Soll es um Fußball gehen, spreche ich gerne mit meiner Tochter. Mit der jüngeren. Die ältere ist schon ausgezogen, war an Fußball ohnehin nie sehr interessiert. Das ist so geblieben, auch wenn Manuel Neuer immer noch mitspielt; den mag sie.
Meine jüngere Tochter und ich reden vor allem dann, wenn wir zusammen Bundesliga schauen. Dank eines Freundes von ihr haben wir zu Hause Sky oder Wow oder wie das gerade heißt. Die Fußballbeziehung begann, als der Freund unseren neuen Fernseher sah. Wir hatten uns vor anderthalb Jahren ein Modell mit einem nicht ganz so kleinen Bildschirm angeschafft. Wegen der Tierdokus auf Arte.
Nachdem der Freund den Fernseher gesehen hatte, fragte er eines Tages, ob wir denn Dortmund gegen Bayern sehen wollten. Bei uns. Meine Tochter und ich sind Freunde des Dortmunder Spiels. Natürlich wollten wir. Und natürlich interessiert uns auch die Nationalmannschaft.
Als meine Tochter und ich uns über den aktuellen Kader unterhielten, war schnell klar, dass wir leicht unzufrieden sind mit Bundestrainer Hansi Flick. Auf unserer Nominierungsliste standen fraglos Marco Reus und Mats Hummels.
Okay, Reus eher aus Empathie. Ein bisschen Glück hätte er schon verdient. Mit Katar verpasst der unfassbar begnadete Fußballer das vierte große Turnier. Er mag auch jetzt nicht topfit sein, aber er hätte es verdient gehabt. In einem Kader mit 26 Spielern wäre sicher Platz gewesen. Schließlich hat man Podolski 2014 auch nicht als Leistungsträger, sondern als Gute-Laune-Bär mitgenommen. Dafür taugt Reus zwar nicht, aber darüber, wie man mit Rückschlägen umgeht und nie die Zuversicht verliert, könnte er einiges sagen. Meine Tochter hält ihn für einen guten Teamplayer. Sie sagt: „Wenn er spielt, spielt er gut.“
Reus und Hummels: Zum Niederknien schöner Fußball
Für Reus gilt wie für Hummels: Wenn sie gut drauf sind, spielen sie zum Niederknien schönen Fußball. Keiner grätscht so cool, so elegant, so entschlossen den Stürmern den Ball weg wie Hummels, heute noch. Das sieht sogar in Zeitlupe gut aus. Die Frage, was Hummels kann, beantwortete die Süddeutsche Zeitung mal mit zwei Wörtern: den Beckenbauer. „Zuckerpässe“ sagte man früher dazu. 60 Meter und das Ziel ist bierdeckelgroß. „Hummels hat das Köpfchen“, sagt meine Tochter.
Für sie ist es allerdings entscheidender, dass Jude Bellingham in Katar dabei ist. Natürlich spielt er auch für Dortmund, leider nicht für Deutschland. Reus und Hummels gehören für sie eher in die Seniorenabteilung. Der Engländer ist ihre Altersklasse. „Da kann man noch träumen.“


