Derby-Sieg von Union Berlin

Dominanz in Rot: Urs Fischer ist einfach der beste Trainer der Bundesliga

Er coacht die Eisernen zum dritten Sieg in Serie gegen Hertha. Fischer ist bescheiden, mag es nicht hören, aber es stimmt: Für Union ist er die Siegesgarantie.

Urs Fischer vor den Fans nach dem Sieg gegen Hertha am 9. April 2022.
Urs Fischer vor den Fans nach dem Sieg gegen Hertha am 9. April 2022.imago

Uns ist bewusst, dass er das nicht mag. Dass er sich immer noch nicht daran gewöhnt hat. Überall diese Fotos von ihm. Überall diese Lobhudeleien. Das ist ihm zu viel des Guten, das macht ihn immer noch verlegen. Aber der Triumph im Stadtderby, und als nichts anderes lässt sich dieses 4:1 des 1. FC Union Berlin im Olympiastadion über Hertha BSC bezeichnen, lässt keinen anderen Schluss zu: Urs Fischer, der Trainer der Eisernen, ist tatsächlich der beste Trainer der Bundesliga, wie schon Steffen Baumgart, der Übungsleiter des 1. FC Köln, neulich mit folgenden Worten konstatierte: „Er weiß genau, was er machen muss. Er wird nicht unruhig, wenn es mal schwieriger wird. Er hat für jeden Gegner einen Plan. Er reagiert auf alles. Urs ist für mich nicht umsonst der beste Trainer, den es gibt.“

Ja, Fischer weiß genau, was er machen muss und er hat für jeden Gegner einen Plan. So berichtete Kapitän Christopher Trimmel am Sonnabend im Nachgang der Partie von einem Matchplan, der komplett aufgegangen sei. Fischer hatte die Außenverteidigerpositionen der Charlottenburger als Schwachpunkte im System von Hertha-Feuerwehrmann Felix Magath ausgemacht, setzte dabei auf die Spielstärke von Niko Gießelmann und auf die Erfahrung und die Willensstärke von dem eben bereits erwähnten Trimmel. Letztgenannter brachte als 35-Jähriger schließlich das Kunststück fertig, im Duell mit dem 18 Jahre alten Julian Eitschberger wie der Jüngere auszusehen.

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Zudem hatte Fischer seinen Spielern verordnet, immer wieder zügig das Spiel von der einen Seite auf die andere zu verlagern beziehungsweise von der ersten Sekunde an die neu formierte Defensive der Gastgeber unter Druck zu setzen. Ein blau-weißes Chaos war einerseits die Folge, andererseits eine Dominanz in Rot, wie man sie so nicht erwartet hatte.

Magath sah sich schon in der Halbzeitpause zu tiefgreifenden Korrekturen gezwungen, flüchtete sich nach Schlusspfiff in mehreren Interviews wiederum in eine Wahrheit, die ihn selbst ein bisschen in Schutz nehmen sollte, aber für die Anhänger seines Arbeitgebers die wohl bitterste ist. Sie lautet: Die Eisernen sind so gut, dass die Hertha gegen den liebsten Feind derzeit einfach keine Chance hat. Oder: Union hat trotz der weitaus geringeren Finanzkraft dank Fischer die bessere Mannschaft und die besseren Spieler als der taumelnde Möchtegern-Großklub aus dem Westen der Stadt. Oder, um es über Magaths Einlassung hinweg auf eine andere Ebene zu heben: Kein anderer Trainer hat in den vergangenen Jahren in der Bundesliga aus so wenig so viel gemacht wie der 56 Jahre alte Eidgenosse.

Fischer lächelt, um ein paar Sekunden Bedenkzeit zu gewinnen

Aus dieser Wahrheit ergibt sich für den 1. FC Union eine zweischneidige Erkenntnis. Zum einen ist der Vertrag mit Fischer für den Klub der Garantieschein für eine erfolgreiche Zukunft, eine Zukunft, die aller Voraussicht nach eine Teilnahme an einem europäischen Wettbewerb mit sich bringen wird. Zum anderen scheint das sportliche Wohl und Wehe der Köpenicker auch in einer direkten Abhängigkeit zu Fischer zu stehen.

Bei Sky wurde der Schweizer am Sonnabend demzufolge auch gleich mal nach einer möglichen Vertragsverlängerung gefragt. Sein Kontrakt endet nämlich im Sommer kommenden Jahres. Fischer lächelte zunächst, auch um ein paar Sekunden Bedenkzeit zu gewinnen. Schließlich sagte er: „Das hat noch Zeit. Urs Fischer hat ja einen Vertrag.“ Typisch Fischer, wenngleich er wohl zum ersten Mal in seiner Zeit als Trainer des 1. FC Union in dritter Person über sich sprach.