Für den Rechtsverteidiger des 1. FC Union Berlin stand am heutigen Donnerstag noch ein unangenehmer Eingriff bevor. In der Mixed Zone nach dem 3:2-Testspielsieg gegen den FC St. Pauli sagte Julian Ryerson: „Die Weisheitszähne müssen jetzt raus.“ Der norwegische Nationalspieler korrigierte sich schnell: „Nur einer.“
Wenig verwunderlich, dass das sonst sehr warme Lächeln des freundlich auftretenden Profis etwas gequält wirkte. Denn diese Tortur ließ er noch in Berlin, vor dem Abflug in die Heimat, über sich ergehen, meinte am Mittwochnachmittag lachend abwinkend: „Aber das ist nicht wichtig.“
Man kann ihm nur die Daumen drücken, dass er sich schnell von der Zahnextraktion erholt und die freie Zeit um Weihnachten genießen kann. Zuvor stand Ryerson, der gegen die Kiezkicker zur zweiten Halbzeit für Christopher Trimmel eingewechselt wurde und dessen Kapitänsbinde übernahm, den Journalisten in den Katakomben des Stadions An der Alten Försterei allerdings noch für sportliche Fragen zur Verfügung.
Er war – wie Coach Urs Fischer – mit dem Auftritt der Eisernen gegen den Tabellenfünfzehnten der 2. Bundesliga nicht vollauf zufrieden: „Es gibt Dinge, an denen wir arbeiten können. Heute war es das Aufbauspiel, das können wir besser machen, ist aber nicht einfach auf diesem Platz, in dem Zustand. Aber wir haben es probiert und dafür sind Testspiele ja auch da.“

Union Berlins Julian Ryerson über Rhythmus: „Schon ein bisschen komisch“
Auf die zurückliegende Trainingszeit blickt der 25-Jährige positiv zurück: „Wir haben zwei, zweieinhalb gute Wochen hinter uns.“ Doch Ryerson schaute auch auf das Camp in Spanien (2. bis 11. Januar 2023) voraus: „Wir wollen uns verbessern, da gehört auch das Spiel mit dem Ball dazu. Aber wir müssen auch in der Defensive dranbleiben, was wir machen, wie organisiert wir sind. Es gibt viel zu tun.“
Zum neuen Rhythmus wegen der Weltmeisterschaft 2022 in Katar erklärte er: „Es ist schon ein bisschen komisch. Wir sind nicht daran gewöhnt. Aber wir müssen halt versuchen, das beste daraus zu machen. Ich fand es gut.“ Die Intensität sei top gewesen, letztlich waren nahezu alle trotz einiger krankheitsbedingter Ausfälle am Start.
Für ihn selbst war die längere Pause gar nicht schlecht: „Wir haben den Urlaub genossen, sind ein bisschen frischer zurückgekommen, weil es davor sehr intensiv war. Jetzt wollen wir wieder Gas geben.“

Julian Ryerson will sich 2023 „fußballerisch verbessern“
Auch mehrere Neujahrswünsche hat der vielseitig einsetzbare Außenbahn-Dauerläufer: „Mich fußballerisch verbessern. Das ist wohl nicht die spannendste Antwort, aber das habe ich im Kopf.“ In der Europa League möchte er gegen Ajax Amsterdam weiterkommen, im DFB-Pokal gegen den VfL Wolfsburg und natürlich geht er auch in der Bundesliga mit dem Gedanken im Kopf in die Partien, sie alle zu gewinnen.
Das ist die richtige Einstellung! Ryerson kommt dabei zugute, dass er alle vier Positionen, Rechts- und Linksverteidiger, rechter sowie linker Mittefeldspieler ohne erkennbaren Leistungsabfall bekleiden kann. So kam er in dieser Saison bislang zu wettbewerbsübergreifend 21 Einsätzen, blieb dabei jedoch noch ohne Torbeteiligung.

Julian Ryerson bereitete für Union Berlin das Siegtor gegen St. Pauli vor
Auch gegen St. Pauli wurde deutlich, dass zumindest das Toreschießen nicht seine Stärke ist. Er tauchte frei in zentraler Position vor dem 16-Meter-Raum auf, traf den Ball beim technisch durchaus anspruchsvollen Versuch allerdings nicht voll und jagte ihn über den Kiezkicker-Kasten (78. Minute). Dazu war er beim Gegentor zum 1:2 nicht nah genug an Johannes Eggestein dran, der deshalb unbedrängt einköpfen konnte (57.).
Doch kurz vor Schluss schlug er von der rechten Seite eine butterweiche Flanke auf den Kopf von Kevin Behrens, der deshalb zum 3:2-Endstand treffen konnte. Gerade diese Aktion wird Ryerson gut getan haben.


