Bastian Schweinsteiger kam schnell zum Punkt. Und er benannte Defizite, die den FC Bayern tief in seinem Selbstverständnis treffen. „Die Galligkeit, die Gierigkeit“ einzelner Spieler habe er nicht permanent gesehen, sagte er in seiner Analyse, auch eine gewisse „Boshaftigkeit“ wollte er nicht durchgehend erkannt haben. „Das ist Mentalität“, schloss der ARD-Experte seine Ausführungen – Thomas Tuchel stand daneben, nickte und sagte: „Ja.“
Thomas Tuchel will eine Wucht und Gier gemeinsam entwickeln und halten
Neben der familiären Seite des „Mia san mia“ scheint der FC Bayern nun auch jene an Arroganz grenzende Siegermentalität eingebüßt zu haben, die er mit dem Klubmotto signalisieren will. Eine Erkenntnis, die Tuchel nach dem „bitteren Abend“ mit dem 1:2 (1:1) im Viertelfinale des DFB-Pokals gegen den SC Freiburg auch gar nicht in Abrede stelle wollte. „Eine Wucht und Gier gemeinschaftlich zu entwickeln und dauerhaft zu halten, das ist ein bisschen das Thema“, sagte er.
Joshua Kimmich fand in der Diskussion um die Mentalität der Münchner die drastischsten Worte. Während er vor einer Wand mit den Wörtern „Wille“ und „Leidenschaft“ stand, schimpfte er: „Man hat bei uns das Gefühl, dass es ein Tick zu wenig ist – zu wenig Leidenschaft, zu wenig Emotion.“ Als Beweis für den erkennbaren Mangel dienten Tuchel die Szenen vor dem Handelfmeter, den Lucas Höler eiskalt zum Siegtreffer verwandelte (90.+5). Er monierte, dass es erst einen Freistoß in Strafraumnähe gegeben habe, gefolgt von zwei verlorenen Kopfball-Duellen sowie der Möglichkeit zum Weitschuss von Nicolas Höfler, in den Jamal Musiala mit den Händen voraus sprang. Höfler hatte zuvor (27.) die Führung durch Dayot Upamecano ausgeglichen (19.).
Joshua Kimmich „kotzt es brutal an“
„Am Ende sind wir selbst schuld“, sagte der erkennbar ernüchterte Tuchel, der die erste von drei Titelchancen, die ihm Vorgänger Julian Nagelsmann aufgelegt hatte, nun schon vergeben hat. Genau genommen: eine Mannschaft, die sich wie so oft in dieser Saison uninspiriert und fahrig präsentierte. Vor allem Kimmich war deshalb kaum zu beruhigen in seiner Wut. „Am Ende des Tages kotzt mich das brutal an, je mehr Titel wir verspielen“, zeterte er, „ich habe viel mit mir selbst zu kämpfen, dass ich nicht komplett durchdrehe und die Fassung verliere – so ein Tag tut schon weh.“

