Seine Reiserouten muten mitunter abenteuerlich an. Und manchmal fragt sich Joti Chatzialexiou beim Aufwachen morgens, an welchem Ort er abends eigentlich einschlafen wird. Der Terminplan beim Sportlichen Leiter Nationalmannschaften des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ist auch diesen Sommer wieder eng getaktet. Wo der gebürtige Frankfurter zuvor noch bis tief in die Nacht die verkorkste U21-EM mit Nationaltrainer Antonio Di Salvo analysierte, inspizierte er anderntags die WM-Vorbereitung der Frauen-Nationalelf mit Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg. Und wer direkt von Batumi am Schwarzen Meer nach Herzogenaurach kommt, kann den Brückenschlag nicht umgehen. „In meiner Aufgabe liegt es nahe, dass ich mir wünsche, dass alle unsere Mannschaften erfolgreich sind. Natürlich würde ich mich auch freuen, wenn unsere Frauen die deutschen Fußballfans in dem Sommer noch mal wachküssen können“, sagte der 47-Jährige am Mittwoch in der Medienrunde.
Alexandra Popp sieht die Weltmeisterschaft als Chance, um Fans zu gewinnen
Vor zwei Wochen hatte DFB-Kapitänin Alexandra Popp in der ersten Pressekonferenz aus dem „Homeground“ am Sitz des DFB-Ausrüsters zur Vorbereitung auf die WM in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August) noch von einer dämlichen Frage gesprochen, ob ihr Ensemble jetzt zur Ehrenrettung des deutschen Fußballs nach Sydney fliege. Damals hatte die A-Nationalmannschaft der Männer gerade ihr Publikum verprellt, hernach ereignete sich die Bruchlandung des wichtigsten Nachwuchsteams in Georgien. Chatzialexiou ist einerseits froh, „dass wir als Verband die Möglichkeit haben, mit dem Turnier der Frauen die Fußballfans für uns zu gewinnen“. Andererseits hält auch er wenig von solchen Quervergleichen: „Das wäre einfach nicht richtig, zumal wir unterschiedliche Mannschaften haben mit unterschiedlichen Voraussetzungen.“
Schreiben Popp und Co. die Erfolgsgeschichte aus der EM in England fort, sind sie das strahlende Aushängeschild. Würde aber in einem möglichen WM-Achtelfinale gegen Frankreich oder Brasilien in Down Under früh Schluss sein, dann würde sich die Verbandskrise noch ausweiten. Beide Optionen sind möglich. Voss-Tecklenburg legt sich darauf fest, dass sieben, acht Konkurrenten für den Titel infrage kommen – ihr Team inklusive. Chatzialexiou betont: „Ich gehe sehr demütig in diese WM, weil ich sehe, wie die Entwicklung ist. Die EM war sensationell, das wird bei der WM mit Sicherheit noch getoppt.“
Der zweifache Weltmeister Deutschland bestreitet seine Generalprobe auf der Mission zum dritten Stern nun in Fürth gegen Sambia (Freitag, 20.30 Uhr/ARD), was auf den ersten Blick ein bisschen verwundert. Zwar erwartet Chatzialexiou einen „robusten und leidenschaftlichen Gegner, der sein Herz auf dem Platz“ lasse, aber ein hochkarätiger Prüfstein ist der Fifa-Weltranglisten-77. aus dem Süden Afrikas eigentlich nicht. Das erste Testspiel hatten die DFB-Frauen gegen Vietnam (2:1) in Offenbach gegen einen weiteren WM-Novizen bestritten, der im Fifa-Ranking die Position 32 einnimmt. Taugen diese Gegner, um sachdienliche Hinweise für die endgültige Kadernominierung am Sonnabend zu erhalten?
Gegner aus diversen Kontinenten sind bewusst gewählt
„Wir haben bewusst die Spielpartner aus den diversen Kontinenten gewählt“, erklärt Co-Trainerin Britta Carlson. Deutschland hat nun einmal eine besonders bunte Gruppe mit den Gegnern Marokko (24. Juli), Kolumbien (30. Juli) und Südkorea (3. August) erwischt. Insofern spiegelt Sambia ein bisschen Marokko, Vietnam kopiert ein wenig den Ansatz von Südkorea. Die für Gegneranalyse zuständige Carlson sagt: „Die Gegner sind keine Blaupause, aber zumindest vom Spielstil her agieren sie ähnlich.“


