Paris Fashion Week

Pharrells Debütshow für Louis Vuitton: Beats auf der Brücke, Blingbling am Ohr

Wenn der Musiker Pharrell Williams bei Louis Vuitton seines kreativen Amtes waltet, dann ist da Musik drin. Selbst wenn Bernard Arnault kein Freund von Rap ist.

Teurer Schmuck und Damier-Karos am Leib– ja, so sehen Louis-Vuitton-Fans aus. Hier zwei besonders berühmte auf der Paris Fashion Week: die hochschwangere Rihanna und ihr Freund Asap Rocky.
Teurer Schmuck und Damier-Karos am Leib– ja, so sehen Louis-Vuitton-Fans aus. Hier zwei besonders berühmte auf der Paris Fashion Week: die hochschwangere Rihanna und ihr Freund Asap Rocky.LOUIS VUITTON

Es war kein leises Ereignis. Die Pariser Mitte rund um die Seine-Brücke Pont Neuf herum musste wohl oder übel bis Mitternacht auf ihren wohlverdienten Schlaf warten. Denn so lange feierte der Musiker Pharrell Williams am Dienstag seinen Einstand als Kreativdirektor bei Louis Vuitton. Und das war laut, zum Ende hin sogar sehr laut.

Die Präsentation von Pharrells erster Männerkollektion war in Modekreisen mit großer Spannung erwartet worden, hatte sich bei Louis Vuitton nach dem plötzlichen Tod von Virgil Abloh doch lange nichts in Sachen Nachfolge getan. Erst im vergangenen Februar, nach mehr als einem Jahr Wartezeit, wurde offiziell bekanntgegeben, wer in einem der begehrten Chefsessel der französischen Luxusmarke Platz nehmen würde. Dass man sich für Pharrell als neues Kreativoberhaupt der Herrenlinie entschied, kam dennoch nur so mittel überraschend. Nach dem freien konzeptionellen Arbeiten Ablohs war ja alles denkbar – und ein Celebrity aus dem befreundeten Umfeld schien eine gute Wahl, um die Fanbase abzuholen.

Links: Ein Model trägt eine bootsförmige Tasche mit der Adresse des Pariser Louis-Vuitton-Hauptquartiers in der Rue de Pont Neuf Nr. 2. Rechts: Die mit Damier-Muster beschichtete Brücke, die zum Runway wurde.
Links: Ein Model trägt eine bootsförmige Tasche mit der Adresse des Pariser Louis-Vuitton-Hauptquartiers in der Rue de Pont Neuf Nr. 2. Rechts: Die mit Damier-Muster beschichtete Brücke, die zum Runway wurde.Louis Vuitton

So sind die Brücken, die der geniale Abloh zwischen Louis Vuitton und der Black Culture gebaut hat, jetzt für seinen Nachfolger eine solide Bausubstanz. Denn Louis Vuitton ist ja: der Hang zur großen Geste. Und das kann nach Abloh alles auch in den Codes des HipHop gelesen werden. Der Schmuck, die Logos, die Muster, die Sneaker und die bunten Collegejacken. Pont Neuf, die berühmte Pariser Brücke und der Austragungsort von Pharrells Fashionshow, wurde an diesem Abend also zum Symbol für die Verbindung der Vergangenheit mit dem Jetzt. Laut Begleitschreiben des Hauses steht Pont Neuf aber auch für den Weg Pharrells aus seiner Geburtsstadt Virginia nach Paris, wo er wegen seines neuen Jobs derzeit wohnt.

Sein Fashion-Debüt jedenfalls ging mit gesperrten Straßen und einem amtlichen Pariser Verkehrschaos einher. Man hätte meinen können, ein gefährdetes Staatsoberhaupt kommt zu Besuch, so extrem erschien die Abriegelung. Aber nein, es war tatsächlich „nur“ eine Modenschau. Und anlässlich dieser wurde Pont Neuf zum Louis-Vuitton-Laufsteg. 

Und der erstrahlte luxuriös, denn das alte Kopfsteinpflaster der Brücke war mit güldenem Damier-Muster überzogen worden. Nur einen Tag soll die Beschichtung gedauert haben. In noch kürzerer Zeit war der schimmernde Belag übrigens auch wieder verschwunden, denn am nächsten Morgen sah es aus, als wäre nichts geschehen. Schade eigentlich. Das berühmte Schachbrettmuster der Marke passt eigentlich ganz gut in die Gegend, denn am Fuße von Pont Neuf befindet sich das Hauptquartier von Louis Vuitton.

Louis Vuitton Menswear für den Sommer 2024: Damier-Muster, wohin das Auge blickt. Links vorgeführt von Stefano Pilati.
Louis Vuitton Menswear für den Sommer 2024: Damier-Muster, wohin das Auge blickt. Links vorgeführt von Stefano Pilati.Louis Vuitton
Um Pharrells riesige Koffer zu präsentieren, wurden sie von Models auf Golf-Caddies über die Brücke Pont Neuf gefahren.
Um Pharrells riesige Koffer zu präsentieren, wurden sie von Models auf Golf-Caddies über die Brücke Pont Neuf gefahren.Julien de Rosa/AFP

Das Muster wiederholte sich dann auch in diversen Varianten in Pharrells Männerkollektion für den nächsten Sommer. Doch bis man die sah, ging noch eine ganze Weile ins Land und die Sonne begann schon, die Szenerie rot einzufärben. Die Zeit musste aber sein, damit alle ausreichend flanieren, fotografieren und die prominenten Gäste bestaunen konnten, die sich hier in Scharen einfanden. Allen voran natürlich zwei Powerpaare: Rihanna und Asap Rocky sowie Beyoncé und Jay-Z. Außerdem die Glitzer-Rapper Quavo und Offset, Workaholikerin Anna Wintour, Dauermodel Naomi Campbell, der französisch grüßende Jared Leto, Kim Kardashian, Lenny Krawitz und, und, und. Auch Modekollegen waren vor Ort, der Givenchy-Kreativdirektor Matthew M. Williams zum Beispiel als Gast und der in Berlin lebende Modemacher Stefano Pilati lief sogar als Model über die Brücke.

Pharrells Entwürfe sind im Vergleich zur überbordenden Fantasie Ablohs gedämpfter. Leitmotiv ist das Damier, das er sozusagen tanzen lässt. Es fällt auf den Stoffen auseinander und fügt sich neu zusammen. Es gibt Motive des amerikanischen Pixelkünstlers ET Artist, 3-D-Pigmentdrucke, das „Damouflage“ als eine Camouflage-Abwandlung, handgestickte Damier-Perlenverzierungen sowie eine Hahnentritt-Variante als Anspielung auf die traditionelle Herrengarderobe. Viele Zweiteiler, elegante aus feinen Stoffen oder mit Streetwear-Referenzen aus Jeansstoffen oder Leder, sind zu sehen. Auch Pharrells Lieblingsbrille mit den kleinen ovalen Gläsern hat in unterschiedlichen Varianten Einzug in seine Louis-Vuitton-Kollektion gehalten. Man sieht Diamanten an den Ohren der Models. Außerdem gibt es viel Gepäck. Große Koffer und Truhen hat Pharrell designt, sie werden von Models in Golf-Caddies über die Brücke gefahren. In diesen Momenten mutet die Show wie ein kunterbuntes Theaterstück an.

Pharrell lässt das Damier tanzen und erfindet „Damouflage“.
Pharrell lässt das Damier tanzen und erfindet „Damouflage“.Louis Vuitton
Auch das Monogram-Muster fand Einzug in Pharrells Louis-Vuitton-Kollektion, wie hier auf Plüschmantel und Tasche.
Auch das Monogram-Muster fand Einzug in Pharrells Louis-Vuitton-Kollektion, wie hier auf Plüschmantel und Tasche.Louis Vuitton

Dazu trägt auch die Musik bei, die von einem Orchester live gespielt wird. Am Klavier sitzt der namhafte Pianist Lang Lang. Als die Show beginnt, flackern die Laternen auf Pont Neuf im Takt. Die Brücke scheint wie verzaubert. Dann ein HipHop-Track. In „Chains ’n Whips“ rappt Pusha T aus den Boxen: „Nigga, you must be sick, all you talk about is just gettin’ rich“ und „too much enamel covers your necklace, I buy bitches, you buy ’em sections, you buy watches, I buy collections.“ Womit wir wieder beim HipHop und beim Blingbling wären. Beyoncé und Jay-Z wippen in der First Row mit ihren Köpfen im Takt. Neben ihnen sitzt der LVMH-Mehrheitseigner Bernard Arnault, der mit Elon Musk zu den Top zwei der reichsten Menschen der Welt gehört. Sein Kopf wippt nicht.

Die Show ist vorbei und der neue Kreativchef sagt „danke“. Eine halbe Stunde später singt und tappt er zusammen mit Jay-Z auf der Bühne.
Die Show ist vorbei und der neue Kreativchef sagt „danke“. Eine halbe Stunde später singt und tappt er zusammen mit Jay-Z auf der Bühne.(Julien de Rosa/AFP

Den letzten Abschnitt der Fashionshow begleitet der Gospel-Song „Joy“, den Pharrell extra für  diesen Anlass komponiert hat. Und der Titel war Programm, denn nach der gigantisch inszenierten Schau begann die riesengroße, fröhliche Brücken-Party mit Liveauftritten des Kreativdirektors und seines Freundes Jay-Z. Was für eine Nacht.