Paris/Moskau - Die russische Führung ist schnell bei der Hand, wenn es darum geht, die Ukraine als faschistisch unterwandert anzuprangern. Immer wieder liefert ihr Kiew dafür auch Anlässe. Gerade ist beispielsweise der Rechtsradikale Wadim Trojan zum Polizeichef der Hauptstadtregion ernannt worden. Der 35-Jährige hat sich als einer der Kommandeure des Bataillons „Asow“ einen Namen gemacht, einer Freiwilligenmiliz, die vorwiegend aus Rechtsextremen besteht.
Auf der anderen Seite zeigt die russische Führung keine Berührungsängste, wenn es um ihre Nähe zu westeuropäischen Nationalisten, Rechtspopulisten und Neofaschisten geht. Der Millionenkredit von einer russischen Bank für den französischen Front National, der jetzt bekannt wurde, ist nur ein Indiz für systematischen Brückenbau. Gabor Vona, Chef der faschistoiden ungarischen Jobbik-Partei, rühmte sich nach einem Moskau-Besuch auf seiner Webseite, es sei „klar, dass Russland Jobbik als Partner betrachtet“. Nigel Farage, Führer der rechten britischen Ukip, ist gern gesehener Interview-Gast des englisch-sprachigen russischen Staatssenders RT.
Eurasische Idee
Bislang war es kaum gelungen, eine direkte Finanzierung europäischer Rechtsparteien aus russischen Quellen zu belegen. Jetzt räumt der FN offenherzig selbst ein, worüber in Frankreich seit längerem spekuliert wird: In seine Kassen flossen neun Millionen Euro russischen Geldes. Tatsächlich sollen es nach anderen Quellen sogar 40 Millionen Euro sein. Organisiert hat den Deal der Duma-Abgeordnete Alexander Babakow, der auf der westlichen Sanktionsliste steht. Parteichefin Marine Le Pen hat nie einen Hehl daraus gemacht, wie sehr sie Putin bewundert. Sie ist eine der entschiedensten Gegnerinnen der Sanktionen und feiert den russischen Präsidenten als den letzten Verteidiger sittlicher Werte. Angesichts solcher Sympathie durfte sie sich im vergangenen Jahr in Moskau mit dem Duma-Präsidenten Sergej Naryshkin und Vize-Regierungschef Dmitri Rogosin treffen.
Unstrittig ist auch, dass das Geld für ein Treffen westeuropäischer Rechtspopulisten mit Vorkämpfern der großrussischen Idee Anfang Juni in Wien aus Russland stammte. Die Konferenz war dem 200. Jahrestag der erzreaktionären „Heiligen Allianz“ gewidmet; vertreten waren die österreichische FPÖ, die britische Ukip, Rechtsextreme aus Südosteuropa und natürlich der FN. Als russischer Redner trat der rechtsextreme Alexander Dugin auf. Der „eurasische“ Philosoph, soll inzwischen etwas von seinem Einfluss auf Personen aus Putins Kreis eingebüßt haben, heißt es. Bezahlt hat den Kongress der russische Oligarch Konstantin Malofejew, der den Investmentfonds „Marshall Capital“ führt. Der soll seine Beziehungen zu staatlichen Institutionen selbst als „Public Privat Partnership“ charakterisiert haben.
In diesem Sinne muss man sich wohl auch Malofejews finanziellen Einsatz bei der Krim-Annexion und im Krieg in der Ostukraine vorstellen. Einer seiner PR-Mitarbeiter war Alexander Borodaj, der vormalige „Premier“ der „Volksrepublik Neurussland“. So schließen sich politische Kreise – in die auch die westlichen Beobachter der „Referenden“ auf der Krim und im Donbass gehören.
Zu den Missionen eingeladen haben zwei dubiose Organisationen, die mutmaßlich schon seit Jahren von Russland finanziert werden: das Eurasian Observatory of Democracy and Elections, das von dem belgischen Rechtsextremen Luc Michel geleitet wird und das European Center for Geopolitical Analysis, dem der Pole Mateusz Piskorski vorsteht. Der wechselte in den vergangenen Jahren munter zwischen rechtem und linkem Extremismus.
Führer der Rechten
Auf der Krim hatte der Belgier Michel die Beobachter sogar als OSZE-Mission ausgegeben, wogegen sich die europäische Institution schärfstens verwahrte. Auch das Ergebnis der Beobachtungen im Donbass überrascht nicht: Das Referendum sei vorbildhaft, sagte Fabrizio Bertot (Forza Italia).
Sicherlich kontrollieren die den russischen Präsidenten Umbebenden genau, in wessen Nähe sie sich aufhalten. So war es weder Zufall noch Versehen, dass der enge Putin-Vertraute Wladimir Jakunin am vergangenen Wochenende in Berlin an einer Konferenz teilnahm, die das Magazin compact veranstaltete. Es wird geleitet von Jürgen Elsässer, einem früheren Linksradikalen, der auf die rechte Seite gewechselt ist.