Basketball

Vor dem Achtelfinale: Schröder, Lo, Wagner und Co. auf Augenhöhe mit Favoriten

Die deutschen Basketballer sind am Donnerstag in Berlin angekommen. In der Hauptrunde der Europameisterschaft kann es noch weit gehen.

In der Vorrunde gegen die slowenischen Stars Goran Dragic (l.) und Luka Doncic (r.) haben Dennis Schröder (Mitte) und das deutsche Nationalteam gezeigt, dass sie mit den großen Nationen mithalten können.
In der Vorrunde gegen die slowenischen Stars Goran Dragic (l.) und Luka Doncic (r.) haben Dennis Schröder (Mitte) und das deutsche Nationalteam gezeigt, dass sie mit den großen Nationen mithalten können.dpa/Federico Gambarini

Es war eine in gleich doppelter Hinsicht große Reisegruppe, die am Freitagmorgen gegen neun Uhr vom Flughafen Köln Bonn in Richtung Berlin abhob. Keine zwölf Stunden, nachdem die deutsche Basketball-Nationalmannschaft mit einem deutlichen 106:71-Sieg gegen Ungarn ihre EM-Vorrunde abgeschlossen hatte, hieß es, umziehen. Gemeinsam mit den ebenfalls für die Endrunde qualifizierten Teams aus Slowenien, Frankreich und Litauen ging es für die deutsche Mannschaft um die Berliner Niels Giffey, Franz Wagner und Maodo Lo per Charterflugzeug in die Hauptstadt. Im Gepäck hatte sie nicht nur die gewohnt gute Stimmung, sondern auch zahlreiche Lehren aus der Vorrunde – darunter die Gewissheit, dass man mit den anderen ebenfalls reisenden Titel-Mitfavoriten auf Augenhöhe spielt.

Anders als in Köln, wo sich die deutschen Basketballer früh im Turnier gegen absolute Top-Mannschaften beweisen mussten und dies auch taten, warten in Berlin zunächst keine solchen. Im Achtelfinale trifft die DBB-Auswahl am Sonnabend (18 Uhr, MagentaSport) in der Arena am Ostbahnhof auf Montenegro, den Drittplatzierten aus der Gruppe A. Gemessen an ihrer beeindruckend starken Vorrunde, stehen die Chancen auf einen Viertelfinal-Einzug sehr gut.

Schon nach drei Spielen hatte Deutschland das Achtelfinale erreicht

Dabei war es im Vorfeld der EM keinesfalls eine Selbstverständlichkeit, dass die Auswahl von Bundestrainer Gordon Herbert überhaupt nach Berlin reisen würde. Die Spiele gegen Bosnien & Herzegowina sowie Ungarn seien die Schlüsselspiele im Kampf ums Weiterkommen, hieß es. Dann gewann die deutsche Mannschaft überzeugend gegen Frankreich und machte anschließend schon im dritten Gruppenspiel gegen starke Litauer das Weiterkommen perfekt. „Wir können stolz auf uns sein, wie wir die Gruppenphase gespielt haben“, sagte Alba Berlins Johannes Thiemann nach deren Ende und erklärte: „Wir haben eine unglaubliche Qualität und sehr viel Talent im Team, das wir dieses Jahr auch wirklich aufs Parkett bringen.“

Tatsächlich hat die deutsche Mannschaft genau das eindrucksvoll bewiesen. Angestachelt von einem Spiel für Spiel begeisterten und begeisternden Kölner Publikum, das mit insgesamt über 236.000 gekauften Tickets für einen neuen EM-Gruppenphasen-Rekord sorgte, präsentierte sie sich als ein Team mit vielen Waffen. Sei es das Tempo von Dennis Schröder, die Vielseitigkeit von Franz Wagner, der Step-Back-Dreier von Maodo Lo oder die Wurfkünste von Andreas Obst – in unterschiedlichen Spielen steuerten unterschiedliche Spieler unterschiedliche Dinge zum deutschen Erfolg bei. So stellte auch Maodo Lo im Verlauf der Vorrunde treffend fest: „Das ist das, was uns ausmacht. Wir spielen mit Selbstvertrauen, jeder trägt etwas bei und diejenigen, die Leistungsträger sind, übernehmen Verantwortung.“ Da passt es ins Bild, dass auch Christian Sengfelder (22 Punkte) und Justus Hollatz gegen Ungarn bei ihrem ersten Auftritt im Turnier stark aufspielten und so einmal mehr die Tiefe im deutschen Kader sichtbar machten.

Mindestens genauso offensichtlich und nicht weniger wichtig für die Auftritte der deutschen Mannschaft sind der Zusammenhalt und die Freude, die diese seit Turnierbeginn prägen. Ein Paradebeispiel bot zuletzt das sportlich bedeutungslose letzte Gruppenspiel gegen Ungarn. Als Andreas Obst da nach einem Steal einen Fastbreak per Dunking abschloss, sprang Maodo Lo auf der Bank lachend auf, während der geschonte Dennis Schröder neben ihm mit einem breiten Grinsen und euphorisch mit einem Handtuch wedelnd seine Begeisterung kundtat.

Passend zu Szenen wie diesen, die in der Vorrunde eher Regel als Ausnahme waren, antwortete Franz Wagner nach Spielende auf die Frage, was genau denn die so gute Stimmung im Team ausmachen würde: „Dass wir uns für den anderen freuen. Wir haben ein Team, das sehr vielseitig sein kann, wo niemand sich darum schert, wer die meisten Punkte macht.“ Auch Forward Niels Giffey bekräftige wenige Minuten später die Einschätzung seines einstigen Alba-Kollegen, indem er sagte: „Wir kennen uns extrem lange, haben Spaß, zusammen zu spielen und Zeit miteinander zu verbringen.“ Außerdem hätte sich laut Giffey im Laufe der gemeinsamen Nationalmannschaftsjahre ein großer Respekt für- und untereinander entwickelt.

Niederlage gegen Slowenien hat auch positive Dinge gezeigt

Entwickeln will sich die deutsche Mannschaft auch nach der so erfolgreichen Gruppenphase weiterhin. Allen voran die knappe Niederlage gegen Slowenien bietet hierfür einiges Futter. Einerseits bewiesen Giffey und Co. auch im Duell mit dem Titelverteidiger, dass sie überaus konkurrenzfähig sind und innerhalb eines Spiels Anpassungen vornehmen und Rückstände aufholen können. Andererseits tat sich die deutsche Auswahl offensiv gegen den hohen defensiven Druck der Slowenen sehr lange sehr schwer, während sie defensiv kaum ein Mittel gegen den slowenischen Superstar Luka Doncic (36 Punkte) fand.

Die Folgen waren dabei keinesfalls großer Frust oder gar Zweifel am eigenen Können. Stattdessen zog man das Positive aus der Niederlage. „Jetzt wissen wir, wie wir nicht spielen sollten, aber eben auch, wie wir spielen sollten“, sagt Maodo Lo. So dürfte die deutsche Mannschaft nun mit einer gesunden Mischung aus guter Form und viel Selbstvertrauen, aber eben auch dem Wissen um die eigene Verwundbarkeit ins Achtelfinale gegen Montenegro gehen.