Geopolitik

Erdogan blockiert Aufnahme von Schweden und Finnland in die Nato

Die Türkei bereitet eine Operation in Syrien vor und will Schweden und Finnland erst in der Nato sehen, wenn die Skandinavier gegen die PKK vorgehen.

Recep Tayyip Erdogan und Wladimir Putin in Sotschi
Recep Tayyip Erdogan und Wladimir Putin in SotschiUncredited/Turkish Presidency Pool/AP/dpa

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat am Montag eine mögliche neue Militäraktion in Syrien angedeutet. Wie die Nachrichtenagentur Anadolu schreibt, spricht Erdogan nicht von Krieg, sondern von einer „grenzüberschreitenden Operation“, um die Terrororganisation PKK von der Grenze zu Syrien zu entfernen. „Wir werden unseren Kampf gegen den Terrorismus fortsetzen. Unsere Entscheidung, entlang unserer südlichen Grenze eine 30 Kilometer tiefe Sicherheitslinie zu errichten, bleibt für immer aufrecht“, sagte Erdogan in einer Ansprache an türkische Diplomaten bei einer Konferenz in Ankara. „Ich hoffe, dass wir die Teile dieser Sicherheitszone bald zusammenführen, indem wir die letzten Gebiete räumen, in denen die Terrororganisation in Syrien nistet“, sagte Erdogan. Auch die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass berichtet über die Pläne Erdogans.

Eine Stellungnahme Russlands zu den Vorhaben bringt die Tass in der nüchternen Meldung nicht. Erst vor wenigen Tagen hatte Erdogan den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Sotschi getroffen und mit ihm eine Vertiefung der Beziehungen zwischen beiden Staaten diskutiert. Es ist nicht bekannt, ob Erdogan für seine militärischen Pläne die Zustimmung Putins erhalten hat. Vor dem Treffen mit Erdogan hatte Kreml-Sprecher Dimitri Peskow Erdogan gewarnt, die Lage in Syrien nicht zu destabilisieren.

Erdogan sagte, die Türkei habe der ganzen Welt gezeigt, dass es in Zukunft „keinen Platz für Terrorismus“ in der Türkei gebe. Die Türkei hat im Zuge des Syrien-Krieges mehrere völkerrechtswidrige Angriffe auf Syrien gestartet. Der Krieg gegen die Kurden wird von der Regierung in Ankara als „Antiterroroperation“ bezeichnet. Das Nato-Mitglied Türkei hat die Angriffe mit den Bezeichnungen Euphrat-Schild (2016), Olivenzweig (2018) und Friedensfrühling (2019) versehen. Die PKK und ihr syrischer Ableger YPG werden von der Regierung in Ankara für den „Tod von über 40.000 Menschen verantwortlich“ gemacht, „darunter Frauen, Kinder und Säuglinge“.

Wie Erdogan die Nato für seinen Kampf gegen die PKK benutzt

Der Kampf gegen die PKK hat für Ankara auch Priorität im Verhältnis zur Nato. Dies bezieht sich auf die geplanten Beitritte von Finnland und Schweden, wo es erst vor wenigen Wochen zur Unterzeichnung eines Memorandums gekommen ist. Doch entgegen den Erwartungen des Militärbündnisses sieht sich die Türkei noch nicht in der Lage, dem Beitritt formal zuzustimmen: Erdogan bekräftigte in seiner Rede, dass die Türkei den Nato-Mitgliedschaftsanträgen Schwedens und Finnlands nicht zustimmen werde, wenn diese ihre Versprechen im Kampf gegen den Terrorismus nicht erfüllen. „Wir halten an einer klaren, festen Position zu Finnland und Schweden fest. Die Nato-Mitgliedschaft dieser beiden Länder wird nicht genehmigt, bis die unserem Land gegebenen Versprechen erfüllt sind“, sagte er laut Anadolu. Die Türkei, seit über 70 Jahren Nato-Mitglied, kritisierte die skandinavischen Länder dafür, Terrorgruppen zu tolerieren und sogar zu unterstützen.

Ein trilaterales Abkommen, das im Juni zwischen den Ländern unterzeichnet wurde, sieht vor, dass Finnland und Schweden aktiv gegen die YPG/PYD, den syrischen Ableger der PKK, und gegen Anhänger der Organisation des islamistischen Predigers Fetullah Gülen (FETÖ) vorgehen. Die Gülen-Bewegung steckt nach Auffassung der türkischen Regierung hinter dem gescheiterten Putsch in der Türkei 2016. „Unser Land wurde nicht nur mit der PKK und ihren Erweiterungen, sondern auch mit der FETO in seinem Kampf allein gelassen“, sagte Erdogan und bezog sich auf die Weigerung der US-Regierung, Gülen auszuliefern, der im US-Bundesstaat Pennsylvania lebt. „Kein Nato-Land sollte ein sicherer Hafen für FETO-Schurken und PKK-Terroristen sein, die vor der türkischen Justiz fliehen“, sagte Erdogan. Die Personalie Gülen war in den vergangenen Jahren ein ständiger Konfliktpunkt zwischen Ankara und Washington. Erdogan warf der US-Regierung zeitweise vor, über die CIA den Putsch initiiert zu haben.