Food-Tipps am Wochenende

Das hippste Café am hippsten Platz Moabits – Moabit ist ja schließlich im Kommen

Die Speisekarte liest sich wie das Buch der 1000 Witze. Aber das, was dann letztlich an den Tisch gebracht wird, lässt noch Luft nach oben.

<br>Das Tirrée in Berlin (Moabit) hat einen Ruf, der besser ist als das Essen, das hier serviert wird.

Das Tirrée in Berlin (Moabit) hat einen Ruf, der besser ist als das Essen, das hier serviert wird.
Viktoriia Vanina

Berlin-Eine Bestellung im Tirrée kann so klingen: Ich hätte gern das Frühstück „Der Sohn, der irgendwie hinter dem PC verschwunden ist“, aber ohne den Bagel Hawaii, dafür mit dem Bagel mit Avocado-Creme aus dem Menü „Der Bruder, der eigentlich Hetero ist, obwohl das keiner glaubt“. Das Tirrée bezeichnet sich selbst als „kreatives Café“.  Und die Speisekarte ist schon mal: hi-la-ri-ous!

Welches andere Café bietet schon ein „Touristenfrühstück“ (inkl. Foto-Shooting), ein „Nesthäkchenfrühstück“ (inkl. Umarmung) oder ein Frühstück, das ganz allein für einen Gast geschrieben wurde: „Der Mann mit dem grünen Mantel und der taz“. Offenbar gab oder gibt es da einen Stammgast, der mit Zeitung ins Café kommt und jedes Mal zwei Croissants mit Kaffee bestellt. Das Menü gibt es jetzt für alle.

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Am 17./18. Juli 2021 im Blatt: 
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Ein Café für die Mamas mit verrückten Ideen

Was dann an den Tisch gebracht wird, macht satt, aber ist ein wenig ernüchternd: eine „Nussecke“ vom Bäcker,  ein trockener Bagel mit dünnem Belag, ein frisch gepresster Saft im Glas und immerhin ein recht ordentliches frisches Birchermüsli. Die Matcha-Brause (seit wann ist das eigentlich „a thing“?) wurde erst vergessen und dann höflich nachgeliefert. Einzig der Kaffee, mit Mühe und auf Wunsch auch mit Hafermilch (ohne Aufpreis) gebracht, ist wirklich überdurchschnittlich.

Doch bevor es weiter um das Geschehen auf dem Tisch geht – können wir bitte einmal kurz darüber sprechen, was mit diesem Teil von Moabit passiert ist? Wenn vor drei Jahren jemand in diese Gegend um die U-Bahnstation Birkenstraße gezogen wäre, hätte er sich vorher entweder bei seinem gesamten Freundeskreis entschuldigt oder für immer verabschiedet. Inzwischen muss man wohl sagen, hat die Gegend die wohl größte Hipster-Quote Berlins.

Es treten auf: der Mann mit wehender Hose und engem Top, das er sich von seiner Freundin geliehen hat; die gesichtstätowierte Schönheit ohne BH und mit einer Bluse, die ihre Brüste nur lose bedeckt; die Dame im beigen Seidenkimono, der ihr bis knapp unter die Fransen-Hotpants geht, und die so dekorativ raucht; der Mann, der trotz Hitze einen langen Mantel trägt – oh! Ist das eine taz unter seinem Arm?

Und da sind wir wieder beim Essen im Tirrée. Laut Webseite ist die Küche Deutsch-Arabisch-Amerikanisch. Preislich zwischen 8 und 14 Euro auf Kollwitzplatz-Niveau angekommen, ist unterm Strich noch Luft nach oben. Die kreativen Menüpunkte wirken manchmal wie Touristenfallen. Da wird der Eindruck erweckt, man könne sparen mit diesen lustigen Menüs, aber im Grunde sind es Zusammenstellungen der Einzelpunkte auf der Karte. Beim Bezahlen heißt es: „Sagt mir einfach alle einzelnen Dinge, die ihr hattet.“

Das Tirrée ist also mindestens einen Besuch wert, zum Beispiel für „die Mama, die ihren besten Freundinnen mal verrückte neue Orte zeigen will“. Und mit etwas Glück landet das Bestellte bald auf der Speisekarte.

Bewertung: 3 von 5 Punkten!

Tirrée, Birkenstraße 46, 10551 Berlin, Mo–So 9–23 Uhr

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