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Düsterer und besser kann es nicht mehr werden: „Der Pass“ geht in die letzte Staffel

In Bildern, wie man sie im deutschen Fernsehen sonst nicht zu sehen kriegt, gehen Nicholas Ofczarek und Julia Jentsch auf ihre dritte und letzte Höllenfahrt. 

Von inneren Dämonen und einer Kugel im Kopf geplagt: Nicholas Ofczarek als Gedeon Winter.
Von inneren Dämonen und einer Kugel im Kopf geplagt: Nicholas Ofczarek als Gedeon Winter.W&B

Auch das Salzburger und das Berchtesgadener Land bleiben vom Klimawandel nicht verschont. Und wo bislang noch dichter Schnee den Schrecken dämpfte und mancherlei Abgrund überdeckte, herrscht in der dritten und finalen Staffel von „Der Pass“ nichts als Finsternis. Kein Lichteinfall hellt das Geschehen auf. So schwarz ist das Szenario, dass akute Verdunkelungsgefahr besteht.

Im österreichisch-deutschen Grenzgebiet passieren einige so schreckliche wie rätselhafte Morde: Ein Motorradfahrer wird von einem über die Landstraße gespannten Seil enthauptet, eine junge Frau endet verbrannt auf einem Scheiterhaufen im Wald. Stecken Satanisten dahinter oder Reichsbürger, die sich im Niemandsland zwischen Tirol und Bayern ein „Freies Deutschland – selbstverwaltetes Hoheitsgebiet“ eingerichtet haben? Oder sind es Anhänger des legendären Schinderjackls, einer Gestalt, die im 17. Jahrhundert den Bettelkindern aus der Region Zuflucht und Schutz geboten hat und deren populäre Sage die Menschen bis heute daran erinnert, dass die Salzburger Geschichte nicht nur Mozart ist und die Trapp-Familie, sondern auch Kinderhexen- und Zauberbubenprozesse.

Hier ist nichts durchschaubar

Mühsam versucht die Polizei, sich durch die Schatten und die Schwärze  einen Weg zu bahnen, durch das Undurchsichtige, das von den Regisseuren Christopher Schier und Thomas W. Kiennast auch für die Einsicht steht, dass klare und durchschaubare Geschichten passé sind im  Fernsehen von heute. Weil eben auch im Leben vieles, wenn nicht das meiste im Dunkeln bleibt und ständig willkürliche Dinge passieren, die mit nichts etwas zu tun haben. Ein letztes Mal müssen sich dabei die durchgehend deprimierte Deutsche Ellie Stocker (Julia Jentsch) und der wie eine biblische Leidensfigur aus einem Renaissancegemälde durch die Geschichte spukende Österreicher Gedeon Winter (Nicholas Ofczarek) zusammentun. Und versuchen, das Puzzle zu lösen. Ein Puzzle, wie Stocker bemerkt, „mit 1000 Teilen, aber es stehen einem nur 250 zur Verfügung. Trotzdem müssen Sie es schaffen, ein ganzes Bild zusammenzustellen.“

Dass sich die beiden am Ende der zweiten Staffel entzweit haben, weil Winter, der gerne nach dem Do-ut-des-Prinzip ermittelt, mutmaßlich das entscheidende Beweisstück für den Mord an einer Kollegin verschwinden lässt, trägt nicht wirklich zum kommissarischen Teamgeist bei. Ganz im Gegenteil scheint Stocker den Fall in erster Linie dafür nutzen zu wollen, um  Belastendes gegen Winter zu finden – sie schleicht sich überhaupt erst mit einer Intrige an die Spitze der Sonderkommission. Winter wiederum geht vor allem privaten Ermittlungen nach, dabei spielen Gemälde schlafender Knaben eine Rolle und ein Trauma, das er in seiner Kindheit in einer Künstlerkommune erlitten hat.

Wie diese zwei Figuren, die eine voll obsessiver Verbissenheit, die andere moribund, von inneren Dämonen und einer Kugel im Kopf geplagt, peu à peu zueinanderfinden, wenn schon nicht als „Tatort“-kompatibles Fahnder-Duo, sondern als Verlorene und Schicksalsgenossen, ist die eigentliche Geschichte von „Der Pass 3“. Und es ist eine großartige Geschichte, mit famosen Schauspielern und mit Bildern, die man selten bis noch nie gesehen hat im deutschen Fernsehen und die man auch so schnell nicht vergessen wird. Die dunklen Schattenspiele stehen letzten Endes eben auch für die Undurchdringlichkeit der Verhältnisse, in die sich die beiden Helden verstrickt haben.

Und nicht nur die: In Nebenrollen treten August Diehl, Felix Kammerer und Frederic Linkemann auf, Verlorene auch sie in einer immer fremder werdenden Welt, die nun nicht einmal mehr gelegentlich vom Schnee überzuckert wird.

Der Pass. 3. Staffel der Serie, 8 Folgen, jeweils donnerstags bei Sky und WOW