Kolumne 1. FC Union Berlin

Wo beim 1. FC Union die Fußballerinnen derzeit die Nase vorne haben

Kurz vor dem Start der Köpenicker Männer in die Bundesligasaison treten Unions Regionalliga-Frauen bei Hertha BSC an. Es gibt also doch ein Stadtderby.

Celine Frank (l.) vom 1. FC Union Berlin setzt sich im Testspiel gegen Marina Scholz vom 1. FC Nürnberg durch. 
Celine Frank (l.) vom 1. FC Union Berlin setzt sich im Testspiel gegen Marina Scholz vom 1. FC Nürnberg durch. Wolfgang Zink/imago

Für die einen gab es jüngst das Ende, das schmähliche. Die anderen stehen vor dem Anfang, zumal vor einem, der sie in eine neue Dimension bringen wird. Nach Europa, klar doch, aber dort mitten hinein ins Establishment, in die Königsklasse. Die einen sind die im Fußball besten deutschen Frauen, die anderen die besten Eisernen aller Zeiten, die sie zumindest in der Vorsaison waren. Platz 4 in der höchsten Spielklasse hat ein Team des 1. FC Union nie zuvor erreicht. Nur die Älteren und Grauhaarigen werden sich erinnern: Platz 5 in der DDR-Oberliga nach dem Spieljahr 1970/71 war das Höchste der Gefühle.

Dreieinhalb Stunden nur liegen zwischen dem Anpfiff des WM-Finales der Frauen, in das das DFB-Team wollte, und der Partie des 1. FC Union gegen Mainz, mit dem die Rot-Weißen um Trainer Urs Fischer in ihre fünfte Saison in der Bundesliga starten. Während der Traum der deutschen Frauen, im Accor Stadium von Sydney den Höhepunkt des Spieljahres zu genießen, in einem Desaster endete, beginnen die Rot-Weißen aus dem Stadion An der Alten Försterei ihren neuen Traum gerade zu leben. Hoffentlich.

Unions Fußballerinnen verpassten den Sprung in die Zweite Liga

Weil der einen vorläufiges Ende noch frisch, der anderen Beginn unmittelbar bevorsteht, liegt die Gelegenheit zu einem Vergleich nahe. Das auch, weil sie in Köpenick mit ihrem Frauenteam seit einem Jahr auf mehr Professionalität Wert legen, den Sprung aus der Regionalliga in die Zweite Bundesliga aber erst einmal deutlich verpasst haben. Das ist nicht weiter schlimm, denn gut Ding will Weile haben. Wie lange nur haben sich gerade in der Wuhlheide Generationen von Männern abgemüht und gequält, sind grandios gescheitert oder gnadenlos abgestürzt, bevor sie oben angekommen sind.

Aber, um nicht gleich in die Ecke alter weißer Mann, Macho oder ewig Gestriger gesteckt zu werden: Männlein und Weiblein mit gleicher Elle zu messen – geht das im Sport, obwohl das gerade sehr modern geworden ist? Und: Geht es bei Ballspielen? Kann das fair sein, wenn selbst Bernd Schröder, langjähriger Coach des Teams von Turbine Potsdam und größter Frauenfußballversteher des Landes, von unterschiedlichen Sportarten spricht? Der Mann, nach 45 Dienstjahren im Amt ein Methusalem, muss es wissen. Nachdem er die Turbinen einst zum Triumph in der Champions League geführt hatte und die Siegerfrauen nur Wochen später im Brandenburgischen ein Spiel gegen ein männliches Juniorenteam bestritten, bekamen Europas beste Frauen zweistellig eingeschenkt.

Natürlich gibt es bei Frauen hier und da spannendere Spiele als bei den Männern. Spannung aber hat noch lange nichts mit Qualität zu tun. Mancher Fan geht gern zur Kreisliga, weil dort die Spiele viel häufiger 5:5 oder 7:4 ausgehen und garantiert mehr Unterhaltung bieten als ein 1:1-Schach weit oben, wo nur die Trainer oder Taktik-Fetischisten Erfüllung an einer „falschen Neun“, „doppelten Sechs“, „hängenden Zehn“ oder „fallenden Acht“ haben oder das überhaupt erkennen.

Fußball pur könnte der größte Trumpf der Eisernen werden

Von Urs Fischer weiß man, dass er Fußball der einfachen Art bevorzugt. Das heißt in erster Linie: seriös, solide, präzise, strukturiert, gern in wiederkehrenden Mustern, Automatismen genannt. Für Kunststücke ist der 1. FC Union nicht gemacht. Vielleicht noch nicht, mögen noch so große Kaliber – neben Robin Gosens nun auch Leonardo Bonucci – als mögliche Zugänge gezündet werden. Vielleicht stand aus dem Grund, erst einmal den einfachen Fußball zu verinnerlichen und auch diesmal nicht die Bodenhaftung zu verlieren, beim 4:0 im Pokal bei Astoria Walldorf in David Datro Fofana nur ein Neuer in der Startelf. Kann ja sein, dass Fußball pur der größte Trumpf der Eisernen in der Champions League werden könnte.

Und, drei Stunden nach Anpfiff des WM-Finales der Frauen am Sonntag und eine halbe vor dem Start der rot-weißen Männer in die Bundesligasaison dribbelt Unions Frauenteam in der Regionalliga bei Hertha BSC, im Vorjahr als Hertha Zehlendorf dabei und nun übernommen, auf – von wegen es gibt keine Stadtderbys. Hier hat Frau derzeit die Nase vorn.