Interview

Günter Wallraff: „Die Gräben waren schon vor Corona unüberbrückbar“

Mit 83 provoziert er noch immer. Ein Gespräch über kulturelle Aneignung, Gendersprache, AfD, Corona und die Frage, wie viel Annäherung Journalismus wagen darf.

Der Journalist Günter Wallraff
Der Journalist Günter WallraffChristoph Hardt/imago

Am 21. Oktober 1985 erschien „Ganz unten“. Genau vor 40 Jahren veröffentlichte der Undercover-Journalist Günter Wallraff unter diesem Titel das bis heute erfolgreichste Sachbuch Deutschlands mit einer Auflage von über fünf Millionen Exemplaren allein in deutscher Sprache. Das Buch war Ergebnis einer Undercover-Recherche, für die der Kölner Journalist Günter Wallraff als Türke Ali verkleidet im Stahlwerk, auf dem Bau oder bei McDonalds gearbeitet hatte. Es wurde in 38 Sprachen übersetzt und auch in Ländern gelesen, die gar keine nennenswerte Arbeitsmigration hatten. Wallraff ist mittlerweile 83 Jahre alt, lebt im Kölner Stadtteil Ehrenfeld in einem Haus mit Hinterhaus, in dem sein Großvater Klaviere herstellte. Als er zum Abschied eine Widmung in sein Buch kritzelt, sagt er: „Die sieht jetzt so aus, weil ich im Stehen schreibe, nicht weil ich senil wäre oder so.“ Tatsächlich läge nichts ferner: Wallraff ist geistig und körperlich offensichtlich fit. An der Tischtennisplatte, an die er alle Besucher einlädt, gewinnt er jeden Satz.

Berliner Zeitung

Mit einem Abo weiterlesen

  • Zugriff auf alle B+ Inhalte
  • Statt 9,99 € für 2,00 € je Monat lesen
  • Jederzeit kündbar