Kommentar

Fußball-EM: Frauen arbeiten, Männer verdienen

Mit der laufenden Fußball-Europameisterschaft der Frauen wird wieder klar: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit bleibt ein Traum. Dabei gäbe es eine einfache Lösung.

Nationalspielerin Lena Lattwein: Alles gut in der Fußballfinanzwelt?
Nationalspielerin Lena Lattwein: Alles gut in der Fußballfinanzwelt?dpa/Sebastian Golllnow

Männer-Weltmeistermacher Sepp Herberger brachte es mal auf den Punkt: „Der Ball ist rund und das Spiel dauert 90 Minuten.“ Fußball kann eigentlich so schön einfach sein, das Runde muss eben einfach nur ins Eckige. Doch in der Realität ist es dann ja doch immer ein bisschen komplizierter. Ob man als Bundesligaprofi im Durchschnitt 44.000 Euro Jahresgehalt oder 821.000 Euro bekommt, bestimmt nicht das Talent, nicht die Fußballkunst. Sondern das Geschlecht. Und der kapitalistische Markt, Angebot und Nachfrage. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, im Fußball gilt das immer noch nicht.

So begründet zumindest Oliver Bierhoff, selbst Europameister von 1996, unterschiedliche Gehälter zwischen Mann und Frau, Spieler und Spielerin. Angesprochen auf die aktuelle Europameisterschaft der Frauen, sagte er schon Anfang Juni, dass er sich auf diese zwar freue, die unterschiedlichen Prämien für die beiden Nationalmannschaften aber eben der Markt bestimme: „Grundsätzlich ist es natürlich so, dass die Einnahmen und Umsätze bei Damen und Herren ganz andere sind.“ Konkret könnten die Frauen bei einem möglichen Titelgewinn die Rekordprämie von 60.000 Euro einstreichen. Die Profis der Männer hätten im vergangenen Jahr als Europameister aber ganze 360.000 Euro mehr bekommen.

Es ist für die Frauen eine deutliche Verbesserung zum Blümchen-Kaffeeset von 1989 oder zum Münz-Set von 1991. Und grundsätzlich ist die Behauptung, dass sich mehr Menschen für kickende Männer als für kickende Frauen interessieren, ja auch nicht falsch. Gut besuchte Frauenspiele locken knapp 1000 Menschen ins Stadion, allein mehr als 20.000 BVB-Fans (der Männer) fahren zu einem Dortmunder Auswärtsspiel.

Dass der Markt allein nicht über alles bestimmen muss, zeigen andere Verbände. Von den 16 Ländern, die aktuell in England um die Europameisterschaft spielen, zahlt schon jedes zweite für die Frauen gleiche Prämien. Vorbild ist die Frauen-Nationalmannschaft der USA. Die zog bis vor ein US-Bundesgericht, verklagte ihren eigenen Verband wegen Diskriminierung und war erfolgreich. Die Spielerinnen verdienen heute genauso viel wie ihre männlichen – und weitaus erfolgloseren – Kollegen.

Die Lösung ist nah: Streik oder Verzicht

Auch in Deutschland sind die Frauen deutlich erfolgreicher. Als zweifache Weltmeisterinnen und achtfache Europameisterinnen haben sie gleich drei Titel mehr als die Herren. Den Kontinentaltitel haben sie dabei gleich sechsmal in Folge gewonnen.

Doch der DFB und mit ihm Oliver Bierhoff, als Geschäftsführer „Nationalmannschaften und Akademie“ ja eigentlich für Männer und Frauen gleichermaßen verantwortlich, misst Erfolg stets wirtschaftlich, nie sportlich. Als gemeinnütziger Verein müsste der DFB eigentlich nicht mal auf die klassischen Marktgesetze pochen. Rückenwind gibt’s dafür dennoch von Fifa und Uefa: Auch sie verteilen bei Männer- und Frauenturnieren unterschiedliche Prämien, schieben die Schuld auf Sponsoren und Fernsehsender, die beim Frauenfußball weiter knausern. Ein Teufelskreis, aus dem Spielerinnen kaum selbst ausbrechen können.

Vielleicht nicken die deutschen Fußball-Frauen auch deshalb dankbar jede Prämienerhöhung ab, freuen sich über die kleinsten Siege. Man sei ja immerhin „auf einem guten Weg“. Solange man also nicht mehr mit Kaffeekannen abgespeist wird, erscheinen die Gehälter in der Fußballwelt doch gar nicht mal so ungerecht.

Warum  nehmen sie sich nicht die Kolleginnen aus Dänemark zum Vorbild? Die boykottierten vor einigen Jahren selbstbewusst ein Länderspiel gegen die Niederlande, sollte es nicht endlich mehr für die Frauen beziehungsweise gleich viel Kohle für Frauen- und Männer-Team geben. Die Männer boten daraufhin an, auf Teile ihres Gehalts zu verzichten.

Doch diese Art des Arbeitskampfes scheint den deutschen Frauen zu brachial zu sein. Stattdessen versucht es die Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg mit zaghafter Deutlichkeit, regte kürzlich lediglich an, die „Prämien für die Nationalmannschaften der Männer, der Frauen und für die U21 anzugleichen“.

Vielleicht ist das sogar die beste Idee, denn mit feministischen Kampfansagen findet man im patriarchalen System selten Gehör. Männer verzichten einfach auf etwas Zaster, verhelfen den Damen so zu mehr Geld. Schon Philipp Lahm behauptete ja, dass er für die Nationalmannschaft auch „umsonst“ spielen würde. Ob das stimmt, könnte der DFB mit dieser neuen Form der Umverteilung doch mal testen.