So recht wusste man nicht, ob Felix Magath diese Aussage ernst gemeint hatte. Der Trainer von Hertha BSC ist ja schließlich durchaus für einen gewissen Wortwitz bekannt. Als er vor nun anderthalb Wochen nach dem 1:1 bei Arminia Bielefeld tatsächlich davon sprach, dass er sich noch immer eine Relegation gegen den Hamburger SV vorstellen könne, klang das eher nach einem Spaß, den sich Magath da mit dem Fragesteller auf der Pressekonferenz erlaubte. Um ein Haar hätte Hertha BSC dieses Spiel bei der Arminia ja gewonnen, wirkte auch bei den beiden Siegen zuvor in Augsburg sowie daheim gegen den VfB Stuttgart gefestigt und auf dem besten Weg zum Klassenerhalt.
Nach 2:2 des VfB Stuttgart: Psychologie im Abstiegskampf hat sich verändert
Ja, den ersten Matchball hatte die Mannschaft in Bielefeld vergeben, aber es gab doch noch zwei weitere Möglichkeiten und parallel muss doch schließlich auch erst einmal die Konkurrenz punkten. Vier Punkte Vorsprung auf den VfB und gar sechs auf Bielefeld wirkten bei noch zwei ausstehenden Spielen auf Fans und sicher auch die Mannschaft beruhigend – man hatte ja alles in der eigenen Hand. Daran hat sich nach dem vorletzten Spieltag der Saison nichts geändert: Der direkte Abstieg konnte bereits vermieden, der Vorsprung auf den VfB Stuttgart immerhin bei drei Zählern gehalten werden. Weiterhin gilt: Mit einem Punktgewinn im letzten Saisonspiel ist der Klassenerhalt gesichert. Aber: Das 2:2 der Schwaben beim FC Bayern München hat in der Psychologie des Abstiegskampfs noch einmal etwas verändert.
Der Druck, nach nun zwei vergebenen Matchbällen auch den dritten am Sonnabend in Dortmund nicht zu nutzen, ist für Hertha BSC deutlich größer, als der für den VfB Stuttgart im Heimspiel gegen den 1. FC Köln. „Wir haben einen Schritt gemacht gegen eine mögliche Relegation in einen möglichen fixen Klassenerhalt. Wenn irgendjemand so ein Ding schaffen kann, dann wir. Denn wir sind so eine gefühlte Wundertüte“, sagte ein euphorisierter Sasa Kalajdzic. Der Stuttgarter Stürmer und seine Teamkollegen haben sich durch den überraschenden Punktgewinn beim deutschen Meister eine Chance auf den Klassenerhalt erspielt, während Hertha BSC bereits zwei vergeben hat.
Ohne das Ergebnis der Stuttgarter abzuwarten, hatte Magath seiner Mannschaft nach dem 1:2 gegen Mainz die in Aussicht gestellten drei freien Tage gestrichen und stattdessen eine intensive Vorbereitung auf das Spiel gegen Dortmund angesetzt. „Ich habe keine Ahnung, wie Sie Fußball beurteilen. Wir spielen gegen den Tabellenzweiten, wir sind Tabellenfünfzehnter“, hatte der 68-Jährige nun nach der Partie gegen Mainz auf eine Frage eines Journalisten zu den Aussichten im Spiel gegen die Borussia etwas schroff geantwortet. Und damit die eigenen Chancen auf einen neuerlichen Coup, wie den am letzten Spieltag der Hinrunde, als Hertha überraschend 3:2 gewann, kleingeredet.
Mit weniger Ahnung vom Fußball als er und dieser Logik des Hertha-Trainers folgend, hätte man allerdings auch davon ausgehen müssen, dass der VfB Stuttgart als Tabellensechzehnter im Duell beim Tabellenersten noch weniger Chancen haben würde. Dass die Schwaben dennoch einen Punkt holten, lag sicher nicht daran, dass der FC Bayern bereits als deutscher Meister feststand, sondern sie sich mit einer couragierten Leistung gegen den Abstieg stemmten. „Wenn wir drei Punkte holen, muss Hertha auch punkten gegen Dortmund“, sagte Pellegrino Matarazzo zur veränderten Ausgangslage.
Köln fängt Bremen ab, Bremen überholt Düsseldorf
Der Stuttgarter Trainer und erst recht Felix Magath wissen ganz genau, dass der Kampf um den Klassenerhalt zu großen Teilen in den Köpfen ihrer Spieler entschieden wird. Beispiele, dass das Team in der vermeintlich besseren Ausgangssituation am Ende noch enttäuscht den Platz und in manchen Fällen auch direkt die Bundesliga verließ, gab es zuletzt fast in jedem Jahr. Vergangene Saison verlor der SV Werder Bremen am letzten Spieltag nicht nur gegen Mönchengladbach, sondern wurde vom 1. FC Köln, der Schalke geschlagen hatte, noch vom Relegationsplatz verdrängt und musste direkt absteigen. Nur ein Jahr zuvor war Bremen im Fernduell mit Düsseldorf selbst solch ein Tausch in der Abschlusstabelle und später in der Relegation der Klassenerhalt gelungen.


