Abgesehen von ein paar Regengüssen und zwei, drei Gewittern hat es seit Wochen und Monaten nicht geregnet. Berlin trocknet zunehmend aus: Teiche werden immer kleiner – oder verschwinden ganz –, Bachläufe sind nur noch Rinnsale und die Böden haben kaum noch Feuchtigkeit. Unsere Bäume und die gesamte Stadtnatur leiden.
Da fragt man sich unweigerlich, wohin die ganze Feuchtigkeit aus Flüssen, Seen, Teichen und Bächen verschwindet. Sie kann ja nicht weg sein. Aber auch Wolken sieht man kaum noch am Himmel – und selbst wenn, regnen sie nicht ab. Wo also bleibt all das Wasser?
Warum regnet es bei uns in Berlin nicht?
Ganz klar: „Ein Teil versickert ins Grundwasser“, sagt die Meteorologin Helga Scheef vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Potsdam. „Und ein weiterer Teil verdunstet. Wenn es feucht genug ist, kann die Feuchtigkeit zu Wolken kondensieren, aber nicht immer sind die Bedingungen gegeben. Wenn nämlich die Luft zu trocken ist, nimmt sie die Feuchtigkeit einfach auf.“
Was zunächst paradox klingt, ist einfache Physik: Trockene Luft kann Feuchtigkeit aufnehmen, warme Luft mehr als kalte. In den vergangenen Wochen war die Luft bei uns sehr trocken, weshalb sie die Feuchtigkeit auch weiterhin einfach speichert.
„Der Wasserdampf, also alles, was verdunstet, ist gasförmig und unsichtbar“, sagt die Expertin. „Und wenn es so warm und trocken ist wie zuletzt, kann die Luft diesen Wasserdampf aufnehmen, ohne dass er zu Wolken kondensiert.“
Damit sich Wolken (oder Nebel) bilden, braucht es eine relative Luftfeuchtigkeit von 100 Prozent. Und es muss in den höheren Luftschichten kälter sein als bei uns hier unten. Zuletzt hatten wir in Berlin in den Mittags- und Nachmittagsstunden im Schnitt eine Luftfeuchtigkeit von 30 bis 40 Prozent, teils auch darunter.
Das liegt vor allem „an der Ostströmung, durch die kontinentale Luftmassen zu uns gelangen“, sagt Scheef. „Diese Luft ist trockener, als wenn sie vom Atlantik oder der Nordsee kommt.“ Und eben weil die aus Richtung Russland kommende Luft trocken ist, kann sie noch jede Menge Feuchtigkeit aufnehmen – und zwar, ohne dass man das sieht.
Richtig viel kann momentan jedoch nicht verdunsten, weil die Böden ohnehin schon zu trocken sind, es keine nennenswerten Niederschläge gab. Zugleich ziehen die entstandenen Wolken weiter beziehungsweise werden weggepustet. Sie formen sich neu, schweben dahin, lösen sich auf oder vermischen sich miteinander. „Wolken bilden sich permanent neu, es ist nicht immer ein und dieselbe Wolke, die man am Himmel sieht“, weiß die Meteorologin.
Zwar ist jede Wolke eine Ansammlung von verdunsteter und wieder kondensierter Feuchtigkeit, aber nicht jede Wolke bringt Regen. Wolken bestehen aus Wasserdampf; sie können Eiskristalle und flüssiges Wasser bilden. „Es braucht aber gewisse Turbulenzen, damit die kleinen Nebeltröpfchen zusammenstoßen und Regentropfen bilden können“, erklärt Scheef.
Sie ergänzt: „Neben diesen reinen Wasserwolken gibt es auch Mischformen, also Wolken mit Nebeltröpfen und Eiskristallen. Das ist unter anderem bei der Graupel- und Schneebildung relevant. Ist es in den unteren Luftschichten dann warm genug, kommen Graupel und Schneeflocken ebenfalls als Regentropfen am Boden an.“
„Eine dünne Wolkenschicht kann nicht abregnen“, sagt die DWD-Expertin. Auch die reinen Eiswolken in hohen Luftschichten nicht. Und dann spielen die Winde eine entscheidende Rolle. Sie sorgen dafür, dass die Wolken weiterziehen und im Zweifel anderswo abregnen. „Anderswo auf der Welt erleben wir derzeit starke Gewitter und Regenfälle.“ Und das kommt zum Teil aus Wolken, die Hunderte Kilometer gereist sind.
Denn natürlich ist alles ein Kreislauf. Und nicht nur beim Fliegen gilt: Was hochgeht, kommt auch wieder runter. Früher oder später gelangt die bei uns verdunstete Feuchtigkeit also wieder auf die Erde. Ungerechterweise halt nur nicht bei uns.
„Grob gesagt kann man festhalten: Die verdunstete Feuchtigkeit befindet sich in der Luft und wird zum Teil wegtransportiert. Die Winde spielen da eine entscheidende Rolle“, fasst Scheef zusammen. „In der Summe bleibt der Wasserhaushalt gleich, weil es ja definitiv irgendwann abregnet, aber das ist weltweit eben ungleich verteilt.“
Bleibt es trocken in Berlin – oder gibt’s Regen?
Nachdem der Januar ausreichend niederschlagsreich begonnen hat, gab es ab Februar zu wenig Regen in und um Berlin. „Es war deutlich zu wenig“, betont die Meteorologin. „Besonders der April war viel zu trocken. Da hatten wir nur circa ein Viertel des zu erwartenden Niederschlags.“
„Bei den zuletzt kräftigen Schauern und Gewittern läuft das Wasser aber nur oberflächlich ab und kann nicht richtig in den Boden eindringen. Was wir bräuchten, wäre länger anhaltender Landregen“, erklärt die Expertin.
In den kommenden Tagen soll es heiß, bisweilen auch sehr schwül werden. Bis zu 30 Grad können es in Berlin am Wochenende werden. Und während am Samstag die Sonne strahlt, bewölkt sich der Himmel am Sonntag zunehmend. Es kann auch zu heftigem Regen oder gar Gewittern kommen. Ab Montag soll es warm, aber weniger heiß werden. Höchstens 25 Grad, etwas Wind und weitgehend regenfrei, lautet die DWD-Prognose.




