Die Stimmung ist gut auf Premium und Seek. Am ersten Messetag erinnert kaum etwas an die zermürbenden zweieinhalb Jahre, die hinter der Modeindustrie liegen: Ein paar versprengte Gäste mit Mund-und-Nasenmaske, die ersten Messen seit Ausbruch der Pandemie fallen ein wenig kleiner aus, für die Gäste kaum spürbar allerdings.
Dass Premium und Seek gut gestartet seien, vermeldete schon am Donnerstagabend das Branchenmagazin Textilwirtschaft: Alle für die beiden Messeformate relevanten Einkäuferinnen und Einkäufer seien gekommen, hieß es, die Orderrunden liefen vielversprechend an. „Wer nicht hier ist, ist selbst schuld“, wird ein Mittelständler aus Mönchengladbach zitiert.
Und dann wäre da ja noch „The Ground“. Im Rahmen des Messereigens findet das Modefestival seit Donnerstag zum ersten Mal statt. Anders als die anderen Formate der Premium Group ist die Mischung aus Erlebnisständen und Essbuden, Talks und Tanzperformances eben nicht einem Fachpublikum vorbehalten: Mit einem Tagesticket für zehn Euro bekommen auch private Gäste Zugang zum „The Ground“-Bereich in der Messe Berlin, während in den anderen Hallen der klassische Messebetrieb über die Bühne geht.

Zwischen den kunterbunten, ein wenig rummelig gestalteten Ständen wird deutlich: Mit dem eigens ausgerichteten Festival hat es die Premium Group vor allem auf die Jugend, die Gen Z abgesehen. „An denen kommt ja ohnehin niemand vorbei“, sagt Marc Leuschner, der mit seinem Kreuzberger Sneaker-Shop Overkill auf dem Festival vertreten ist. „Man sieht ja aktuell, dass alle Modemarken versuchen, sich dieser Generation strategisch anzunähern.“ Ein leichtes Unterfangen ist das allerdings nicht.
Die Milliennials sind konsumfreudig, Gen Z eher weniger
Während sich die Millennials als Vorgänger-Generation noch äußerst konsumfreudig zeigten – kein Sneaker-Hype, der ausgelassen wurde, selbst Luxusmarken wie Gucci oder Balenciaga freuten sich über einen neuen, ungewöhnlich jungen Kundenkreis –, gilt die Gen Z als deutlich kritischer; blickten die Millenials dem Kapitalismus noch zugewandt oder allenfalls gleichgültig entgegen, zeichnet sich die Gen Z durch eine rigorose Ablehnung tradierter Systeme aus. Eine für Modemarken ziemlich schwierige Zielgruppe, die „kollektiver als je zuvor mit Normen bricht, Neues ausprobiert und Bestehendes hinterfragt“, wie Sahra Al-Dujaili beschreibt.

Al-Dujaili verantwortet bei TikTok den Bereich der Markenpartnerschaften, auch die Social-Media-App ist mit einem Stand auf „The Ground“ vertreten. Das passt: Die Video-Plattform ist gerade bei einem sehr jungen Publikum beliebt, mit einer Party hatte das Unternehmen das neue Modefestival bereits am Mittwochabend eröffnet. Die folgenden Tage richtete TikTok dann zum Beispiel einen Talk aus, der klassische Rollen- und Geschlechterbilder infrage stellt, oder kooperierte mit der Berliner Modegruppe Platte für einen Upcycling-Workshop.
Wer die Jugend erreichen will, muss ernster werden
Nur über tiefergehende Themen wie diese, Identitätsfragen oder Konzepte der Nachhaltigkeit etwa, könne man die Gen Z wirklich erreichen und letztlich an eine Marke binden, glaubt Sahra Al-Dujaili. „Unsere Community ist jung, aber sehr medienerfahren“, sagt sie. „Für Unternehmen bedeutet das, bloß nicht zu bemüht die eigenen Leistungen preisen, lieber augenzwinkernd und sich selbst nicht zu ernst nehmen.“ Wie am Stand von Overkill zum Beispiel, dem Kreuzberger Sneaker-Store.
Dort können Besucherinnen und Besucher gegen Overkill-Chef Marc Leuschner im Quiz antreten, für die Gewinner gibt es Gratis-Shirts, Berliner-Luft-Schnäpse stehen ohnehin für alle bereit. Um das Thema Sportschuhe drehen sich allerdings dann doch nicht nur die Quizfragen: Auf den Standregalen steht eine spezielle Kollektion an Puma-Sneakern, die vom Berliner Minz-Likör inspiriert wurde. „Für uns sind solche Veranstaltung eine gute Gelegenheit, um aus dem Alltag auszubrechen und uns mal anders zu präsentieren“, sagt Leuschner. „Und um mit neuen, jungen Kunden direkter in Kontakt zu treten.“




