Treffen sich ein Pessimist und ein Optimist. Sagt der eine: „Ach, das Leben wird immer schwieriger, es könnte gar nicht schlimmer werden …“ Antwortet der andere: „Doch, doch, das kann es!“ Dieser typisch südosteuropäische Witz spricht Bände über Galgenhumor und Überlebenswillen in der Region. Er fällt im Road-Documentary „Așteptați răspunsul operatorului“ („Bitte warten“) des 1978 in Moldau geborenen Regisseurs Pavel Cuzuioc. Er gilt heute als einer der Hoffnungsträger des europäischen Dokumentarfilms; dies völlig zu Recht.
Sein Talent, Information und Emotion zu verbinden, wird gerade durch seine letztlich rational nicht völlig analysierbare Methode deutlich. Cuzuioc ist ein Zauberer der Bilder, Töne, Blicke und Lücken. Dass wir ihm in „Bitte warten“ atemlos durch vier Länder, über Feldwege und Autobahnen in Wohnküchen, Ställe oder Abstellkammern folgen, hat letztlich mit seinem ureigenen, stets offenen Blick zu tun. Es ist der Blick schier grenzenloser Empathie. Kein Zufall, dass der Film jetzt im Zentrum einer Reihe mit dem scheinbar schlichten Titel „Grenzen“ steht. Alle sechs Beiträge zeugen davon, dass Grenzen eben nicht nur trennen, sondern auch verbinden. Cuzuiocs Arbeit zeigt dies in besonders eindringlicher Weise.
Sein Film folgt Telefontechnikern in den Grenzregionen von Moldau, Rumänien, Bulgarien und der Ukraine auf ihren alltäglichen Berufswegen in meist ländliche Gegenden. Die durchweg in Blau gekleideten Männer klettern bei Sturm und Regen auf wankende Leitern, stochern in abenteuerlichen Schaltkästen herum oder versuchen den Verlauf Dutzender ineinander verknäulter Kabel zu rekonstruieren. Daneben (oder eigentlich?) scheint ihre Aufgabe darin zu bestehen, den oft einsamen „Kunden“ ein paar Minuten Aufmerksamkeit zu schenken.
Ein ganzer Kosmos aus Irritationen und Hoffnungen tut sich hier auf
So sitzen sie als Boten der Außenwelt für ein paar Minuten in den Behausungen, hören sich die vielen Nöte und wenigen Freuden der Bewohner an, trinken einen Tee und auch mal einen Wodka mit ihnen, kommentieren sparsam das Gehörte. Bevor sie sich auf den Weg zum nächsten Bedürftigen machen. Ihre „Dienstleistung“ ist also eine sowohl technische als auch seelische. So nahe wie den auch „Blaue Engel“ genannten Monteuren kam den Dorfbewohnern früher nur der Pfarrer oder der Arzt. Und wir können dank der Kamera dabei sein.


