Seit mehr als 30 Jahren war der Formel-1-Zirkus nicht mehr in Afrika zu Gast, das soll sich bald ändern. Ruanda plant, künftig Rennen der Königsklasse in der Hauptstadt Kigali auszutragen, das gab Staatspräsident Paul Kagame am Freitag bekannt.
„Ich freue mich, offiziell bekannt geben zu können, dass Ruanda mit der Ausrichtung eines Formel-1-Grand-Prix den Nervenkitzel des Motorsports nach Afrika zurückbringen will“, sagte Kagame bei der Eröffnung der Generalversammlung des Automobil-Weltverbandes (FIA) in Kigali. Die Pläne würden aktiv verfolgt.
Zuletzt wurde 1993 ein Formel-1-Rennen in Afrika ausgetragen
Zum bislang letzten Mal machte die Formel 1 im Jahr 1993 auf dem Kontinent Halt, gefahren wurde damals in Südafrika auf dem Kyalami Grand Prix Circuit. Im August hatten die Formel-1-Bosse laufende Gespräche mit Ruanda über die Ausrichtung eines Grand Prix bestätigt, CEO Stefano Domenicali betonte, dass das Land eine ernsthafte Option sei. Ruanda wird seit einiger Zeit ähnlich wie Katar und Saudi-Arabien „Sportswashing“ vorgeworfen.
Ruanda hat vor 30 Jahren einen Völkermord erlebt und zählt noch immer zu den ärmsten Ländern der Welt. Kagame ist ein Staatschef, der mit harter Hand regiert, Menschenrechtsorganisationen werfen ihm die Unterdrückung der Opposition und kritischer Journalisten vor.
„Wir wollen nach Afrika, aber wir brauchen die richtige Investition und den richtigen strategischen Plan“, sagte Domenicali schon vor Monaten motorsport.com. Man müsse „den richtigen Zeitpunkt abwarten und sicherstellen, dass auch das Land, die Region und der Kontinent“ dazu bereit wären.
Die Formel 1 mit ihren momentan 24 Etappen boomt. Veranstalter zahlen hohe zweistellige Millionensummen, um einen Grand Prix ausrichten zu dürfen. Bei aller Expansion in den vergangenen Jahren aber ist Afrika für die Rennserie ein weißer Fleck geblieben.
Und nun bald in Ruanda, wo das Bruttonationaleinkommen pro Einwohner unter 1000 Euro liegt und die Mehrheit der Bevölkerung von der Landwirtschaft lebt? „Es ist an der Zeit, dass Afrika in den Formel-1-Kalender aufgenommen wird“, sagte der Präsident des ruandischen Automobilklubs, Christian Gakwaya. „Ruanda bietet eine ideale Gelegenheit für die Rückkehr der Formel 1 nach Afrika.“
Lewis Hamilton befürwortet Formel-1-Grand-Prix in Afrika
Das wäre auch ganz im Sinne von Rekordweltmeister Lewis Hamilton, dem einzigen schwarzen Formel-1-Piloten. „Ruanda ist eines meiner liebsten Länder, in denen ich gewesen bin“, sagte der Brite unlängst. Zu „100 Prozent“ sei die Zeit reif für einen Grand Prix in Afrika, versichert der künftige Ferrari-Pilot immer wieder.
Ruanda zählt zu den kleinsten Ländern Afrikas und gleichzeitig zu den am dichtesten besiedelten. Die Wirtschaft wächst beachtlich, Korruption ist im Gegensatz zu den Nachbarstaaten kaum verbreitet – für viele Investoren auch aus Deutschland ein Grund, sich in Ruanda niederzulassen.
Menschenrechtsorganisation berichtet von Folter und Verfolgung
Menschenrechtler bewerten die Lage in dem Land jedoch weiterhin sehr kritisch. „Willkürliche Inhaftierungen, Misshandlungen und Folter in offiziellen und inoffiziellen Hafteinrichtungen sind an der Tagesordnung“, schreibt Human Rights Watch. Regierungsgegner würden verfolgt, auch andere Menschen sehen sich demnach Misshandlungen ausgesetzt.
„Unser Interesse an der Formel 1 steht im Einklang mit der nationalen Strategie, den Sport als Hebel für den wirtschaftlichen Wandel zu nutzen“, erklärte Automobilclub-Chef Gakwaya. Ruanda wolle sich weiter „als erstklassiges Ziel für Sport und Unterhaltung“ positionieren. Wie einst auch Malaysia oder Saudi-Arabien.
Touristen kommen zurzeit vor allem wegen der Berggorillas in den Vulkanbergen. Weltweit bekannt wurde Ruanda jedoch durch eine Tragödie: Während des Völkermords radikaler Angehöriger der Volksgruppe der Hutu an den Tutsi und gemäßigten Hutu wurden 1994 innerhalb von 100 Tagen rund 800.000 Menschen oft brutal ermordet. 30 Jahre danach versucht das Land, nach vorn zu schauen.


