Was wissen die Russen vom Krieg? Es hat seit dem Überfall auf die Ukraine Demonstrationen in russischen Städten gegeben und mehrere offene Briefe etwa von russischen Wissenschaftlern, von Pädagogen und Bibliothekaren, die sich gegen Putins Krieg wenden. Am Dienstag kam ein weiterer dazu, unterschrieben von fast 800 Studenten und Fakultätsmitgliedern des Staatlichen Moskauer Instituts für Internationale Beziehungen, kurz MGIMO, eine Universität zur Ausbildung der politischen Elite. Sie untersteht dem russischen Außenministerium, die Kritik kommt hier also von innen.
„Wir halten es für moralisch inakzeptabel, beiseite zu stehen und zu schweigen, wenn in einem Nachbarstaat Menschen sterben“, heißt es darin. „Unsere Staats- und Regierungschefs haben die schwierigsten Krisen trotz aller ideologischen Unterschiede friedlich gelöst. Wir fordern, dass diese außenpolitische Tradition heute fortgesetzt wird: Truppenabzug aus der Ukraine, Einstellung der Bombardierung ukrainischer Städte und Beginn eines ehrlichen Verhandlungsprozesses.“
Es ist dies die Perspektive angehender Diplomaten, die sich fragen, wie man das verlorene Vertrauen in Russland je wieder aufbauen kann. Der Krieg spreche gegen alles, was man ihnen über den Wert internationaler Zusammenarbeit und internationalen Rechts beigebracht habe.

Die Mehrheit der Russen wird von diesen Briefen nie erfahren. Es gibt kaum unabhängige Medien in Russland. Laut der Online-Zeitung Meduza, die Putin gerade als „ausländischen Agenten“ einstufen ließ, dürfen die staatlichen Medien die Begriffe „Angriff“, „Invasion“, „Krieg“ nicht benutzen.
Was wissen die Russen vom Krieg? Vielleicht ist es so, wie der Linguist Noam Chomsky einst sagte: „Die Mehrheit der gewöhnlichen Bevölkerung versteht nicht, was wirklich geschieht. Sie versteht nicht einmal, dass sie es nicht versteht.“ Um Abhilfe zu schaffen, hat Anonymous dazu aufgerufen, die Rezensionsfunktion bei Google Maps und Tripadvisor zweckzuentfremden. Der Aufruf kam vom Hacker-Kollektiv Anonymous. Ein Beispiel: Statt einer Beurteilung des St. Petersburger Restaurants Percorso schreibt ein deutscher User auf Russisch. „Ihr Land marschiert in sein Bruderland, die Ukraine, ein. Sie setzt Streubomben und andere Waffen gegen Zivilisten ein. Stoppen Sie Ihren Präsidenten!“ Andere posten Fotos von toten Soldaten, wenden sich direkt an die russischen Mütter: Schickt eure Söhne nicht dorthin.
