Weltmeisterschaft

Das kolumbianische Wunderkind verzaubert die Welt

Was die 18-jährige Linda Caicedo mit dem Ball anstellt, belegt die Fortschritte des deutschen Gruppengegners Kolumbien.

Linda Caicedo mit der Nummer 18 ist mit dem Ball am Fuß nahezu nicht zu stoppen.
Linda Caicedo mit der Nummer 18 ist mit dem Ball am Fuß nahezu nicht zu stoppen.Isabel Infantes/Shutterstock/imago

War das bereits der Anfang von etwas ganz Großem? Fröhlich tanzend zu den lauten Klängen südamerikanischer Musik und mittendrin strahlend stand sie im Football Stadium von Sydney: Linda Caicedo. Was Kolumbiens Wunderkind bei ihrem ersten Auftritt auf der Weltbühne vollbrachte, übertraf die kühnsten Erwartungen.

So war die 18-Jährige entscheidend am verdienten 2:0-Erfolg gegen Südkorea beteiligt, jede Ballannahme geriet zur Augenweide. Caicedo, mit 15 an Krebs erkrankt, gab Deutschlands nächstem Gruppengegner Struktur und Kreativität, zog das Spiel an sich und war letztlich fast nur mit Fouls zu stoppen.

Im vergangenen Jahr lief sie sowohl für die U20- und U17-Auswahl, wo sie Vizeweltmeisterin und zweitbeste Spielerin des Turniers wurde, als auch im A-Nationalteam auf. Eine Vielspielerin mit unfassbar viel Talent.

Bereits bei der Copa América im eigenen Land rückte sie als herausragende Fußballerin in den Blickpunkt, als das Finale 0:1 gegen Brasilien verloren ging. Sie spielte so gut, dass ihr auch schon Staatspräsident Gustavo Petro die Hand schüttelte. Ihren Arbeitgeber Real Madrid wird es freuen, dass sie im Februar einen langfristigen Vertrag bis 2027 unterschrieben hat.

Auch wenn noch nicht jedes Dribbling gelang oder jeder Pass saß: Das australische Publikum wurde zur Mittagszeit immer dann lauter, sobald die filigrane Caicedo an den Ball kam. „Ich bin sehr glücklich“, erklärte die zur „Spielerin des Spiels“ gewählte Nummer 18 Kolumbiens: „Die Erfahrungen bei einer WM sind unbezahlbar. Ich versuche, alle Momente aufzusaugen, alles zu genießen.“

Peinliche Posse um Cheftrainer Nelson Abadia

Eine peinliche Posse hingegen, dass ihr Cheftrainer Nelson Abadia auch gegen Deutschland nicht an der Seitenlinie stehen kann. Sein Verband hatte vergessen, gegen seine Sperre nach einer Roten Karte im Finale der Copa América Berufung einzulegen. So verbüßt Abadia seine Strafe nicht in Testspielen, sondern bei der WM. Co-Trainer Angelo Marsiglia ersetzte ihn an der Seitenlinie, Nelson Abadias Sohn sowie zweiter Assistent Manuel Abadia während der Pressekonferenz: „Linda ist eine außergewöhnliche Spielerin, sie entwickelt sich täglich weiter und bringt Freude zu all denjenigen, die Fußball mögen. Linda hat uns heute einen Bonus gegeben, sie ist nicht von diesem Planeten.“ Kolumbiens Taktik: den kreativen Köpfen die nötigen offensiven Freiheiten zu geben.

Mit verschränkten Armen musste Südkoreas Cheftrainer Colin Bell, 2015 als Trainer des damaligen 1. FFC Frankfurt Gewinner der Champions League, mit ansehen, wie Kolumbiens Rekordnationalspielerin Catalina Usme einen nicht unumstrittenen Handelfmeter zur Führung verwandelte (30.) und Kolumbien seinem Team in Folge den Schneid abkaufte. Nach einem Patzer von Keeperin Yoon Younggeul, der die Kugel durch die Hände flutschte, landete Caicedos Schuss zum 2:0 im Netz (39.). Der konsternierte Bell konnte da nur noch den Kopf schütteln.

Kolumbien wirkte gefestigter als bei der WM 2015, als das Team auf Kunstrasen in Kanada im Achtelfinale am späteren Weltmeister USA scheiterte. Die Südamerikanerinnen hatten es bei der Überlegenheit gar nicht nötig, ihre gefürchtete Härte einzusetzen. Abadia erwartet nun ein „enges Spiel“ gegen den Favoriten Deutschland: „Deutschland war stark gegen Marokko. Aber auch wir können einiges bieten. Wir hoffen, wieder gefährlich werden zu können.“ Mit Linda Caicedo ist das nicht unwahrscheinlich.