Tina testet

Pekingente zum bestellen: Ente gut, alles gut

Die Gänse sind knapp dieses Jahr, warum also nicht mal ein anderer Weihnachtsvogel: eine Pekingente aus der Kochbox, organisiert vom Berliner Start-up Voilà.  

Die Zubereitung einer Pekingente ist normalerweise langwierig und Sache von Profis.
Die Zubereitung einer Pekingente ist normalerweise langwierig und Sache von Profis.Torben Averkorn/Voilà

Berlin - Irgendwo habe ich gelesen, zum ersten Mal würden die Gänse knapp. Fakt ist, dass Jahr für Jahr zwischen Martinstag und Weihnachten knapp fünfeinhalb Millionen Gänse und fast ebenso viele Enten in deutschen Bratröhren landen. Nun gibt es bei den Gänsen aber wohl sowohl durch die Vogelgrippe als auch wegen Logistik-Problemen in der Pandemie Engpässe. Zuchtbetriebe, heißt es, könnten zum ersten Mal die Nachfrage in dieser Weihnachtszeit nicht bedienen. Restaurants würden sich vielleicht bald um die wenigen Gänse balgen.

Noch scheint mir alles in Ordnung zu sein. Zumindest zeigt das mein Postfach: Dort häufen sich seit einigen Wochen nette Mails, die mir Weihnachts-Boxen wie „Gans mal anders“ (Sternekoch Alexander Herrmann) oder auch „Gans lecker“ (Floris Catering) anpreisen. Ebenso nett schreiben mir Lieferdienste wie „Gans wie bei Oma“, das Berliner „Enten- und Gänsetaxi“, oder ich bekomme gut ausgeleuchtete Braten-Fotos im Anhang für die „Gans to go“, wie sie jetzt im Jolesch, Ganymed, Café am neuen See und in vielen anderen Restaurants bestellt werden kann.

Viele davon habe ich über die Jahre getestet und manchmal auch empfohlen. Nie vergessen werde ich mein Gespräch mit dem Koch des Gänsetaxis, der um diese Zeit täglich 150 Gänse brät und den Geruch selbst im Schlaf nicht los wird. An Heiligabend wünscht sich dieser Mann nichts sehnlicher als Fisch.

Die Pandemie hat die Spitzen-Chefs umdenken lassen

Ob Überdruss oder tatsächliche Gänseknappheit – auch ich hatte diesmal Lust auf einen etwas anderen Weihnachtsvogel. Daher kam mir die Mail eines Berliner Start-ups namens Voilà gerade recht. Voilà versendet seit kurzem nicht nur die verschiedensten Kochboxen von Berliner Restaurants wie dem Cookies Cream oder den koreanischen Hotspots Dae Mon und Kochu Karu in den Rest der Republik. Auch andersrum kann ich mir über die Plattform nun Menüs von Top-Restaurants etwa aus Köln, Mannheim und Hamburg nach Hause bestellen.

Und genau hier entdeckte ich das Pekingenten-Menü vom Dim Sum Haus, einem der ältesten Chinarestaurants in Hamburg. Fast wäre ich dafür schon einmal extra in die Hansestadt gefahren, die Pekingente dort gilt als legendär. Tim Raue zählt das Dim Sum Haus zu seinen Lieblingsrestaurants, und angeblich reisen selbst chinesische Politiker und Stars wie der Pianist Lang Lang an, um die wohl sehr authentische Pekingente dort zu essen.

Ich drückte daher ohne zu zögern den Bestellbutton. Wer bis spätestens Mittwochabend ordert, bekommt bis Freitagmittag um 12 Uhr sein Menü frisch zubereitet, mit Kühlung verpackt und per DHL Express an der Haustür zugestellt. Unglaublich, dass dies klappt. Doch knapp 24 Stunden später hielt ich tatsächlich die Pekingente in Händen: einen etwa zwei Kilo schweren Vogel, fast fertig gebraten und luftdicht eingeschweißt im Vakuumbeutel, wo er – dank des kurz vor seinem Ende gestoppten Garprozesses – nichts an Saftigkeit eingebüßt hat.

Corona hat uns gastronomisch einen riesen Fortschritt beschert, der nun auch bei den Weihnachtsmenüs zum Tragen kommt. Denn mit der Pandemie haben sich zum ersten Mal auch die Spitzen-Chefs Gedanken darüber gemacht, wie sie nach Hause zum Gast kommen. Zuvor gab es hier vor allem Pizza, Burger und Asia-Food. Jetzt können dank Sous-vide-Garmethode und Vakuumiertechnik auch filigrane und komplexe Menüs so verschickt werden, dass sie kaum in der Qualität leiden. Noch braucht man eigene Kochskills.

So ist das auch bei der Pekingente aus dem Dim Sum Haus. Sie gilt als die große Kunst und ist eines der aufwendigsten Gerichte der chinesischen Küche.

Im Restaurant noch keine bessere Pekingente gegessen

Das Ursprungsrezept für die Pekingente stammt aus der Ming-Dynastie. Die Zubereitung ist langwierig und Sache von Profis, nur wenige darauf spezialisierte Restaurants machen sie: Nach dem Rupfen wird das Tier nämlich oben und unten zugenäht und mit Luft aufgeblasen, damit sich die Haut vom Fleisch löst und später beim Braten aufblähen kann. Dann wird die Karkasse mit heißem Wasser überbrüht, gewürzt und mit einer Malz-Zucker-Honig-Marinade eingepinselt, wodurch sie die typisch rötliche Farbe annimmt. Später wird sie – an einem gut belüfteten Ort – über Nacht getrocknet. Zum Finale wird die Ente in einem extrem heißen Ofen geröstet, wobei sie stets mit Fett übergossen wird. Das macht die gelöste Haut extrem knusprig.

Ich fand, das alles klang vielversprechend. Dem Plastik entnommen fehlten meiner Pekingente nur die letzten 30 Minuten im Ofen – bei 225 Grad, damit sich die Haut noch mal blähen kann. Das klappte wunderbar, auch die mitgelieferten Pfannküchlein ließen sich dank des beigefügten Bambuskörbchens und der Videoanleitung problemlos dämpfen. Denn gegessen wird die Ente als Fingerfood in hauchdünne Crêpes gerollt, wobei man diese mit der hausgemachten Hoisin-Soße bestreicht und der fertig geschnitzten Gurke, Lauch sowie Entenstückchen befüllt.

Dennis Kwong vom Dim Sum Haus mit attraktivem Paket.
Dennis Kwong vom Dim Sum Haus mit attraktivem Paket.Voilà

Dabei zeigte sich die größte Herausforderung: das Tranchieren in mundgerechte Stücke. Die Ente war so ultraknusprig und heiß, dass es schwerfiel, bis unter die Haut ans zarte Brustfleisch durchzudringen, sofern man kein gutes Messer hat. Irgendwie säbelte mein Mann schließlich die Haut mit Fettschicht herunter. Sie ist das Köstlichste, zusammen mit dem Brustfleisch, dessen genaue Würzung ein Geheimnis des Dim Sum Hauses ist.

Genauso geheim ist wohl die Zusammensetzung der Hoisin-Soße als genialer geschmacklicher Begleiter. Man bekommt sie inzwischen als gutes Fertigprodukt, das hauptsächlich aus fermentierten Sojabohnen, Zucker, Essig und Chilis besteht. Die aus dem Dim Sum Haus zeigt aber, wie sie eigentlich schmecken soll: nämlich seidig in der Viskosität und pflaumig-weihnachtlich. Wir waren uns jedenfalls schnell einig: Eine bessere Pekingente als diese hatten wir nie bekommen, auch im Restaurant nicht.

Für Chinesen ist die Pekingente ein Festessen für besondere Tage. Für mich die neue Weihnachtsgans.

Preisangaben:

Pekingenten-Menü für zwei Personen, inklusive Anleitung und Flasche Wein 60 Euro; zzgl. 9,90 Euro für den gekühlten Versand

Eckdaten von Voilá und des Restaurants:

https://getvoila.com/

https://getvoila.com/products/hamburg-restaurant-dimsumhaus-menu?variant=42102650896626

Dim Sum Haus Hamburg, Kirchenallee 37, 20099 Hamburg; https://www.restaurantchina.de


Dieser Text ist in der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung erschienen – jeden Sonnabend am Kiosk oder hier im Abo.