Fußball in Berlin

„Wegschauen nicht vorstellbar“: Hertha und Berliner AK spielen für Erdbebenopfer

Im Poststadion tragen die Berliner Traditionsklubs ein Benefizspiel aus. Der Erlös soll für Wohncontainer im türkischen Erdbebengebiet verwendet werden.

BAK-Präsident Ebubekir Han (l.) und Hertha-Präsident Kay Bernstein mit Buddy-Bär und Baklava bei der Verabredung zum Benefizspiel.
BAK-Präsident Ebubekir Han (l.) und Hertha-Präsident Kay Bernstein mit Buddy-Bär und Baklava bei der Verabredung zum Benefizspiel.Hertha BSC

Beim Berliner Athletik-Klub hat Präsident Ebubekir Han noch vor dem Benefizspiel gegen Hertha BSC, das an diesem Freitag ab 18 Uhr im Poststadion stattfindet, gehandelt. Er reagierte auf die sportliche Misere, in die sich das Fußballteam aus der Regionalliga Nordost hineinmanövriert hat. Dem Hui zu Saisonbeginn, als der BAK nach zehn Spieltage mit 27 Punkten Tabellenführer war, folgte um den Jahreswechsel das Pfui. Nur ein Sieg in 13 Spielen, naja, Hertha kennt Ähnliches – aus dieser Saison. 

Der BAK, mittlerweile auf Rang elf abgerutscht, verabschiedete sich, wie öfter in den vergangenen Jahren, nach einer erfolgreichen Hinrunde im Winter von seiner Aufstiegschance und seinem Trainer. Nachdem Benjamin Duda 15 Monate beim Klub aus Moabit wirkte, verpflichtete der BAK am Mittwoch Volkan Uluc (53), der vor 20 Jahren schon mal BAK-Coach war.

Bei Hertha BSC hingegen referierte Trainer Sandro Schwarz zu Beginn der Woche am Beispiel Hoffenheim mal wieder über die schmerzhafte Art und Weise von Hertha-Niederlagen, Zeitverschwendung, fahrlässige Profi-Einstellungen beim Tabellensechzehnten der Ersten Liga – und die Rückendeckung, die er trotz mieser Leistung fühle. Und dann wurde auch noch bekannt, dass Hertha seinen Hauptsponsor Autohero und damit offenbar 6 Millionen Euro pro Jahr im Sommer verlieren soll.

Soweit zum Tagesgeschäft zweier Berliner Traditionsvereine, die glücklicherweise mehr als Fußball im Portfolio haben – und sich am Freitag erstmals gegenüberstehen: Das Benefizspiel findet zugunsten der Erdbebenopfer in der Türkei statt.

„Wir sind ja dafür bekannt, dass wie soziales Engagement zeigen“, sagt BAK-Präsident Han, „das war auch bei der Flutkatastrophe 2021 in Deutschland so.“ Seit Jahren engagiert sich der Klub in Berlin gegen Rassismus und Ausgrenzung, für Nachhaltigkeit, Inklusion und Bildung.

Als in der Türkei und in Syrien Anfang Februar die Erde bebte, war der BAK gerade mit einigen Jugendmannschaften in Antalya im Trainingslager. Nachwuchsleiter Burak Isikdaglioglu und auch die Kinder, die teilweise mit ihren Eltern in der Türkei waren, erlebten die Dramatik der Katastrophe, die Suche nach Vermissten aus geringer Entfernung mit. Der Co-Trainer der U18, der aus Hatay stammt, verlor Familienangehörige. „Wir sind in der Türkei stark vernetzt, so sind wir sehr sensibilisiert“, sagt Han.

Die Spieler der U18 wollten nicht mehr trainieren, sondern sofort anpacken. Sie sammelten Kleider, Decken, Medikamente, Schmerzmittel, halfen in einer Lagerhalle in Treptow sowie im Hangar B des BER beim Verladen und der Koordination der Hilfsgüter. Drei Tage nach dem Beben fragte der BAK bei Hertha BSC wegen eines Benefizspiels an. „Das Interesse war sofort da“, sagt Han. Die Länderspielpause bot sich an. 

In einem Video, das im Hertha-Studio mit Präsident Kay Bernstein und Han gedreht wurde, verweist Bernstein auf die noch immer katastrophale Lage im Erdbebengebiet: „Die Menschen haben immer noch kein Dach über dem Kopf, denen geht es nach wie vor elend – und wir haben die Verantwortung, zu helfen.“ Sein Aufruf lautet: „Kommt ins Stadion – nicht nur wegen des Spiels, sondern als Zeichen, um etwas Gutes tun!“

Nach bisherigen Informationen sind in der Türkei mehr als 50.000 Menschen gestorben, mehr als eine Million obdachlos. Ziel von BAK-Präsident Han ist es, mit dem Benefizspiel 50 Wohncontainer bereitstellen zu können. Er hofft auf mindestens 5000 Zuschauer, der Eintritt wird zwischen 10 und 20 Euro kosten. Einnahmen plus Spenden sollen zu 75 Prozent für den Aufbau des Containerdorfs verwendet werden, das verbleibende Viertel für die Hilfsorganisation I.S.A.R. Germany sowie das Technische Hilfswerk. 

„Hertha und BAK sind beides Multikulti-Vereine. Dass wir Hertha zum Benefizspiel bekommen haben, garantiert uns eine größere Reichweite“, sagt Han, „vielleicht ist unsere Aktion ja auch ein Startschuss für andere Sportarten oder Branchen. Ich sehe die Hilfe als unsere soziale Verantwortung. Wegzuschauen ist für mich und den Verein nicht vorstellbar.“