Strom und Gas werden teurer, für viele zu teuer. Vergangenes Jahr sind laut Energieschuldenberatung Berlin in der Hauptstadt 11.837 Haushalten der Strom durch Vattenfall und 1.264 Haushalten das Gas durch die Gasag abgestellt worden, weil Rechnungen nicht beglichen worden sind. In den vergangenen Wochen haben zahlreiche Versorger angekündigt, ihre Tarife wegen der gestiegenen Energiepreise auf dem Weltmarkt nochmals zu verteuern. Für die nächsten Monate erwartet Elisabeth Grauel, Projektleiterin bei der Energieschuldenberatung, deshalb eine regelrechte Welle an Menschen, die in die Beratungsstellen kommen, weil sie nicht mehr wissen, wie sie die höheren Rechnungen der Strom- und Gasanbieter begleichen sollen.
Eine aktuelle Untersuchung der Energieschuldenberatung der Verbraucherzentralen Berlin, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hat ergeben, dass viele ihren Anspruch auf Zuschüsse oder Hilfen der Sozialbehörde gar nicht kennen. Die Energieschuldenberatung berät kostenfrei. „Wir prüfen erst einmal, welche Ansprüche möglicherweise gegenüber dem Sozialleistungsträger bestehen oder treten bei Bedarf auch mit den Grundversorgern in Kontakt“, sagt Grauel. Wer Sozialleistungen erhält, kann beispielsweise ein gebührenfreies Darlehen beim Jobcenter beantragen. Eine weitere Möglichkeit ist, den Anspruch auf Wohngeld zu prüfen, um so die finanziellen Mittel zu erhöhen.
Ratenzahlungen mit dem Grundversorger vereinbaren
Seit Dezember gelten für Grundversorgungsverträge außerdem neue Regelungen. „Bevor ein Grundversorger – in Berlin Vattenfall und Gasag – eine Sperre durchführt, muss er dem Verbraucher ein Ratenzahlungsangebot machen“, erklärt Grauel. Wenn auch diese Raten zu hoch sind, könne die Energieschuldenberatung noch einmal versuchen, nachzuverhandeln.
Auch ohne Termin sind Sprechstunden an folgenden Standorten möglich: Mehrgenerationenhaus Orangerie-Kiezspinne, Schulze-Boysen-Str. 38, Berlin-Lichtenberg; Quartiers-Büro der Verbraucherzentrale Berlin e. V., Lübecker Str. 49, Berlin-Mitte und Gesobau-Nachbarschaftsetage, Wilhelmsruher Damm 124, Berlin-Reinickendorf. Sprechstundenzeiten unter verbraucherzentrale-berlin.de/energieschuldenberatung
„Für Verbraucherinnen und Verbraucher mit geringem Einkommen sind die steigenden Kosten eine große Belastung“, so Grauel. Viele dieser Haushalte müssten mit Strom heizen und ihr Warmwasser elektrisch erzeugen. „In Berlin gibt es viele Wohnungen, die schlecht saniert sind. Das bedeutet zusätzlich wesentlich höhere Kosten.“
Stromkosten müssen bei Sozialhilfe- und Arbeitslosengeld-II-Empfängern vom Regelsatz beglichen werden. Zum 1. Januar 2022 steigt der Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen um drei Euro auf 449 Euro pro Monat. Die Strompreiserhöhungen fallen in den allermeisten Fällen ungleich höher aus. Sozialverbände und Verbraucherschützer kritisieren seit langem, dass in den Hartz-IV-Sätzen der Anteil für Strom nicht ausreiche.
Häufig keine vollständige Übernahme bei elektrischen Heizkosten
Bei den Heizkosten läuft die Kostenübernahme für Arbeitslosengeld-II-Empfänger anders. Diese fallen nicht unter den Regelsatz, sondern werden in „angemessener Form“ übernommen. Die Stichprobe der Verbraucherzentralen hat allerdings ergeben, dass eine vollständige Übernahme bei elektrischen Heizkosten nur bei 41 Prozent erfolge. „Das Problem ist, dass die elektrischen Heizkosten nur übernommen werden, wenn nachgewiesen werden kann, was vom Stromverbrauch tatsächlich in das Heizen geflossen ist“, sagt Grauel. Bei ein und demselben Zähler sei das allerdings schwierig festzustellen.



