Berlin-Die Apfelschorle im Mayflower gehört zu jener Gattung Dorfschorlen, in deren süßem Saft das Tetra Pak mitschwingt und deren Wasser so wenig Kohlensäure besitzt, dass unklar ist, ob die Flasche zwei oder fünf Tage offenstand. Dabei sind wir gar nicht auf dem Dorf, sondern kurz hinter dem S-Bahnhof Schönhauser Allee. In jedem Falle hatten die Speisen nach diesem ersten, faden Eindruck viel aufzuholen.

Am 10./11. Juli 2021 im Blatt:
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Garnelen-Dumplings und Tofu waren solide, auch der Hühnertopf, den „jeder nimmt, es ist das beliebteste Gericht“, wie der freundliche Kellner bemerkte, kann man gut essen. Aber wegen keiner dieser Speisen würde man wiederkommen oder den Laden weiterempfehlen. Wegen der frittierten Aubergine hingegen schon. Sie ist einzigartig.
Ich habe über die Jahre meinen Teil frittierter, gebratener und eingelegter Auberginen gegessen. Pur gebraten, auf Pizzen. Sie ist ein elegantes und würdevolles Gemüse. Wie kleine, schwere, mauve Vorhänge drapiert man sich die Scheiben in den Magen – sanft wird der Hunger erstickt. Im Mayflower haben sie die Eierpflanze – im Rahmen der Szechuan-Küche, auf die das Restaurant spezialisiert ist – auf eine neue Stufe gehoben.
Eigentlich brauchen sie auch keine Speisekarte mehr
Verschmolzen zu einer rot-lila glühenden Marsoberfläche kommt die Vorspeise auf den Tisch. Ich vermute, dass der Szechuanpfeffer bereits in der Fritteuse wirkt. Um das saftige Innere hat sich die knusprige Oberfläche geschlossen. Wenn ich das nächste Mal dort esse, werde ich einfach drei Mal die „M12 –Auberginen geschmort mit Knoblauch und Koriander“ nehmen. Es ergibt einfach keinen Sinn, etwas anderes zu essen. Dazu ein Bier aus der Flasche.
Vielleicht ist das Bier auch überflüssig. Aber das signature dish muss in der Speisekarte unbedingt auf die Seite der Empfehlungen des Küchenchefs. Überhaupt sollte sich das Mayflower in Eggplant umbenennen und nur noch die Aubergine anbieten.
Eigentlich brauchen Sie auch keine Speisekarte mehr. Nur ein großes Bild der Aubergine. Teller und Tische sind doch auch irgendwie überflüssig: Ein Fenster, aus dem die Auberginen gereicht werden, genügt. Ich sehe die Aubergine jetzt genau vor mir. Sie ist sehr empfehlenswert, sie ist verlockend, sie hat Recht. Vielleicht fahre ich später noch ins Eggplant, die Aubergine essen. Ja, das ist ein guter Plan. (Abweichend von der Gesamtbewertung erhält die Aubergine im Speziellen volle 5 von 5 Punkten.)
Bewertung: 3,5 von 5 Punkten
