Mein Arbeitsweg führt mich jeden Morgen durch die Brückenstraße in Mitte. Dort gibt es einen Radweg, was wirklich toll ist und mein Leben erleichtert. So wie jeder Radweg. Auch wenn dort vor dem KitKat-Club nach dem Wochenende oft alles voller Glasscherben liegt, vor denen selbst meine unplattbaren Reifen manchmal kapitulieren.
Doch ist dieser Radweg auch häufig vollgeparkt, vor allem vormittags. Dann stehen da Lieferfahrzeuge, DHL-Transporter, auch ganz normale Autos, und ich muss immer wieder auf die Fahrbahn ausweichen und fahre auf der Brückenstraße einen nicht ungefährlichen Slalom.
Nachdem ich dort heute Morgen bereits einem weißen Transporter ausgewichen war, kam ein blauer Kleinwagen, der auf dem Radweg parkte. Der Mann auf dem Fahrersitz, um die 30, Drei-Tage-Bart, weißes T-Shirt, war damit beschäftigt, auf seinem Handy herumzuwischen, das Fenster stand offen. Ich hielt kurz an und sagte ihm: „Sie stehen auf dem Radweg.“ Er keifte mich an: „Was willst du!“ (Das Duzen ist bei Auseinandersetzungen auf der Straße sehr verbreitet.) Und weiter: „Eure Radwege kommen eh bald alle weg.“ – Eure. Ein einziges Possessivpronomen als Symbol für Lagerdenken.
Der Machtkampf zwischen Autofahrern und Radfahrern
Es war nicht das erste Mal, dass ich diesen Stimmungswandel wahrnahm. Nur das deutlichste. Es wirkt, als witterten die Berliner Autofahrer Morgenluft, als hätten sie wieder Oberwasser in dem, was viele als reinen Machtkampf wahrnehmen – das Verhältnis von Auto- und Radfahrern in Berlin. Es ist, als ignorierten sie ungenierter die Regeln, die doch eigentlich eine friedliche Koexistenz zwischen ihnen und den Radlern ermöglichen sollen.
Ich führe das auf das Agieren der neuen Verkehrssenatorin von der CDU zurück, auf Manja Schreiner. Sie hat die Bezirke aufgefordert, die Planung und den Bau von Radwegen erst mal auszusetzen. Alles komme auf den Prüfstand. Unsinnige Vorhaben sollen gestoppt werden, mehrere Autostellplätze auf einmal sollen nicht einem Radweg weichen müssen. Der geplante Radweg in der Ollenhauer Straße in Reinickendorf geriet besonders in den Fokus, weil er bereits fast fertig war. Die weißen Zeichen auf dem Asphalt, die den Radweg markieren, wurden inzwischen mit gelben Kreuzen überklebt – hier sollen keine Räder fahren, stattdessen dürfen wieder Autos parken. Davon muss auch der Falschparker gehört haben, der mir an diesem Morgen seinen Satz entgegenschleuderte. Radwege zu Parkplätzen. So schnell kann sich Politik auf der Straße auswirken.


