Die vielen Texte rund um die Energiepauschale beantworten oft die wichtigsten Fragen nicht. Soll ich sie beantragen und wenn nicht, soll das mein Arbeitgeber tun? Woher kommt das Geld und kommt es überhaupt rechtzeitig auf dem Konto an? Die Erfahrung mit den Corona-Hilfen zeigt: Es kann mit der deutschen Bürokratie schnell chaotisch werden.
Soll ich als Angestellter die Energiepauschale beantragen?
Angestellte, Studierende, Auszubildende, Beamte, Soldaten, Vorstände, Minijobber oder Aushilfskräfte haben Anspruch auf die einmalige Energiepauschale. Rentner wiederum gehen leer aus, obwohl sie von steigenden Energiepreisen besonders belastet werden. Ein Skandal? Aber dazu noch später.
Angestellte (und Studierende, Auszubildende, Beamte, Soldaten, Vorstände, Minijobber oder Aushilfskräfte) müssen nichts beantragen und schauen Ende September auf ihr Konto: Die Summe soll zusammen mit dem Gehalt überwiesen werden, allerdings versteuert. Es werden Lohn- und Einkommensteuer abgezogen, aber keine Sozialversicherungsbeiträge. Eine Summe zwischen 170 und 200 Euro, abhängig von der Steuerklasse, wird auf dem Konto landen (als Nettobetrag). Arbeitnehmer mit einem geringen Einkommen, also einem jährlichen Brutto-Einkommen unter 10.000 Euro, kriegen mehr: nämlich 300 Euro.
Selbstständige sowie Menschen, die Anfang bzw. im Laufe des Jahres noch beschäftigt waren, aber jetzt arbeitslos sind, bekommen das Geld ohne besonderen Antrag über die Steuererklärung. Hartz-IV-Empfänger, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen, bekommen die Pauschale auch. Steuerpflichtige Grenzpendler, die in Deutschland keinen Wohnsitz haben, haben jedoch keinen Anspruch auf die Pauschale.
Soll mein Arbeitgeber die Pauschale beantragen? Was, wenn er das Geld nicht rechtzeitig bekommt?
Arbeitgeber dürfen die Angelegenheit direkt mit dem Finanzamt regeln und müssen ebenfalls nichts beantragen. „Operativ läuft es folgendermaßen“, erzählt ein Arbeitgeber der Berliner Zeitung: „Wir haben im August pro Mitarbeiter 300 Euro weniger Lohnsteuer abführen müssen. Wir durften dieses Geld also behalten, statt es an das Finanzamt weiterzugeben. Und dieses Geld zahlen wir nach dem Abzug der Lohnsteuer mit dem Septembergehalt aus. Das Geld liegt schon bei uns, es wird keine Verzögerungen geben.“
Die Pauschale ist bei den Arbeitgebern vor allem deswegen nicht beantragungspflichtig, weil sie oft mit einem externen Anbieter einer Abrechnungssoftware zusammenarbeiten. Derartige Entlastungen werden dann automatisch berücksichtigt.
Warum haben Rentner keinen Anspruch auf die Pauschale?
Es scheint auf den ersten Blick eine krasse Ungerechtigkeit zu sein: Die Rentner müssen ihre Rente ab einem Grundfreibetrag von 10.347 Euro für 2022 zwar grundsätzlich versteuern, haben aber keinen Anspruch auf die Energiepauschale. Geregelt wird das vom Steuerentlastungsgesetz 2022, das der Deutsche Bundestag im Mai mit den Stimmen der Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU bei Stimmenthaltung der Fraktionen AfD und Die Linke verabschiedet hatte.
Die Bedingung des Finanzministeriums wirkt nicht wirklich plausibel: Die Berechtigten müssten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit oder Einkünfte als Arbeitnehmer aus einer aktiven Beschäftigung erzielen. Wenn Rentner also zusätzlich ein wenig arbeiten, dürfen sie die Energiepauschale bekommen. Ein Vorzeichen des Ruhestands ohne Ruhe in der Zukunft?
„Wir bekommen ganz viele Zuschriften von Rentnern, die das betrifft“, erzählt eine Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) der Berliner Zeitung. „Wir verweisen immer darauf, dass wir unsere Rolle darin sehen, darauf aufmerksam zu machen, dass das Bundesfinanzministerium hier einen Großteil der Bevölkerung übersehen hat.“
Dazu gehört auch eine Petition des BAGSO-Mitgliedsverbands Volkssolidarität mit dem Namen „Volle Solidarität – Entlastungspakete müssen alle erreichen!“, die allerdings nur rund 900 Stimmen gesammelt hat. Der Sozialverband VdK Deutschland, der ebenfalls Mitgliedsverband der BAGSO ist, hat seinerseits im Rahmen des Musterstreitverfahrens eine Verfassungsklage eingereicht.


