Mode

Stilkritik: Die Letzte Generation und ihr Faible für Orange

Die deutsche Klima-Armee ist modisch desolat. Warum die Farbe von Kürbissen diesen Zustand nicht verbessern kann. Eine Glosse.

Halloween lässt grüßen: Die Klimaaktivistin Marion Fabian (links) im kürbisfarbenen Zweiteiler. 
Halloween lässt grüßen: Die Klimaaktivistin Marion Fabian (links) im kürbisfarbenen Zweiteiler. imago images

Nun, zumindest beim Einfärben deutscher Kulturdenkmäler zeigt die Letzte Generation eine gewisse stilistische Linie. Man hat sich auf die Farbe Orange geeinigt. Dass das eine ganz besonders schlechte Wahl ist, zeigt sich allein schon in ihrer simpel herbeierklärten Nutzung. Das Orange beziehe sich auf die Warnwesten, heißt es aus Aktivistenkreisen. Mit der vor allem im Baugewerbe üblichen Bekleidung klebten sich Mitglieder der Letzten Generation immer wieder auf städtischen Straßen fest. Keine Metaphern, keine kulturellen Referenzen, kein doppelter Boden. Einfach Baustelle, Abriss, Ende.

Doch verbessert die orange Linie den modisch desolaten Zustand der deutschen Klima-Armee? Leider nicht. Denn Orange ist eine ordinäre, ja taktlose Farbe. Organisationen, die sie einst zu ihrer Corporate-Koloration machten, dürften das inzwischen bitter bereuen. Außer der BSR vielleicht.

In der Mode wird Orange seit jeher mit Vorsicht genossen. Die Farbe brettert ins Auge, betont die Rottöne im Hautbild – und ist eigentlich nur auf teuren, seidigen Stoffen erträglich, die der Plumpheit des Tones mit schimmernden Effekten begegnen. Und selbst wenn Orange mal eine Saison lang angesagt ist, verschwindet es auch ganz schnell wieder. Wer hat schon überwiegend orangefarbene Kleidung im Schrank?

Als hätte Berlin nicht schon genug Baustellen, die Letzte Generation macht immer neue auf.
Als hätte Berlin nicht schon genug Baustellen, die Letzte Generation macht immer neue auf.imago images

Dass Orange am eigenen Kämpferleib eine unvorteilhafte Wahl ist, wissen sogar die meisten Mitglieder der Letzten Generation. Außer Marion Fabian. Während andernorts Türkis, Weinrot oder Greige das stoffliche Geschehen unter den Warnwesten beherrschen, erscheint die 73-jährige Aktivistin gerne in orange-gelben Komplett-Looks. Das ist modischer Frevel.

Nun könnte man behaupten, Orange sei doch eine tolle Sache. In der Farbpsychologie seien mit der Farbe vor allem Vitalität und Aufbruch verbunden. Orange steht für die Lebendigkeit der Niederländer oder für die sonnige Friedlichkeit betender Buddhisten. Auch an Kürbissen und auf Hermès-Schachteln ist doch an der Farbe gar nichts auszusetzen? Ganz genau, nur als Pullover oder auf der Weltzeituhr ist sie eben stillos.

Warnwesten auf Asphalt: die Letzte Generation im typischen Workwear-Chic.
Warnwesten auf Asphalt: die Letzte Generation im typischen Workwear-Chic.Imago/Seeliger

Es scheint zu spät für eine Umkehr, die Hinwendung zu einer schlüssigeren Farbe wie Grün (Wald) oder Blau (Ozean). Modisch ist und bleibt die Letzte Generation eine verlorene Generation. Und das Leben wird zur Baustelle; sowohl ganz konkret mit den Reparaturarbeiten an eingefärbten Berliner Denkmälern als auch mit einer Farbe, die immer nur vorübergehend ist.