Werte Leserinnen und werte Leser, Sie kennen meine evidenzbasierte Auffassung zur deutschen Auslegung des Datenschutzes: überbürokratisiert, überfordernd, innovationshemmend, rechtsunsicher, im Endergebnis also wohlstandsreduzierend. Nun will ich Ihnen endlich einen Beweis präsentieren.
Der Digitalverband Bitkom hat Mitte September unter dem Titel „Datenschutz als Daueraufgabe für die Wirtschaft: DS-GVO & internationale Datentransfers“ Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von 502 Unternehmen mit 20 oder mehr Beschäftigten in Deutschland vorgestellt. Ich will hier die Geschäftsleiterin des Bitkom, Susanne Dehmel zitieren, da ich die Ergebnisse nicht treffender zusammenfassen könnte: „Dem Datenschutz kommt in der digitalen Wirtschaft und Gesellschaft eine besondere Bedeutung zu. Den Unternehmen fehlt es aber zunehmend an Planbarkeit und Verlässlichkeit. Unternehmen stehen beim Datenschutz unter permanenten Stress. Sie wollen dem Datenschutz Genüge tun, aber dazu müssen sie nicht nur europaweit Gerichtsurteile verfolgen und die unterschiedliche Auslegung aus den Mitgliedstaaten kennen, sondern sich zusätzlich mit 18 verschiedenen Lesarten von Datenschutzaufsichten allein in Deutschland auseinandersetzen. Das ist vor allem für kleinere Unternehmen immer schwerer zu stemmen.“
Was sagt meine treue Leserschaft dazu? Betrifft Sie nicht? Vielleicht nicht persönlich, aber viele Unternehmen und somit diejenigen, die das Große und Ganze in unserem Land zusammenhalten. Und was glauben Sie war im Netz los? Ein Shitstorm sondergleichen. Nicht zu den Datenschutzauswüchsen, sondern zu den Unternehmen versteht sich: Alles Datenschutzkriminelle! Wissen diese Leute was die Umsetzung der DSGVO für ein Unternehmen wirklich bedeutet? Oder folgen sie Glaubenssätzen wie „Wohlstand schaffen durch Schulden“ und „Das Geld kommt aus der Steckdose“?
Schauen Sie bitte in diese Studie rein. Ich greife ein paar vielsagende Ergebnisse raus: 77 Prozent beklagen, dass sich die DSGVO gar nicht vollständig umsetzen lasse (meine Worte). 76 Prozent geben an, dass Innovationsprojekte aufgrund konkreter Vorgaben der DSGVO gescheitert sind. Und 86 Prozent der Unternehmen haben Projekte wegen Unklarheiten im Umgang mit der DSGVO gestoppt. Dazu Susanne Dehmel: „Digitale Technologien sind quer durch alle Branchen die wichtigsten Innovationstreiber. Wir brauchen eine bessere Balance von Datenschutz und Datennutzung.“ Passend dazu sagen 78 Prozent, dass Rechtsunsicherheit die größte Herausforderung sei.
Durch das Schrems-II-Urteil ist die wichtigste Basis für den EU-US-Datenaustausch weggefallen. Dabei spielen internationale Datentransfers ins Nicht-EU-Ausland für die deutsche Wirtschaft eine große Rolle. Wenn personenbezogene Daten nicht mehr außerhalb der EU verarbeitet werden könnten, hätte das gravierende Auswirkungen auf die Unternehmen und die deutsche Wirtschaft insgesamt. Beispielsweise geben 62 Prozent an, sie könnten dann bestimmte Produkte und Dienstleistungen nicht mehr anbieten. 89 Prozent fordern von der nächsten Bundesregierung beim Datenschutz eine Anpassung der DSGVO. Auch das sehe ich genauso und stehe dazu gerne mit Hinweisen aus der Praxis bereit.


