Sie hatten sich schon in den riesigen Hallen der Central Station in Sydney wirklich Mühe gegeben, den „Matildas“ den Weg zu weisen. Überall zeigten mit grünen und gelben Luftballons behangene Ständer, wie die Menschenmassen am besten in den doppelstöckigen Zügen zum Olympic Park kommen. Das hat mal wieder beim Transport von 75.784 Fußballfans bestens geklappt, und irgendwie wirken auch die australische Fußballerinnen mittlerweile wie ein vom halben Volk angeschobener Zug, der gar nicht mehr aufzuhalten ist: Der Gastgeber spielte beim 2:0-Sieg im Achtelfinale der Weltmeisterschaft gegen Dänemark effizient wie ein Titelanwärter. Ein Limit muss es für dieses energetische Ensemble nicht mehr geben.
Lautes Gebrüll bei der Einwechslung von Sam Kerr
„Ich bin sehr stolz auf die Mentalität meiner Mannschaft“, sagte Trainer Tony Gustafsson. Seine taktisch bestens eingestellten Spielerinnen landeten einen hochverdienten Sieg gegen den ersten Gegner Deutschlands in der neuen Nations League. Nicht nur die wunderbar herauskombinierten Tore von Caitlin Foord (29.) und Hayley Raso (70.) sorgten im riesigen Australia Stadium für Hochstimmung, sondern mit einem noch lauteren Gebrüll wurde die Einwechslung von Sam Kerr bedacht, die mit einem breiten Lächeln aufs Spielfeld lief (80.). Ein Ausrutscher der gerade von ihrer Wadenverletzung genesenen Starstürmerin kurz vor Schluss sollte keine größere Sache sein.
Kerrs Comeback war logischerweise ein größeres Thema für Gustafsson, der sehr wohl vernommen hat, dass sich die Mitspielerinnen von ihrer Kapitänin emanzipiert haben. „Alle wissen, wie sehr ich Sam schätze, aber es ist toll, wie das Team ohne sie funktioniert. Jetzt kann sie für uns die Kirsche auf der Torte sein.“ Diesen Begriff suchte der Schwede auf Englisch verlegen grinsend in der australischen Reporterschar.
Die fast drei Wochen ausgefallene 29-Jährige eröffnet noch mehr Optionen fürs Viertelfinale in Brisbane, wenn es gegen Frankreich oder Marokko geht. In dieser Form sind die „Matildas“ fast gegen jeden Gegner der Favorit: Vorne spielen sie voller Power, hinten verteidigen sie mit vollem Fokus. „Wir haben kollektiv unsere Aufgabe erledigt", lobte Gustafsson, „und wir hatten brillante Momente.“
Etwa beim Führungstreffer von Foord, die erst am Vortag betont hatte, wie viel ihr dieses Heimspiel bedeute. Die 28-Jährige wuchs in Wollongong kaum zwei Autostunden südlich von Sydney auf. Mit zarten 16 Jahren schrieb die Stürmerin vom FC Arsenal einst bei der WM 2011 in Deutschland als beste und jüngste Nachwuchsspielerin schon Geschichte. Bei ihrem WM-Debüt spielte sie erfolgreich Sonderbewacherin gegen Brasiliens Superstar Marta. Ihr ist von den Gruppenspielen in Mönchengladbach, Bochum und Leverkusen noch in Erinnerung, wie gut besucht damals jene WM war. In Deutschland habe sie erstmals gemerkt, „wie groß der Frauenfußball sein kann. Dieses Turnier war eine besondere Inspiration für mich.“ Nun sagte sie: „Wir spüren, dass das ganze Land hinter uns steht. Das wollen wir den Menschen zurückgeben.“
Als mehrfach die Wiederholung des 1:0 über die großen Videowände flimmerte, jauchzte das Publikum jedes Mal aufs Neue, weil die Kugel der dänischen Torhüterin Lene Christensen durch die Beine rutschte. Viel eher wäre eigentlich der Traumpass von Mary Fowler zu bestaunen gewesen: Die bei Manchester City spielende 20-Jährige ist mit ihrer Kreativität fast einmalig. Wer ein so feines Füßchen hat, darf ruhig auch Handschuhe tragen.


