Achtung, Triggerwarnung: Es könnte sein, dass Sie sich beim Lesen dieses Textes alt fühlen werden. Nur keine Sorge, das ging uns beim Schreiben genauso. Aber man muss schon etwas weiter zurückgehen, um sie alle zu erwischen, die peinlichsten Promi-Werbespots aller Zeiten.
Wenn Firmen auf die Reichweite und den Wiedererkennungswert bekannter Gesichter setzen, mag das marketingtechnisch nachvollziehbar sein, doch vielen Promis merkt man eben an, dass sie von Berufs wegen keine Texte aufsagen, sondern Fußball oder Tennis spielen müssen.
Menschen, die lange vor der Jahrtausendwende geboren sind, erinnern sich sicher noch an die Fremdscham-Momente, wenn speziell deutsche Celebrities die Werbetrommel rührten. An PR-Perlen wie Steffi Grafs „kochende“ Pasta-Leidenschaft oder Boris Beckers Entdeckungsreise ins „Neuland“ Internet. Hier sind unsere All-time Favourites.
1. Boris Becker, AOL, 1999
Als Boris Becker 1999 Werbung für den Internetanbieter AOL machte, hatte der Tennisstar längst jenen Punkt in der öffentlichen Wahrnehmung erreicht, an dem er zu unser aller Lieblingsbobbele geworden war. Von Steuer- und Insolvenzquerelen war noch keine Rede, sein Image als begabter, aber schlichter Sportler hatte er überwunden. Becker war erwachsen geworden. Und sexy.
„Bin ich da schon drin, oder was?“, nuschelte sich ein selbstironischer Becker durch den Spot, als das Internet noch Neuland und es keineswegs selbstverständlich war, dass man automatisch immer und überall ins Netz konnte. Aber das kann man in Deutschland ja heute immer noch nicht. So ist Beckers Werdegang nach dem Spot auch irgendwie exemplarisch für die Digitalisierung dieses Landes: viele verpasste Chancen und ein paar richtig doofe Schnitzer.
2. Heidi Klum, Katjes, ab 2003
Heidi Klum gibt sich nachdenklich, damals im Katjes-Werbeclip, sich zwischen zerwühlten weißen Laken räkelnd. „Mit den Schönheitsidealen ist das ja so eine Sache“, piepst sie in die Kamera, „ich sage ja immer: Auf die inneren Werte kommt es an!“ Man möchte dem Reality-TV-Model glauben, wirklich. Wäre die ganze Fruchtgummi-Clip-Reihe nicht ein einziges verhuschtes Bodyshaming-Spektakel.
Ab 2003 macht die Klumsche Werbung für das angeblich fettfreie Angebot der Süßwarenmarke; aalt sich in mit Fruchtgummis gefüllten Badewannen, schiebt sich das Naschwerk in den Mund und zwischenzeitlich auch zwischen die Zehen. Sie müsse auf gar nichts verzichten, flötet die Grinsekatze in einem der Werbevideos: „Außer auf Fett – denn wer braucht schon Fett?“ Heidi jedenfalls nicht.
Wer hingegen offenbar doch Fett braucht: die Firma Katjes. Sie wird 2004 von Verbraucherschützerinnen und Verbraucherschützern verklagt, weil der Slogan und die entsprechende Aufschrift auf den Süßigkeitentüten irreführend seien. Mit maximal 0,4 Prozent Fett – ungefähr der Kandidatinnen-Gesamtwert einer damaligen „GNTM“-Staffel – enthielten die Fruchtgummis nämlich sehr wohl eine geringe Menge des ungeliebten Stoffes. Zu wenig allerdings, als dass die werbetaugliche Irreführung Konsequenzen gehabt hätte: Die Fettmenge sei zu gering, als dass sie wirklich ins – haha – Gewicht fallen würde, die Klage wurde abgewiesen.
Sowieso unbeeindruckt dürfte sich davon Heidi Klum zeigen, der es ja, wie gesagt, um „die inneren Werte“ geht. Der Clip geht folgendermaßen weiter: Wenn die inneren Werte stimmten, schnurzelt das Model, „finde ich sogar abstehende Ohren und rote Nasen total zum Anbeißen“. Gemeint sind damit freilich weder Flavio Briatore noch Seal, weder Vito Schnabel noch Tom Kaulitz, sondern ein Fruchtgummi in Pandabären-Form, das sich die Klum sodann ins Werbegesicht schiebt. Einfach unangenehm.
3. Verona Pooth, Iglo Rahmspinat, 1999
Verona Pooth, geborene Feldbusch, gehört zu jenen Medienphänomenen, die zu Beginn ihrer Karriere als erfrischend anders wahrgenommen wurden, deren Charme sich aber durch schrille Dauerpräsenz irgendwann abnutzte. Als die einstige Schönheitskönigin und Erotikshow-Moderatorin 1999 für Iglo Rahmspinat in den Promo-Ring stieg, befanden wir uns noch in der erfrischenden Phase.
Die karriereboosternde Blitz-Ehe mit Dieter Bohlen lag gerade erst drei Jahre zurück und auch ihre „Peep“-Show gab es 1999 noch. Die Laufbahn als Testimonial nahm Fahrt auf, als sich Pooth mit Lockenwicklern und orangefarbenem Bademantel ausgestattet in unsere Wohnzimmer schaltete, um ein grünes TK-Produkt anzupreisen. Iglo Rahmspinat, den mit dem „Blubb“.
Mit „Hallihallohallöle“ begrüßte die einstige Miss Germany die Fernsehzuschauer und kündigte an, heute ihr Lieblingsessen zu kochen – „hat mir meine Mami beigebracht“. Die Rezeptfolge war dann natürlich denkbar einfach (Topf auf den Herd, Spinat rein, Herd anschalten, umrühren, warten). Pooth trug die Anleitung gewohnt naiv und mit Versprechern garniert vor. Der Spot gipfelte in einem kecken Blick in den Topf und dem überraschten Ausruf: „Hups, jetzt hat er ‚Blubb‘ gemacht!“
Ein Witzchen haben die Werber auch noch untergebracht: „Rührt sich ganz leicht. Obwohl meine Mami immer sagt, dass so viel Eisen im Spinat ist.“ Höhö. Fairerweise muss man aber sagen, dass die heute 54 Jahre alte Moderatorin das Niveau dieses Spots im Jahr 2010 noch unterbieten konnte, als sie für den deutschen Textildiscounter Kik warb. Dort mimte sie eine gestrenge Qualitätsmanagerin und sprach mit einem billigst animierten roten T-Shirt, das sie in Sachen Stimmlagen-Nervigkeit noch übertraf. Mit welcher Unbedarftheit Pooth für ein Unternehmen warb, das wegen Dumpinglöhnen und Billigproduktion in der Kritik stand, war mindestens erstaunlich. Aber das Geld hat dann wohl doch zu sehr gelockt.
4. Steffi Graf, Barilla, 1992
„Der Beginn einer kochenden Leidenschaft“, näselt eine sichtlich jeglicher Leidenschaft abholde Steffi Graf lächelnd in die Kamera – da musste die Tennis-Legende zu Beginn der Neunzigerjahre wohl selbst grinsen. Dazu räkelt sie sich in einem dunklen Trägerkleidchen zu sämigem Klaviergeklimper vor schwarzem Hintergrund. Farfalle, der Schmetterling, sei ihre liebste Pasta, wer ihn fangen wolle, müsse ihm ein wenig Parmesan auf die Flügel streuen, dichtet die Graf monoton und offenbar berauscht vom Nudelwasser aus dem Off.
Im Gegensatz zu Boris Becker hat „unsere“ Stefanie Graf es dann recht gut geschafft, aus ihrem Leben eine dauerhafte Erfolgsgeschichte zu machen, die ihr, was in Deutschland selten ist, wohl alle gönnen. Was wir der 22-fachen Grand-Slam-Siegerin indes nicht wünschen, ist ein Mittagessen mit dem Industrienudelmampf von Barilla, eines Unternehmens, das sich vor ein paar Jahren auch nicht entblödete, mit homophoben Ausbrüchen von sich reden zu machen. Da war die ewige Steffi längst nicht mehr das Gesicht des Konzerns und über alle Zweifel erhaben.
5. Oliver Bierhoff und Andreas Köpke, Danone, 1997
Der „Dany Sahne Song“ ist für sich genommen schon eine akustische Zumutung und ein schlimmer, weil nie wieder von der Hirnfestplatte zu entfernender Ohrwurm. Für alle, die sich nicht erinnern, hier noch mal der Text: „Dany Sahne von Danone, davon krieg ich nie genug. Der hat mehr als Schokolade. Oh ja, die Milch, die tut mir so gut.“
Um das Gedudel auch wirklich bombenfest im Markengedächtnis zu verankern, beschäftigte der Puddingproduzent mehrere bekannte deutsche Sportgrößen, die den Jingle trällerten. Zum Beispiel die Fußballer Oliver Bierhoff und Andreas Köpke, die 1997 ihre Löffel in der von einer künstlich aufgezwirbelten Sahnehaube gekrönten Schokomasse versenkten.
Zuerst schritt Oliver Bierhoff an den Kühlschrank, in einem blassblauen Pullover, der selbst in den Neunzigern unmöglich modern gewesen sein kann. Dem deutschen Nationalspieler und späteren DFB-Funktionär kamen beim Öffnen der Tür haufenweise Puddingpackungen entgegen, was er mit einem Lachen quittierte, das noch künstlicher war als die Sahnehaube. Mal ganz abgesehen davon, dass die Sanges- und Tanzqualitäten Bierhoffs schon arg zu wünschen übrig ließen und er das komische Feixen während der gesamten Performance nicht mehr abstellen konnte, fragt man sich doch: Was gibt es da zu lachen, wenn einem haufenweise Süßpamps auf den Küchenboden kleckert?
Ein Logiklapsus, den auch der sympathische Köpke im Anschluss nicht mehr wettmachen konnte.
6. Daniela Katzenberger, 118000, 2010
Daniela Katzenberger ist super. Bodenständig, sympathisch, witzig, außerdem unwiderstehlich schrill – ein strahlend platinblonder Stern am drögen deutschen Promi-Firmament. Und trotzdem will man dem Titel ihrer Memoiren, die der Realitystar 2011 veröffentlichte, vehement widersprechen. „Sei schlau, stell dich dumm“? Das muss nicht sein. Frau kann auch auf lange Acrylnägel und pink glitzernde Handyhüllen stehen, ohne den Barbie-Geschmack mit vorgeblicher Dusseligkeit zu untermauern.
Sei’s drum – die Katzenberger macht immer mal wieder auf sonnenbankgebräuntes Dummchen. Das ist natürlich ihr gutes Recht – und hat ihrer Karriere wohl tatsächlich auf die Sprünge geholfen; ihr den einen oder anderen Geldsegen beschert. So wie 2010, als die Katzenberger einen Werbedeal mit dem Telekommunikationsunternehmen 118000 an Land gezogen hat. Der Slogan: „118000 – mit drei Nullen – wie drei Stullen.“ Ein Schelm, wer dabei Böses denkt.




