Riesige bunt bedruckte Seiden-Segel, die wie Wellen im Ozean durch die aus Schiffscontainern erbaute Galerie Pop Kudamm wehen. Dazwischen die originalen Seidentücher in verschiedenen Größen, die an Schiffssignal-Fahnen erinnern. Der Wind, der durch die Galerie weht, erweckt die Installation zum Leben; exzentrisch von dem Stylisten Frank Wilde und dem Fotografen Paul Graves in Szene gesetzt, unter kuratorischer Leitung von Karin Kruse.
In der Ausstellung „Tutti Frutti … Oh Rudi!“ erwartet Mode-, Design- und Kunstliebhaber die einzige komplette Kollektion der formidablen Seidentücher von Design-Ikone Rudi Gernreich. Die Ausstellung versammelt die luxuriösen Kreationen mit Gernreichs einzigartigen Farben, Mustern und Drucken und feiert damit ebenfalls die Ästhetik der 60er- und frühen 70er-Jahre.
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Dabei sind „Halstücher eigentlich verschrien als Alte-Damen-Accessoires, mit denen man ein langweiliges Outfit aufpeppt und frisch macht. Aber für geübte Augen sind diese Seidentücher kleine Kunstwerke, die auch allein bestehen“, sagt Wilde. Die originalen Exponate gehören alle zu seiner privaten Gernreich-Sammlung, die als die weltweit größte gilt.
Wilde sammelt die Tücher seit Mitte der 1990er und nennt etwa 140 Tücher des Modedesigners Rudi Gernreich sein Eigen. Seines Wissens die umfangreichste Sammlung weltweit. In der Ausstellung können Besucher die vollständige Sammlung sehen. Aber Wilde ist auch Sammler anderer Marken: „Ich sammle seit 30 Jahren. Halstücher, wie zum Beispiel von Hermés, Saint Laurent, Balmain sind von Künstlern entworfen und das sind zum Teil sehr rare Stücke“, erzählt der Stylist und Kostümbildner weiter.
Für Wilde, der auch bekannt ist durch seine Arbeit als Queer-Aktivist und Preisträger des CSD-Awards 2022 ist, sind die Entwürfe Gernreichs eine große Inspiration. Der in den 1920er-Jahren geborene Gernreich war selbst schwul und seine Entwürfe können heute als Mittel des Aktivismus verstanden werden.
Dazu Wilde: „Das Besondere an Gernreich ist, dass die Tücher über die reine visuelle Schönheit auch eine Message haben. Er war ein österreichischer Jude, der vor Hitler geflohen ist, und er hat sich sein Leben lang nicht als schwul geoutet. Das ist erst im Nachhinein herausgekommen, auch dass er die schwule Freiheitsbewegung unterstützt hat.“ Diese Repression und diesen Wunsch nach Freiheit findet man in seinen Tüchern wieder. Seinen Nachlass stiftete Gernreich der Mattachine Society, der ersten Homosexuellenbewegung in den USA.

„Tutti Frutti … Oh Rudi!“ ist eine Ausstellung, die die Aufmerksamkeit auf was vermeintlich Nebensächliches legt. Und sie geht über die Mode hinaus, denn sie zeigt die politische Dimension, die der Halsschmuck haben kann. „Die Seidentücher sind in der Mode ein Accessoire, was zur Kleidung gehört. Aber ich finde, das Seidentuch hat es verdient, in seiner Schönheit und Würde endlich auch als zentrales Stück ausgestellt zu werden“, erklärt Wilde abschließend beim Vernissage-Opening am Donnerstag, wo noch bis in die Nacht hinein zum Sound der ukrainischen DJane Ali Liar gefeiert wurde.

Die Ausstellung „Tutti Frutti … Oh Rudi!“
Pop Kudamm
Kurfürstendamm 229
10719 Berlin










