Ich wohne ja in der Nähe des Checkpoint Charlie, wo die eine Hälfte der vielen Touristen stets besonders erschreckt von der handelsüblichen Berliner Tristesse herumirrt und die andere Hälfte ganz begeistert der Vergangenheit auf der Spur ist. An keinem Ort in der Stadt touren mehr Trabant-Kolonnen, es gibt sogar einen Parkplatz auf einer der womöglich letzten großen Brachen mitten an der Wilhelmstraße, der über Jahrzehnte schönsten und elegantesten Straße der Stadt.
Da tuckern sie also immer in Reih und Glied, und die Touris aus den USA, Peru oder Stuttgart steuern die kleinen bunten Autos, und ich fahre zur Arbeit oder sonst wohin und dann packte es mich wieder wie den Helden in Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ beim Biss in sein berühmtes Schmelzbrötchen: Wie diese Trabis riechen! Für mich nach den schönsten Samstagnachmittagen meiner Jugend: Als ich meine erste D-Mark verdiente, indem ich meines Lieblingsonkels Rasen mähte. Und wie ich mein himmelblaues Mofa Piaggio Ciao, die ich von meinem anderen Lieblingsonkel geschenkt bekommen hatte, die Dorfstraße rauf und runter fuhr.
Am Checkpoint Charlie fiel ich fast vom Rad, so sehr haute mich die Erinnerung vom Hocker. Schuld ist natürlich der Zweitaktmotor, den der Trabant sowie ältere Rasenmäher und Mofas besitzen. Meine Piaggio war Baujahr 68. Die 50 Teile Benzin mussten an der Zapfsäule mit einem Teil Öl gemischt werden, ich hatte solche Angst, dabei etwas falsch zu machen, als ich zum ersten Mal selbst bei der Tankstelle, die ein alter Schäferhund bewachte, vorfuhr. Wenn das Gemisch im Motor verbrennt, entsteht der typisch süßlich-ölige, bläuliche Rauch am Auspuff.


