Street Credibility im Supermarkt

Sidos Grillsauce, Bushidos Shisha-Tabak: Womit Berliner Rapper ihr Geld machen

Eine Rap-Crew aus NRW macht jetzt in Eiscreme – in Berlin ist das Modell „Rapper bringen Genussmittel-Marke heraus“ indes ein alter Hut. Eine kleine Auswahl.

Hat im Supermarkt gleich richtig zugeschlagen: Rapper ENOs Kofferraum ist voll von G’Lato.
Hat im Supermarkt gleich richtig zugeschlagen: Rapper ENOs Kofferraum ist voll von G’Lato.UMG

Eigentlich müsste SAMY ein paar Münzen ins Phrasenschwein werfen. Denn wie stellt der Rapper unlängst in einer Pressemitteilung fest? „Geschmäcker sind verschieden!“ Wobei es hier um Musikgeschmäcker nur am Rande geht: „Manche mögen Rap, manche nicht. Manche lieben Nudeln, die anderen nicht“, heißt es von SAMY weiter. „Aber Eis – Eis lieben alle Menschen!“

Needless to say, dass diese Pressemitteilung den Launch einer neuen Eiscreme-Marke begleitet. Einer Eiscreme-Marke von Rapperinnen und Rappern wohlgemerkt: Hinter „G’Lato – Eiscream für echte G’s“ stecken der Bonner Record-Label-Gründer XATAR und seine Crew, zu der nebst besagtem SAMY auch SSIO, ENO und Schwesta EWA gehören – allesamt Musikerinnen und Musiker also, die sich zwecks Pseudonymfindung großzügig der Großschreibtaste bedienten.

Hat da was falsch verstanden: XATAR hält sich die Eis-Dose an den Kopf.
Hat da was falsch verstanden: XATAR hält sich die Eis-Dose an den Kopf.UMG

Zusammen mit UMG for Brands jedenfalls, eines Sub-Unternehmens der Universal Music Group, bringen sie ihr neues Produkt nun in die Kaufland-Kühlregale.  Zwar heißt es in der Meldung, man wolle den „Eismarkt mit einem vielfältigen Sortiment aufmischen“. Für Rap-Verhältnisse ungewohnt genügsam gibt es zum Markenstart dann aber doch nur zwei Sorten – die sich vom gängigen Geschmacksangebot auch nur so semi abheben: „G’Lato Vanilla Chocolate – Brownie Chunks“ und „G’Lato Salted Caramel – Macadamia Crunch“.

Ganz neu ist das Modell „Rapper bringt Genussmittel-Marke heraus“ indes sowieso nicht – XATAR selbst brachte vor dem Eis schon Köfte ins Aldi-Regal. Aber gerade auch Berliner Vertreterinnen und Vertreter des populären Sprechgesangs haben in den vergangenen Jahren ähnlich agiert. Hier eine kleine Auswahl der kuriosesten Produkte:


Halal-Pizza von Capital Bra: nur echt in der Comic-Pappschachtel

„Iss’ die Pizza, bevor es ein anderer tut“, steht in Comic-Sans-artigen Buchstaben auf der Schachtel. Und tatsächlich war beim Launch der ersten beiden Pizza-Sorten des Rappers Capital Bra – Rindersalami und vegetarisches Grillgemüse – im Mai 2020 Eile geboten: Gerade waren die Teigfladen mit Belag in die Kühlregale gekommen, schon meldeten die ersten Supermärkte Lieferengpässe. Capital Bras Pizza-Label Gangstarella, das er ebenso mit der Universal Music Group entwickelte, ist ein voller Erfolg. Vor etwa einem Jahr kamen mit Thunfisch und Sucuk denn auch zwei neue Sorten hinzu. Letztere übrigens auf zahlreichen Wunsch seiner Fans: Sie forderten eine Halal-Pizza des Berliner Rappers.


Eistee von Shirin David: Sehr süß und auch ein bisschen schmutzig

Shirin Davids Eistees schmecken so, wie die bonbonfarbenen Dosen aussehen: Süß. Sehr, sehr süß. Im August 2021 brachte die Rapperin, die sowohl Köln als auch Berlin als ihre Heimat verstehen will, ihren Softdrink mit dem schlüpfrigen Namen „DirTea“ auf den Markt. Schon kurz nach Bekanntgabe ihres Vorhabens, so die Rapperin selbst in einem Youtube-Video, hätten Supermärkte und Kioske rund 20 Millionen Dosen vorbestellt. Ohnehin stellten Rapper-Eistees offenbar eine Marktlücke dar: Vor Shirin David hatten das ja bereits Luciano, Haftbefehl und Capital Bra bewiesen, die ihrerseits auch eigene Eistee-Labels gründeten. Letzterer meldete vor der Markteinführung seines „BraTee“ sogar sechs Millionen Vorbestellungen.


Grillfleisch von Sido: Schmeckt allen außer Peta

Hier und da wurde in den Berliner Parks schon angegrillt – und womöglich lag auf dem einen oder anderen Rost auch bereits ein Stück aus Sidos höchstpersönlicher Grillfleisch-Kollektion. Im Dezember 2021 kündigte der Rapper an, dass er nun mit dem Feinkostspezialisten Kreutzers gemeinsame Sache macht: Unter dem Titel „Sido’s Beste“ ist eine kleine Linie an Grillprodukten entstanden, darunter Ribs und Beef Briskets, Pulled Pork und Burger Buns, außerdem Barbecue-Saucen und -Gewürze. Sidos Fans dürfte das gefallen – ganz anders als der Tierschutz-Organisation Peta, die direkt nach Bekanntgabe der Grill-Kollaboration natürlich auf die Barrikaden ging.


Tabak von Bushido: der sanfte Geschmack von Orangen-Eis

Echte Raucherinnen und Raucher finden E-Zigaretten ja nur so semicool. Oder besser gesagt: Ganz schön peinlich. Bushido sieht das offenbar anders: Er brachte im Dezember 2020 unter eigenem Namen Liquids auf den Markt, die beim Verdampfen Aromen wie „Orange Ice Cream“ oder „Blueberry Mint“ entfalten. Für den Berliner Rapper kein neues Business: Unter „Bushido Tobacco“ hatte er schon vorher Shisha-Tabak verkauft – so wie im übrigen auch einige seiner Kollegen. Die Rapper Massiv und KC Rebell stiegen schon vor Bushido ins Shisha-Geschäft ein. Und die Hamburger 187 Strassenbande soll durch ihre überaus erfolgreichen Shisha-Produkte unter dem Namen „187 Tobacco“ zwischenzeitlich sogar zum größten Tabak-Hersteller Europas avanciert sein.


Ketchup von Yung Hurn: Tomaten-Tütchen im Multipack

Zugegeben: Ein richtiger Berliner Rapper ist Yung Hurn nicht. Aber immerhin war der Wiener zeitweise Teil des Berliner Künstlerkollektivs Live From Earth. Und außerdem: Sein Produkt-Release ist so hübsch, dass man es kaum vorenthalten mag. Denn der Rapper brachte im Oktober 2020 eine eigene Ketchup-Linie auf den Markt, nachdem er vorher übrigens unter anderem Sonnencreme unter die Leute gebracht hatte. Unter dem eingängigen Namen „Hurn & Söhne GmbH“ verkaufte Yung Hurn die kleinen Ketchup-Tütchen im Mehrfach-Pack – auf der eigenen Webseite waren sie umgehend ausverkauft. Vereinzelt taucht das Ketchup-Set nun bei Ebay-Kleinanzeigen auf. Als Schnäppchen: Ein Baden-Württemberger Anbieter will nur 10 Euro für den glücklicherweise „noch ungeöffneten“ Rapper-Ketchup.