Hamburg / Berlin-„Einmal 3G bitte!“ Wie bitte? „Ich brauche einen Nachweis: geimpft, getestet oder genesen“ Achso, ja… Ich krame meinen Impfnachweis hervor. Mein Telefon hat gerade keinen Akku. Ich habe mich noch nicht an die neue Sprachregelung gewöhnt und hätte die Kellnerin im Bordrestaurant selbst zunächst mit einem schlichten „Hallo“ begrüßt. Sie hat mich allerdings zuerst entdeckt und auf eine solche althergebrachte Begrüßung direkt verzichtet, stattdessen kommt sie gleich zum Wesentlichen. Sehr effizient.
„Haben Sie sich schon eingecheckt?“, fragt sie streng. Ja, aber selbstverständlich, aber das war gar nicht so einfach. Wie gesagt, mein Telefon hatte keinen Akku, als „Irgendwas mit Medien“-Typ bin ich aber natürlich bestens ausgestattet und hole mein Ipad hervor und scanne den vor mir liegenden QR-Code ein, um mich als Gast zu registrieren. Das Formular, das jetzt auf meinem Bildschirm aufpoppt, erinnert an das Einwohnermeldeamt. Um die Registrierung abzuschließen, öffnet sich ein weiteres Fenster: Ich soll alle Züge auf einer Tafel anklicken, um zu bestätigen, dass sich gerade wirklich ein Mensch mit der Registrierung plagt. Das alles läuft online ab, gut, dass es beim Wlan im Zug praktisch nie Probleme gibt. Die Kacheln laden erst beim dritten Anlauf. Die Plätze im Bordrestaurant sind derzeit noch beschränkt, fremde Leute dürfen nicht zusammen an einem Tisch Platz nehmen.
Coq au Vin und eine kleine Flasche Rotwein: Macht 17,50 Euro
Dass das Bordrestaurant der Deutschen Bahn wieder eröffnet hat, war für mich eigentlich eine freudige Nachricht. Während Kollege zu Dohna stets mit dem Flieger unterwegs ist, nehme ich lieber die Bahn („Das Klima!“). Das Bordrestaurant ist für mich dabei ein richtiger Sehnsuchtsort, gerade am Abend, wenn leidgeprüfte Außendienstler („Goldene Zunge, auf eiserner Leber“) nach dem dritten Weizenbier alle Hemmungen verlieren und wehmütig von zu Hause erzählen oder etwas zu enthusiastisch einen Geschäftsabschluss begießen. Normalerweise beschränke ich mich bei meinen Bestellungen im Bordrestaurant auf Bier und Erdnüsse, denn Essen im Zug schmeckte mir bis jetzt eigentlich nur im tschechischen Eurocity, der von Prag nach Hamburg fährt, denn dort gibt es anders als im ICE eine richtige Küche. Im ICE werden alle Gerichte bereits fertig angeliefert und müssen nur noch erwärmt werden. Heute entscheide ich mich für das Angebot des Monats: Coq au Vin und dazu die Rotwein-Cuvée „Rot und Wild“ 2018 aus dem Weingut Hirsch. Beides zusammen gibt es für 17,50 Euro.
Ein Linseneintopf täte es auch.
Was soll man sagen? Man kann es essen, es schmeckt nur nicht besonders gut. Sollte die Sauce Wein enthalten, ist dieser nicht herauszuschmecken. Die Sauce entpuppt sich als großer Nivellierer, alles schmeckt gleich. Das Hühnchen ist für sich genommen nicht schlecht, aber leider auf gummiartige Weise verkocht. Lediglich die Karotten lassen so etwas wie eine natürliche Konsistenz erahnen. Die Kartoffeln, die aus dem Ofen kommen sollen, sind alles andere als knusprig. Da nutzt es nichts, dass sich die Kellner im Bordrestaurant viel Mühe beim Anrichten geben. Und der Wein? Ergänzt um Zimt, Anissterne und Orangenschale und erhitzt auf 50 Grad, wäre er gar nicht so schlecht. Das ist natürlich gemein, aber die 0,25 Liter Flasche ist auch ein schwieriges Format. Dem Wein fehlt es an Luft und Zeit, um sich zu entfalten. Man fragt sich unwillkürlich: Warum bleibt die Bahn nicht einfach bei Gerichten, die man auch mit begrenzten Mitteln gut zubereiten kann: Erbsen- oder Linsensuppe und dazu ein paar Wiener würde ich jederzeit gegen das Gericht, das halbaufgegessen vor mir liegt, eintauschen. Ich werde das Bordrestaurant trotzdem wieder besuchen: Drei Bier sind schließlich auch ein Schnitzel.
Bewertung: 2 von 5 Punkten
DB Bordrestaurant, Kernöffnungszeiten: Montag bis Sonntag, 6 bis 22 Uhr.
