An Gunter hat es nicht gelegen. Er war glänzend vorbereitet. Er ging als Vorbild der Sofa-Fankurve voran. Klassischer Führungsspieler eben. Das zeigte sich schon beim Spiel gegen Spanien. Kurz vor Anpfiff schleppte er einen großen schwarzen Sack in unser Wohnzimmer. „Hohoho“, rief er. „Ich habe euch etwas mitgebracht.“ Der Sack erinnerte an die Ballnetze, in denen früher die Sportlehrer Handbälle in die Halle brachten.
Gunter hatte aber keine Bälle dabei, sondern Deutschland-Devotionalien. Winkelemente, tischtuchgroße Fahnen, schwarz-rot-goldene Hawaii-Ketten, allen Ernstes auch eine Vuvuzela in Deutschlandfarben, die südafrikanische Tröte. Es gab sogar ein kleines Megafon, das gespeicherte Fangesänge abspielte. Leider waren die Batterien etwas schwach.
Im ersten Moment überlegte ich, ob das viele Schwarz-Rot-Gold ein wenig peinlich ist. Aber dann wurde es sehr lustig. Da hatte man ja auch noch Hoffnung. Der Pensions-Hund, den wir da gerade betreuten, trug die Hawaii-Girlande mit Würde.
Die Sachen in Gunters Sack waren über Jahre hinweg zusammengetragen worden. Er hat zwei Jungs, da spielte früher, als sie noch klein waren, Fußball eine größere Rolle. Allerdings ist meine jüngste Tochter inzwischen auf Augenhöhe bei Begeisterung und Wissen. Und ja, 2014 waren wir auf der Siegermeile, als die Weltmeister aus Brasilien zurückkehrten, und kauften WM-T-Shirts.
Gunter ist aufgefallen, dass es bei dieser WM faktisch keine frischen Fanartikel gibt. Bei den vergangenen Meisterschaften wurden die an jeder Ecke angeboten. Es gab diese seltsamen Halter, mit denen Fahnen in die Autofenster geklemmt wurden. Am hässlichsten waren die Überzieher für die Rückspiegel.
Gemessen am Fanartikel-Aufkommen, fehlte es diesmal wirklich an WM-Begeisterung und -Zuversicht. Vielleicht haben die Hersteller aber auch schon geahnt, dass es sich bei diesem Turnier nicht lohnen wird, viel zu produzieren. Nach dem Ausscheiden packte Gunter („Das muss ich erst mal sacken lassen“) seine Fähnchen wieder ein. Fürs nächste Mal.


