Berlin - Einfach zu Hause bleiben wäre wohl das Vernünftigste. Auf Rhodos, Malle und Antalya verzichten, stattdessen mit dem Rad zum Badesee, Picknicken im Stadtwald, Urlaub auf Balkonien, zum Wohle der Umwelt, zum Schutze des Klimas.
Schließlich trägt der Tourismus weltweit immer stärker zum steigenden Ausstoß von Treibhausgasen bei. Einer aktuellen Studie der Universität Sydney zufolge gehen rund acht Prozent des globalen, von Menschen verursachten Ausstoßes von Kohlendioxid und Methan auf das Konto von Reisen aller Art.
Manfred Lenzen, Mitautor der Studie und Professor für Nachhaltigkeitsstudien in Sydney, beziffert den globalen Co2-Ausstoß, der 2013 durch Urlaubs-, Privat- und Geschäftsreisen verursacht wurde, auf 4,5 Milliarden Tonnen. Bis 2025, schätzt der Wissenschaftler, könnte die Menge auf 6,5 Milliarden Tonnen wachsen.
Mehr als 1,3 Milliarden Touristen
Zentraler Grund: Der technische Fortschritt - effizientere Triebwerke, verbesserte Aerodynamik, sparsamere Motoren – hält mit dem Wachstum der Reisetätigkeit und insbesondere des Tourismus nicht Schritt. Im vergangenen Jahr wurden weltweit mehr als 1,3 Milliarden Touristen gezählt. Dabei war erst 2013 die Milliardengrenze erstmals überschritten worden.
Auch in Deutschland wächst die Reiselust. Unternahmen 2010 erst 50 Prozent aller Bundesbürger mindestens eine Urlaubsreise von fünf und mehr Tagen Dauer, stieg der Anteil bis 2017 auf den Rekordwert von 58 Prozent. Allein die Zahl der Flugpassagiere in Deutschland wird sich nach Berechnungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt von 110 Millionen im Jahr 2014 bis 2030 auf 175 Millionen erhöhen.
Dabei geht es nicht allein um Masse. Ziele und Verkehrsmittel haben sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zu Ungunsten des Klimas gewandelt. Verbrachte 1954 nicht einmal jeder sechste Deutsche einen Urlaub im Ausland, sind es mittlerweile fast drei Viertel.
Mehr Urlauber nutzen das Flugzeug
Der Anteil der Fernreisen hat sich allein seit 2010 auf mehr als 13 Prozent verdoppelt. Laut einer Allensbach-Umfrage nutzten 2014 rund 43 Prozent der Urlauber mindestens einmal das Flugzeug als Transportmittel und damit doppelt so viele wie noch 1980.
Inzwischen trägt der globale Flugverkehr nach Angaben des BUND etwa fünf Prozent zur menschengemachten Klimaerwärmung bei, die Klimaschutzorganisation atmosfair kommt auf 6,5 Prozent.Wie extrem klimaschädlich das Fliegen ist, zeigt atmosfair mit einem Co2-Rechner für Flugverbindungen.
Ein Hin- und Rückflug von Frankfurt nach New York zum Beispiel verursacht pro Passagier im Schnitt 3652 Kilogramm Kohlendioxid. Damit ist die Jahresmenge von 2300 Kilogramm pro Kopf und Jahr, die laut atmosfair noch eben klimaverträglich ist, um fast das Doppelte überschritten.
Fernzüge und Reisebusse sind umweltfreundlicher
Einen ebenfalls aufschlussreichen bietet der Straßenverkehr. Bei einer Jahresfahrleistung von 12 000 Kilometern in einem durchschnittlichen Mittelklassewagen werden „nur“ 2000 Kilo Co2 freigesetzt. Stoßen Autos in Deutschland derzeit im Schnitt 130 Gramm pro Kilometer aus, sind es beim Fliegen 2116 Gramm.
Viel besser schneiden Fernzüge und Reisebusse mit Werten von 41 und 32 Gramm pro Fahrkilometer ab. Schlechterdings haben gerade diese beiden Transportmittel seit 1980 Anteile verloren: Damals nutzten 14 Prozent den Bus und 22 Prozent die Bahn im Urlaub, 2014 waren es nur mehr 10 und 13 Prozent.
Auf Urlaub und Reisen verzichten werden die Menschen gewiss auch in Zukunft sicher nicht. Und das gut so. Der Tourismus ist an vielen Orten der Welt ein zentraler Wirtschaftsfaktor und Entwicklungsmotor. Auch die Hoffnung, Reisen möge Herz und Verstand bilden, scheint nicht völlig unbegründet.
Passen Klimaschutz und Reiselaune zusammen?
Sowieso können Regierungen den Menschen das Reisen nicht einfach verbieten, und wenn sie es doch versuchen, fällt irgendwann die Mauer. Was also tun, um Klimaschutz und Reiselaune unter einen Hut zu bringen?
Die eine große Lösung gibt es nicht. Man könnte ja klein anfangen, und umweltschädliche Subventionen wie die Befreiung des Kerosins von der Mineralölsteuer beseitigen. Das fordern Umweltorganisationen und die Bahn seit Jahren.
Denn mit der Steuerbefreiung wird der Flugsprit gegenüber Diesel um gut 47 Cent pro Liter bevorteilt. Allerdings hätte das Ende des Kerosinprivilegs einen Haken: Die Steuerfreiheit gilt global, ein nationaler Sonderweg verbietet sich daher. Möglich wäre eine Abschaffung aber immerhin auf EU-Ebene.
Regionalflughäfen machen Verluste
Eine zweite Subvention betrifft die Flughäfen. In einer gemeinsamen Studie konnten acht deutsche Umweltorganisationen zeigen, dass 2014 nur sechs der 16 internationalen deutschen Flughäfen schwarze Zahlen schrieben. Die zehn übrigen sowie weitere 19 Regionalflughäfen machten dagegen dauerhaft Verluste.
Viele von ihnen kamen nur dank großzügiger Zuschüsse aus dem Steuersäckel über die Runden. Der Studie zufolge erhielt allein der Standort Hahn, der vor allem von der irischen Billiglinie Ryanair genutzt wird, 18 Millionen Euro.