Kolumne „Desperate Haushalte“

Best Buddies: Der Berliner, sein Rad und dessen Pflege

Das Fahrrad ist eines der beliebtesten Fortbewegungsmittel in der Großstadt. Aber warum sind Fahrradverkäufer oft so unangenehm und das Rad meist so ungepflegt?

Unser Autor Marcus Weingärtner widmet sich mit Feuereifer seinem Haushalt. Jedenfalls auf dem Papier.
Unser Autor Marcus Weingärtner widmet sich mit Feuereifer seinem Haushalt. Jedenfalls auf dem Papier.Stephanie F. Scholz BLZ

Dank Corona habe ich das komplette Drecksjahr 2021 trotz Impfung und Booster auf die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel verzichtet und war bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad unterwegs. Zwei Dinge sind mir dabei aufgefallen: Auch im Straßenverkehr sind die Hölle immer die Anderen und es gibt nur eine Domäne, in der sich penisgesteuertes Mackertum so testosteronsatt aufführt wie im Straßenverkehr: der Fahrradladen. Und damit meine ich nicht meinen Favoriten Froschrad, wo man immer nett und zuvorkommend ist. 

Wie an einem mittelalterlichen Königshof

Doch ein paar Mal musste ich andere Fahrradläden aufsuchen. Einmal hatte ich einen Platten in Mitte, ein anderes Mal war mein Bremsseil in Charlottenburg gerissen. In beiden Stadtteilen suchte ich Fahrradläden auf und die dort arbeitenden Männer stolzierten aufreizend wie präpotente Gockel durch den Raum und behandelten mich und alle anderen Kunden und Kundinnen, als ob wir gerade aus dem Meer an Land gekrochen wären, ausgestattet mit dem IQ einer Fahrradpumpe, um mal im Bild zu bleiben.

Wie an einem mittelalterlichen Königshof durfte ich nach vielen Minuten des Wartens meine Anliegen („Platten“, „Bremsseil gerissen“) vortragen, wurde mit gönnerhaft-gnädiger Miene auf einen baldigen Termin (in vier Wochen) verwiesen und als ich nach einer früheren Reparaturmöglichkeit fragte, blickte man mich an, als ob ich versucht hätte, mich auf einer Spenderherz-Liste an einem sterbenden Kind vorbei auf einen besseren Platz zu mogeln. Ich ging.

Mir ist ja klar, dass ich in einer Servicewüste lebe, aber so borniert wollte ich mich nun wirklich nicht behandeln lassen. Beide Male schob ich also mein Rad nach Kreuzberg zu Froschrad, wo man es schnell und ohne großes Getue reparierte. Geputzt war es da allerdings immer noch nicht.

Viele Menschen behaupten, dass man Räder nicht putzen müsse, „der Dreck hält sie zusammen“, haha. Ich putze mein Rad indes auch nicht sehr oft, aber wenn, dann mit eine wenig Seifenwasser und einem Schlauch mit ordentlichem Druck. Es gibt zwar spezielle Reinigungssprays für Fahrräder, aber meiner Erfahrung nach ist das pure Geldverschwendung, das Metall sieht nach der Reinigung mit dem Spray nicht besser aus als mit Seife geputzt. Die Kette sollte allerdings nicht abgeschrubbt werden. Ich befreie sie nur mit einem Lappen vom gröbsten Dreck und spritze sie mit klarem Wasser ab.

Wenn sie getrocknet ist schmiere ich sie mit Kettenöl. Herkömmliches Öl, wie man es beispielsweise für Scharniere verwendet, sollte man hier allerdings nicht verwenden, denn es verharzt und ruiniert auf Dauer die Geschmeidigkeit der Gangschaltung und des Kettenlaufs. Das Öl für Fahrradketten ist für rund fünf Euro zu haben und bei monatlicher Anwendung kommt man mit so einem Fläschchen sicher zwei Jahre lang aus. Griffe und Sattel brauchen keine spezielle Reinigung, ich reibe sie nur feucht ab.

Wichtig ist, dass Sie, wenn die Möglichkeit besteht, das Rad in den Wintermonaten unterstellen. Sollten Sie dazu keine Möglichkeit haben, dann decken Sie es mit einer Plane ab, damit es nicht konstant der Witterung ausgesetzt ist. Ihr bereifter Best Buddy wird es Ihnen danken. 


Diese Texte sind in der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung erschienen – jeden Sonnabend am Kiosk oder hier im Abo.