Berlin-Auch Jürgen Klinsmann bleibt nur die Rolle des unbeteiligten Kiebitzes, wenn am 23. Mai im Berliner Olympiastadion das Finale im DFB-Pokal über die Bühne geht. Vor allem Klinsmanns Vor-Vorgänger als Cheftrainer von Hertha BSC, der Ungar Pal Dardai, hatte sich in seiner viereinhalb Jahre langen Amtszeit das große Ziel gesetzt, im eigenen „Wohnzimmer“ endlich einmal mit seiner Mannschaft im Endspiel auf dem Rasen zu stehen und nicht auf der Tribüne zu sitzen. Das war sein großer Traum, den er sich mit den Anhängern der Hertha teilte. Bekanntlich vergeblich. Und nun auch noch Klinsmann! Hertha unterlag in Gelsenkirchen bei Schalke 04 mit 2:3 nach Verlängerung und verspielte dabei eine komfortable wie verdiente 2:0-Führung. Mensch, Hertha, wie konnte das passieren!

Fakt ist: Selten hat eine Mannschaft von Hertha in den zurückliegenden Wochen so viel richtig gemacht wie beim Pokal-Krimi auf Schalke, allerdings - und das ist die Krux - nur 75 Minuten lang! Nach dem zähen 0:0 vier Tage zuvor in der Bundesliga im Olympiastadion gegen den gleichen Gegner, überraschte Jürgen Klinsmann mit seiner Aufstellung. Er brachte fünf neue Profis ins Spiel, ließ das kampfstarke Team im eher selten praktizierten 3-5-2-System antreten. Ein kompaktes Mittelfeld stoppte lange die Schalker Angriffe. Und vorn wirbelten zwei Sturmspitzen, die zuvor noch nie zusammenspielt hatten: Pascal Köpke und der 23-Millionen-Euro-Mann Krzysztof Piatek, der noch vor einer Woche für den AC Mailand am Ball war.
Das Team stand kompakt, spielte giftig und endlich auch mutig nach vorn. Der Masterplan schien aufzugehen, denn beide Angreifer trafen und Hertha beherrschte das Duell – bis die Schlussviertelstunde anbrach. Individuelle Fehler (Jarstein, Mittelstädt) und nun äußerst kampfstarke Schalker brachten die Wende. Jordan Torunarigha, der gefoult worden war und danach vor Wut mit einer Getränkekiste warf, bekam die Gelb-Rote Karte.
Hertha BSC muss sich kräftig schütteln
Allerdings hat sein emotionaler Ausbruch eine schlimme Vorgeschichte. Der Deutsch-Nigerianer soll, wie etwa Kapitän Niklas Stark später berichtete, von den Tribünen aus rassistisch beleidigt worden sein. So etwas geht gar nicht!
Hertha BSC muss sich jetzt einmal kräftig schütteln, kann sich nun nach dem Pokal-Aus voll auf den Abstiegskampf konzentrieren. Wenn die Mannschaft am Sonnabend im Olympiastadion gegen Mainz 05 über 90 Minuten die Leistung abruft, die sie im Pokal leider nur 75 Minuten zeigen konnte, sollten drei Punkte in Berlin bleiben und der Sprung ins Mittelfeld der Tabelle gelingen. Das ist - bei allem Drama - im Moment noch wichtiger, als das Weiterkommen im Pokal.


