Stadtderby

Hertha gegen Union: Für einen Neuköllner ist Köpenick das falsche Berlin

Christian Fährmann spielte für Hertha und für Union. Und hat am Ende Glück gehabt: Er steht wieder im Stadion. Die Geschichte von DJ Ferry, dem Plattenspieler.

Der Plattenspieler: Christian Fährmann im Olympiastadion.
Der Plattenspieler: Christian Fährmann im Olympiastadion.City-Press/Marco Leipold

Er ist aus den Katakomben gestiegen, die er besser kennt als die meisten Trainer hier, dann über den blauen Tartan gelaufen, den es damals noch nicht gab. An Herthinho vorbei, dem Maskottchen, das er wie einen alten Freund begrüßt. Schließlich die Stufen hinauf, die ihm noch schmerzhaft vertraut sind, Treppenläufe zur Strafe.

Jetzt steht er oben vor seinem Pult, zwischen den Planen eines Berliner Radiosenders. Im Rücken das Marathontor, zu seinen Füßen das Feld.

Der beste Platz im Stadion, sagt er.

Dann zieht er den Regler an den Anschlag. Dann ist auf den Tribünen Musik. Und er hat Zeit, den Blick schweifen zu lassen. DJ Ferry, graue Mütze mit dem Hertha-Wappen, er kennt den Rasen genau.

Die Kameraden von einst sind heute Trainer, Fernsehexperten, Fahnenträger

105 Meter lang, 68 Meter breit. Er weiß, wie es ist, dort unten zu stehen. Das Trikot zu tragen, auf die Ränge zu schauen. Frank Zander aus den Kehlen der Kurve. Er weiß, wie es sich anfühlt, die Linie hinunterzuhetzen, das Ding am Ende zu machen. Hertha, wieder Hertha.

DJ Ferry, die Hände an den Knöpfen, er war mal ein anderer hier. In diesem Stadion. Christian Fährmann. Rechte Außenbahn, Nummer 24. Einer der Helden von damals, Aufstieg 1997. Die Älteren erinnern sich noch. Kuttengedächtnis.

Die Kameraden von einst, sie sind heute Trainer, Fernsehexperten, Fahnenträger. Einige sind gänzlich verschwunden, Statistiken in der Chronik. Andere haben den Verein hinter sich gelassen, ihre Abschiede von Schlagzeilen begleitet.

Christian Fährmann aber steht heute wieder hier, neben dem Gästeblock und hört den ersten Jubel des Tages.

Ich bin heute, sagt er, mehr Herthaner als jemals zuvor.

Dabei war auch er lange weg. Und es brauchte den Rausch und den Zufall, vor allem aber die Musik, um diese unwahrscheinliche Rückkehr überhaupt möglich zu machen.

Aber der Reihe nach.

Dort saßen sie dann, mit Fähnchen und Mütze, unter der großen Anzeigetafel

Fährmann, 1975 geboren und in Neukölln aufgewachsen, ist vor dem Olympiastadion groß geworden. Die Großeltern betrieben hier eine der Buden, Familiengeschäft. Bratwurst und Bier. Und weil die 80er trist waren und das Geld immer knapp, half er nach Kräften. Dreikäsehoch, reichte Flaschen über die Theke, kassierte die Münzen dafür. Und durfte im Anschluss zur Belohnung ins Stadion. Mit dem Cousin in den Oberring, dort saßen sie dann, mit Fähnchen und Mütze, unter der großen Anzeigetafel.

Die, sagt er, bestand damals noch aus Glühbirnen. Und war ständig kaputt. Womit das Gesamtbild im Grunde zur Hertha jener Jahre passte: Zweitligaflackern. Aber Fährmann, so ist das als Fan, fantasierte sich trotzdem hinein, das Trikot irgendwann am eigenen Leib.

Er spielte damals, wie fast alle Jungs aus der Gegend, noch für Tasmania. Diesen Verein mit dem traurigen Rekord. Training am Eisstadion, er wechselte aber bald schon zu TeBe, Ringbahn bis Eichkamp. Und wurde dort zum Talent. Ein Name in den Notizblöcken. So kam er tatsächlich zur Hertha. A-Jugend, mit Aussicht auf mehr.

Ich war ein absoluter Arbeiter, sagt Fährmann heute, wenn er an sich selbst als jungen Mann denken soll. Mit dem Kopf durch die Wand, das Trikot immer ein bisschen zu groß. Ich war schnell und ich konnte aus vollem Lauf flanken. Aber nur mit rechts. Er lacht. Junge, Junge. So lange her.

Wenn er sich heute an damals erinnert, an die ersten Spiele für die erste Mannschaft, gerät Christian Fährmann unmittelbar ins Schwärmen. Dann erzählt er von Jürgen Röber. Dem Trainer, der ihm erst seinen Spitznamen verpasst, kurz und griffig, und ihn später immer wieder zur Seite genommen hatte. Väterliche Ratschläge. Ferry, du hast Talent. Aber du musst mehr machen. Ferry, du kannst das schaffen. Aber du musst fleißig sein.

Die Jugend, eine prägende Zeit. Am Ende, Mai 1997, stand der Aufstieg mit Hertha.

Mein Traum als Kind war es immer, sagt Fährmann, dass ich ein Bundesligaspiel für diesen Verein mache. Es wurden 15. Mehr nicht.

Hertha hatte sich schneller entwickelt als Christian Fährmann

Denn gleich nach dem Klassenerhalt war Schluss. Weil der Verein neue Ziele formulierte, Europa am Horizont. Und dafür auch neue Spieler holte. Gestandene Profis, unmittelbare Konkurrenz.

Hertha BSC hatte sich schneller entwickelt als Christian Fährmann. Und Jürgen Röber riet ihm, den Verein zu wechseln, es noch mal woanders zu versuchen. Ferry, du hast Potenzial. Aber du musst spielen. Also unterschrieb er in Karlsruhe. Beim Sportclub, der gerade aus der Bundesliga abgestiegen war. Ein Betriebsunfall. Und es war, als hätte sein Fußball eine erste Schramme bekommen. Gut, dass es mehr gab als nur das Spiel.

Manchmal fühlte er sich, als wäre die innere Nadel aus der Rille gesprungen.privat
Manchmal fühlte er sich, als wäre die innere Nadel aus der Rille gesprungen.privatChristian Fährmann

Christian Fährmann, er hatte in dieser Zeit längst auch die Musik für sich entdeckt. In den Clubs der Stadt, durch die er gerne zog. Die Nacht faszinierte ihn, die Musik nahm ihn an die Hand. Und er hatte genug Zeit, sie besser kennenzulernen.

Man darf nicht vergessen, sagt Fährmann, das war nicht so wie heute. Wir haben nur zwei Stunden am Tag trainiert. Und ich habe mich immer gefragt, was ich mit den anderen 22 anfangen soll.

Er hat sie mit Sound gefüllt, in den Plattenläden der Stadt verbracht.

Dann hing er bei Freunden ab, die schon weiter waren. Erfolgreiche DJs, verschwitzte Prediger. Und wollte sein wie sie, selbst richtig auflegen. Nadeln aus Diamant auf schwarzem Plastik. 1996, er war gerade Profi bei Hertha geworden, konnte sich Fährmann sein erstes Equipment leisten, die Platten dazu. 23 Mark für jede LP. Dr. Dre, NWA, 2 Life Crew. Teures Zeug, echte Schätze. Und im Winter, wenn der Fußball Pause hatte, ist er mit leeren Taschen nach New York geflogen. Noch heute besitzt er etwa 15.000 Platten. Die Musik, sagt er, lief immer parallel zum Fußball. Das war meine andere große Leidenschaft.

Und vielleicht ist es gar nicht schlecht, wenn sich jemand, der immer nur mit rechts flanken konnte, noch ein zweites Standbein aufbaut.

Ballack spielte Champions League, Fährmann spielte 2 Life Crew

Christian Fährmann jedenfalls, so muss man sich das vorstellen, saß dann auf dem Boden seiner kleinen Wohnung in Neukölln, draußen der Lärm der Flughafenstraße, auf den Kopfhörern die Beats der Westküste, und hat geübt. Stundenlang.

Die Turntable von Pioneer, der Mixer von Vestax in Gold. Bis er das wirklich konnte, von einem Track in den nächsten. Bis er das alles beherrschte. Dann war er im Einklang. Mit sich und der Stadt. Draußen Neukölln, er gehörte hierher.

Der Wechsel nach Karlsruhe, der Umzug von Berlin nach Baden, war deshalb auch der härteste Übergang. Plötzlich so weit weg von Zuhause. Als wäre die innere Nadel aus der Rille gesprungen. Nur die Musik, sagt er, hat mich immer begleitet.

Auch, weil er sie bald teilen konnte. Mit einem Freund, den er noch aus der U21 kannte und der zu jener Zeit bereits als eine der größten Hoffnungen des deutschen Fußballs galt. Michael Ballack, ein Jahr jünger als Fährmann, spielte 128 Kilometer vom Karlsruher Wildpark entfernt in Kaiserslautern, und hatte sich unter Otto Rehhagel gerade einen Stammplatz erkämpft.

So lagen eigentlich Welten zwischen den beiden.

Aber, sagt Fährmann, er hat die gleiche Musik gehört. Meine Musik.

Ballack spielte Champions League, Fährmann spielte 2 Life Crew. Das reichte.

Und weil sie dort im Süden nicht so weggehen konnten wie sonst in Berlin, haben sie eben viel zu Hause gemacht. Fährmann, das erzählt er mit Stolz, hatte sich in seiner neuen Wohnung bald ein Musikzimmer eingerichtet, die Plattenspieler prominent im Raum, die Platten bis unter die Decke. Das, sagt er, sah aus wie in einem Studio. Und da habe ich dann Musik gemacht. Vertraute Spuren gegen das Heimweh.

Fährmann und Ballack, so verbrachten sie ihre Nachmittage. Und manchmal auch die Abende, bis hinein in die Nacht. Ich habe da, sagt Fährmann, sicher jeden Tag vier, fünf Stunden aufgelegt. Geübt und geübt. Also teilweise mehr Musik trainiert als Fußball.

Mit Karlsruhe allerdings verpasste er zuerst den Wiederaufstieg und im Jahr darauf sogar den Klassenerhalt. Regionalliga, der Super-GAU nach dem Betriebsunfall.

Danach, sagt Fährmann, wollte ich unbedingt zurück nach Berlin.

Köpenick, das war für ihn, den Neuköllner, dann doch das falsche Berlin

So ging er zum 1. FC Union, der Beginn einer bleiernen Zeit. Denn hier kam er nie richtig an. Georgi Wassilew, ein scharfkantiger Bulgare, der nicht ohne Grund den Beinamen General trug, setzte auf andere Spieler. Zwischendurch wurde Fährmann nach Düsseldorf verliehen. Ein großes Missverständnis, an dessen Ende sich Verein und Spieler vor Gericht wiedertrafen.

Das, sagt er heute, war eine unglückliche Verbindung. Köpenick, das war für ihn, den Neuköllner, dann doch das falsche Berlin. Weit weg vom Imbiss der Oma, weit weg vom Marathontor. Dort, sagt er, habe ich die Lust verloren. Dann erstmal gar nichts gemacht und von meinen Reserven gelebt.

Um sich fit zu halten, ging er wieder zu Tasmania. Einheiten am Eisstadion. Trainer dort war Axel Kruse, sein ehemaliger Mitspieler. Sie waren gemeinsam aufgestiegen, nun wohnten sie auch zusammen. Alte Bande. Trotzdem der Tiefpunkt.

Fährmann, der sich heute als Zweitligaspieler bezeichnet, hat seine Karriere schließlich in der Oberliga zu Ende gebracht. Beim Halleschen FC.

Das, sagt Fährmann, waren noch mal super Jahre. Zu den Heimspielen kamen 10.000 Zuschauer. Und beim Ostderby gegen Magdeburg war das Stadion ausverkauft. Da, sagt er, hat die Hütte gebrannt. Nach seiner ersten Saison wählten ihn die Fans zum Spieler des Jahres. Ich war da Publikumsliebling, sagt er, weil ich immer alles reingeworfen, mich selbst nicht geschont habe. Das war ja mein Spiel. Immer ganz oder gar nicht.

So hat er weitergemacht, bis es nicht weiterging. Dann war Schluss. Mit 34. Plötzlich die große Leere.

Kein übler Arbeitsplatz, oder? Bald wird DJ Ferry im Olympiastadion die Regler an den Anschlag ziehen. privat
Kein übler Arbeitsplatz, oder? Bald wird DJ Ferry im Olympiastadion die Regler an den Anschlag ziehen. privatChristian Fährmann

Fährmann hat dann erstmal Zeit von der Uhr genommen

Fußballer, so hat es der Philosoph Gunter Gebauer einmal gesagt, sind die einzigen Menschen, die wissen, wie es ist zu sterben und danach weiterleben zu müssen. Gemeint war die Karriere nach der Karriere, wenn aus Unsterblichen plötzlich Untote werden.

Diese Phase, sagt Fährmann heute, hatte ich auch. Dieses Irrlichtern.

Wie geht es weiter? Was mache ich jetzt? Welches Leben möchte ich führen?

Die Fragen standen im Raum, dröhnten im Kopf. Das, sagt er, war eine riesengroße Identitätskrise.

Fährmann, so heißt es ja im Fußball, hat dann erstmal Zeit von der Uhr genommen.

Rumgesessen, bis die Rücklagen aufgebraucht waren, vom Fußball nicht viel übrig war. Und schließlich, aus Notwehr fast, eine Ausbildung angefangen. Versicherungsfachmann, tatsächlich abgeschlossen. Aber, sagt er, da habe ich mich nicht wiedererkannt. Versicherungen, dafür muss man der Typ sein. So mit Krawatte.

Ein Freund, den er zufällig traf, fasste die Lage treffend zusammen. Ferry, sagte er, selbst ein erfolgreicher Vertragsabschluss wird dich niemals so glücklich machen wie ein erfolgreicher Torabschluss.

Ein geiler Spruch, Gänsehautmoment. Denn der Freund hatte recht. Etwas fehlte. Das Adrenalin, der Beifall nach dem Tor. Die Ehrenrunde nach dem Sieg. Die Kurve im Rücken, der nächste Gegner vor der Brust. Finanzbranche, sagt Fährmann, da fehlte der Kick.

In der Musik allerdings entstehen solche Momente, mit erhobenen Händen am Pult. Der Jubel der Leute, wenn der Bass wieder einsetzt, dieses Wechselspiel zwischen Mensch und Masse. Die Tanzfläche als Kurve zu ebener Erde. Man kann ein Star sein dort oben, Mittelpunkt wieder. Der gemeinsame Rausch. Also zog es ihn zurück in die Nacht.

Ich bin dann, sagt er, viel weggegangen. Was ja schon klingt, als wäre er auf der Flucht gewesen. Dabei war er vor allem auf der Suche.

Jetzt war er wirklich DJ

Ich wollte einfach sehen, sagt er, wo ich mich wiederfinde. Wo ich vielleicht hingehöre. Und ich bin ja auch feiern gegangen, um in die Szene reinzukommen. In die Läden, wieder zu den Leuten mit den Platten. Die Musik immer im Hinterkopf.

So, sagt er, bin ich dann rumgewandert. Grandios hinein in den Bass. Der Abschuss, in den schlimmsten Kaschemmen. Wo, man kennt das ja, nach Techno immer gleich Dienstag ist. Erst das Bier, dann der Rest. Mittel zur Betäubung. Der echte Exzess.

Das war, sagt er, eine kurze, harte Phase, in der ich oft auch extrem traurig war. Wieder diese Existenzängste hatte. Der Kater nach dem Rausch.

Sich selbst verlieren, die noch immer schlimmste Niederlage. Am Ende, ziemlich kaputtgefeiert auch, saß Fährmann volltrunken am Steuer und musste seinen Führerschein abgeben. Das war ein Hilferuf, sagt er heute. Ich wollte erwischt werden.

Aber er hatte in dieser Zeit auch einen Weg hineingefunden, einen Weg zu sich selbst. Weil am Ausgang dieses sehr langen Tunnels tatsächlich noch mal ein anderes Leben lag. Die Karriere nach der Karriere.

Christian Fährmann hatte seine Chance genutzt. In einem der Clubs, in denen er oft genug selbst gewesen war. An einem Abend, an dem der eigentliche DJ, seit Jahren schon Stammkraft, zu lange in den Waschräumen war, wieder mal die Nase voll hatte. Von da an spielte er dort. Hatte sich mal wieder hineingearbeitet. Er war jetzt wirklich DJ.

Wenig später, Fährmann sollte auf der Hochzeit eines Freundes ein paar Klassiker spielen, lernte er seine spätere Frau kennen. Sie haben heute eine gemeinsame Tochter. Er hat seit fünf Jahren keinen Alkohol getrunken.

Und schließlich, es klingt fast kitschig, trat auch die alte Dame wieder in sein Leben. Da bekam er einen Anruf aus dem Westend.

Hertha war in jenen Tagen mal wieder dabei, sich zu erneuern. Renovierungsarbeiten am Image. Weshalb auch die VIP-Bereiche zusammen mit einem Vermarkter anders gedacht werden sollten, moderner. Ohne aber die Vergangenheit zu verleugnen. Der alte Spagat. Und deshalb, sagt Fährmann, mischte da auch einer von früher mit. Ein ehemaliger Mitspieler. Ein Freund auch. Andreas Neuendorf, den die Fans seit Jahren nur Zecke nennen, als hätte er der halben Stadt das Du angeboten.

Zum Blinddate mit der alten Liebe fuhr Fährmann wie zum Vorstellungsgespräch

Dieser Neuendorf jedenfalls hatte im Trikot der Hertha einmal ein sehr wichtiges Tor gegen den FC Bayern erzielt und war später eine Art Maskottchen geworden. Für das Westberlin, aus dem er stammte. Currywurst und Kodderschnauze, Harald Juhnke und Frank Zander. Nur nach Hause geh’n wir nicht. Nun sollte er Türen öffnen, lässig Kontakte herstellen. Und irgendwann fragten ihn die Leute vom Vermarkter, ob er nicht jemanden kennen würde. Einen guten DJ. Für die neue Lounge. Und Zecke, Ehrensache, kannte da einen. Nicht nur DJ, sondern auch Ex-Profi. Faust aufs Auge, Arsch auf Eimer. Der, sagte er, kann das wirklich.

Zecke und Ferry, Berliner Jungs, sie hatten gemeinsam auf dem Platz gestanden. Und den Kontakt über all die Jahre nie abreißen lassen.

Zum ersten Treffen, diesem Blinddate mit der alten Liebe, ist Fährmann wie zum Vorstellungsgespräch gefahren. Im schicken Hemd, ein Buch unterm Arm. So übertrieben förmlich, als hätte er den Versicherungskaufmann noch einmal aus dem Schrank geholt.

Zecke kam sportlich, in Jogginghose. Und erzählte die alten Geschichten. Jene, die es nie in die Zeitung geschafft hatten. Räuberpistolen, Fehltritte. Da, sagt Fährmann, wollte ich unter dem Tisch verschwinden. Aber Neuendorf lachte. Und die Vermarkter lachten auch. Am Ende dieses Treffens war Fährmann wieder Herthaner.

Ich habe das große Glück, sagt er jetzt noch, dass ich mein Hobby gleich zweimal zum Beruf machen konnte. Das sagt mir meine Frau, das sagt mir jeder. Ich durfte erst mit dem Fußball und dann mit der Musik Geld verdienen. Das ist schon irre.

Und so wird DJ Ferry, der Mann, der bei Hertha einst Christian Fährmann war, an diesem Samstag wieder dort oben stehen. Im Derby gegen Union. Zu seinen Füßen der Rasen, den er so gut kennt. Hinten die Kurve, in der er selbst gesessen hat.

Und er wird, 25 Jahre nach dem Aufstieg, wieder vor 75.000 Menschen spielen. In seinem Stadion. Zu Hause.

Dieser Text ist in der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung erschienen – jeden Sonnabend am Kiosk oder hier im Abo.