Was muss man als Heranwachsender alles mitmachen? Da engagiert man sich schon als Klassensprecher und zum Dank wird man von drei Lehrern in einen Raum gerufen und ermutigt, seine Mitschüler anzuschwärzen. Ob man Beweise hat, spielt keine Rolle, es reicht eine Ahnung. Wem würde man denn eine Straftat zutrauen? Der Hintergrund: Seit einiger Zeit verschwindet an der Schule immer wieder Geld. Die unangenehme Situation wird durch die Blicke der Erwachsenen untereinander nicht besser. Denn offensichtlich halten sie sich auch gegenseitig für Idioten.
Jeder Beweis braucht eine ordentliche Herleitung
Die größte Kritikerin der Aktion ist Frau Nowak. Die Sport- und Mathelehrerin ist erst seit Kurzem an der Schule und noch voller Elan. Für gesungene Begrüßungen und Klatschrituale im Unterricht, aber auch für das Wohlergehen und die Entwicklung ihrer Schüler. Umso mehr wurmt es sie, als auf das zweifelhafte Verhör bald die nächste übergriffige Aktion folgt. Mitten in ihrem Unterricht platzen Kollegen rein und fordern die Jungen auf, ihre Portemonnaies abzugeben. Alles freiwillig natürlich, aber „wer nichts zu verbergen hat, muss sich auch keine Sorgen machen“. Man will prüfen, ob einer von ihnen vielleicht außergewöhnlich viel Geld dabeihat. Gerade hat Frau Nowak ihrer Klasse noch erklärt, dass jeder Beweis eine ordentliche Herleitung braucht – und nun das.
Im Mikrokosmos Schule erzählt der Berliner Regisseur Ilker Çatak, wie schnell soziale Strukturen in sich zusammenfallen können – auch oder sogar besonders, wenn die Hierarchien klar geregelt sind. Im engen 4:3-Format scheucht die Kamerafrau Judith Kaufmann die Hauptdarstellerin Leonie Benesch vor sich her, die als idealistische Junglehrkraft von Szene zu Szene unsicherer über das Schulgelände hastet. Sie beschließt, den Fall selbst aufzuklären, doch als ihr das scheinbar sogleich gelingt, gehen die Probleme erst richtig los.


