn man ein bisschen nachsichtig und vielleicht schon ein wenig beschwipst ist bei diesen Temperaturen, dann kann man mit den acht Teilen ein paar vergnügliche Stunden haben. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Uncoupled, Miniserie, 8 Folgen, Netflix

Wertung: 3 von 5