Tag des Laufens

Cool, cooler, Pre-Cooling: Deborah Schöneborns Tipps zum Laufen bei großer Hitze

Die Athletin aus Berlin hat den Olympia-Marathon bei 33 Grad Celsius absolviert – und sich ausführlich mit der Abkühlung bei Läufen beschäftigt.

Deborah Schöneborn vom Marathon-Team Berlin kommt ins Ziel.
Deborah Schöneborn vom Marathon-Team Berlin kommt ins Ziel.Andreas Gora/dpa

Deborah Schöneborn sitzt während des Telefonats auf dem Spinning-Rad am Berliner Olympiastützpunkt. Sie weiß sofort, welches Rennen ihr heißestes war. Olympia 2021, Sapporo, 33 Grad Celsius, „ein Tag, an dem man gar nicht vor die Tür gehen will“. Die Marathonrennen bei den Sommerspielen in Japan waren extra von Tokio nach Sapporo ausgelagert worden, weil alles darauf hingedeutet hatte, dass die Temperaturen auf der Insel Hokkaido geringer sein würden. „Am Wettkampftag war es in Sapporo dann aber drei Grad wärmer als in Tokio“, erinnert sich die Läuferin vom Marathon-Team des SCC Berlin.

Ihre Erfahrungen von Platz 18 bei diesem Hitze-Marathon nahm die 29 Jahre alte Athletin, die bei SMS Sportmedizin Berlin als Ärztin arbeitet, zum Anlass, um sich im Hinblick auf die Leichtathletik-Europameisterschaften 2022 in München noch mehr mit dem Laufen bei großer Hitze zu beschäftigen. Bei Münchner Sommertemperaturen von 24 Grad Celsius in der Spitze gewann Schöneborn mit den deutschen Frauen dann den EM-Titel in der Marathon-Teamwertung. 

Zuvor hatte sie bei Seminaren des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, etwa mit dem Charité-Arzt Paul Schmidt-Hellinger, gelernt, welche Faktoren die empfundene Temperatur beeinflussen. Nicht nur die Sonneneinstrahlung ist ein Parameter, sondern auch der Wind, die Einstrahlung auf den Teer, die Luftfeuchtigkeit. Vor allem aber lernte Schöneborn Kniffe für das Pre-Cooling, das Per-Cooling und das Post-Cooling, die sie gerne weitergibt.

Pre-Cooling: „Dauerläufe im Training bei sehr warmen Temperaturen helfen dem Körper, Hitzeschutz-Proteine auszubilden“, sagt Schöneborn. Die Produktion könne man durch das Training hochfahren. Auch das Schwitzen sollte trainiert werden, denn durch Schwitzen kühlt sich der Körper ab. Wichtig: Keine Tempoeinheiten in der Hitze absolvieren, sondern Dauerläufe. Für Tempoeinheiten eher den frühen, kühleren Morgen nutzen. „Die Hitzeanpassung eines ruhigen Laufs am heißen Mittag hält maximal drei Wochen“, weiß Schöneborn, die einen weiteren Tipp zur Hitzeanpassung parat hat: 30 Minuten in der warmen Badewanne sitzen. „Das Badewasser muss ordentlich warm sein. Nach zehn Minuten wird es richtig anstrengend“, sagt die Läuferin, die vorigen Sommer vor der EM in München ein-, zweimal pro Woche in der Wanne saß.  

An heißen Tagen nur kleine Sprünge

In Sapporo hatte sie zum Pre-Cooling direkt vor dem Wettkampf Kühlwesten bekommen: „Man kann sie in der Nacht vor dem Rennen ins Wasser legen, ins Gefrierfach oder in eine Kühltruhe mit Eiswürfeln. Es hilft auch, das T-Shirt mit kaltem Wasser zu tränken.“ Vor dem Start sollte man auf jeden Fall kalte Getränke zu sich nehmen, die Briten etwa hätten in Tokio Slush-Eis dabeigehabt, erzählt Schöneborn: „Wenn man am Start fast friert, hat man mehr Puffer, bis die Körpertemperatur zum kritischen Punkt ansteigt.“ Daher solle man sich vor dem Start an heißen Tagen nicht übermäßig erwärmen, eher Koordinationsübungen machen, Ausfallschritte, kleine Sprünge für die Beinmuskulatur. „Aber bitte nicht den Puls nach oben jagen.“

Per-Cooling: Worauf ist während des Rennens zu achten? „Natürlich kann man bei 33 Grad Außentemperatur nicht mit der gleichen Geschwindigkeit wie bei acht Grad loslaufen“, verdeutlicht Schöneborn. Denn das Blutvolumen, das der Körper bei höherem Tempo zur Abkühlung in die Haut transportiert, steht nicht mehr für die Muskulatur zur Verfügung. Entsprechend müsse man die Zielzeit bei einem Rennen anpassen. 

Eis unter die Kappe, Vaseline auf die Füße, Wasser ins Getränk

Von den Gehern, die bei der Leichtathletik-WM in Doha weiße Funktionshüte mit drei Eiskammern trugen, schauten sich die Marathonläufer in Tokio einiges ab. Sie nähten sich kleine, mit Eis gefüllte Säckchen unter ihre Schildkappen. „Vor allem im Nacken ist Kühlung wichtig, da sind viele Hitzerezeptoren“, sagt Schöneborn. Beim Marathon tauschte sie ihre Kühlkappe alle zehn Kilometer gegen eine neue.

Ganz wichtig für alle Laien, sagt die Athletin, sei, sich bei jeder Verpflegungsstation Wasser über den Kopf zu kippen und damit früh anzufangen. Ihr Tipp: „Vaseline auf die Füße schmieren!“ Denn das Wasser rinnt die Beine hinunter bis in die Schuhe, Blasen sind ohne Vaseline programmiert. Ebenfalls wichtig: viel trinken. Bei großer Hitze empfiehlt Schöneborn etwa 25 Prozent mehr Wasser in das Kohlehydratgetränk zu kippen als bei niedrigen Temperaturen.

Mit Eis gefüllte Planschbecken hinter der Ziellinie

Post-Cooling: „Man suche sich ein Eisbad, sobald man im Ziel ist“, sagt Schöneborn. In Sapporo stellte sie sich auf den letzten Metern der Strecke vor, gleich kopfüber ins Eisbecken zu springen. Die Veranstalter hatten hinter der Ziellinie mit Eis gefüllte Planschbecken aufgestellt und nasse Handtücher verteilt. „Dort sind viele lustige Fotos entstanden“, sagt Schöneborn, die im Februar beim Marathon in Sevilla bereits die Olympianorm für die Spiele 2024 in Paris unterboten hat. 

Gerade ist sie dabei, sich auf den Berlin-Marathon am 24. September vorzubereiten. Dort will sie eine schnelle Zeit hinlegen, um sicher unter den drei besten deutschen Läuferinnen zu sein, die im Sommer 2024 am Pariser Rathaus in den Olympia-Marathon starten.