Gebrochene Spitzen und fahle, matte Haare sind ein echtes Ärgernis, denn mit kaputten Haaren kriegt man keine schöne Frisur hin. Dabei sind unsere Haare doch ein natürlicher Schmuck, ein Teil unserer Identität.
Wir drücken damit unsere Persönlichkeit und manchmal auch unseren Gemütszustand aus: An einem Bad Hair Day ist meist nicht nur die Frisur schlecht. Zu besonderen Anlässen jedoch – zur Hochzeit, für eine coole Party oder wenn man schick essen geht – gibt man sich mit den Haaren besonders viel Mühe.
Haare tragen zum Gesamteindruck bei, prägen unser Erscheinungsbild – nicht zuletzt deshalb investieren Deutsche viel Geld in Pflegeprodukte: „Mit einem Marktvolumen von rund 3,8 Milliarden Euro bilden Haarpflegemittel das umsatzstärkste Segment im deutschen Markt für Kosmetik- und Körperpflegeprodukte“, so statista.com.
Die Zahlen sind seit Jahren auf nahezu gleichbleibend hohem Niveau. Kein Wunder, wenn man sich anguckt, was es alles für Spezialprodukte gibt: Shampoos, Spülungen (Conditioner), Masken, Leave-Ins, Schaumfestiger, Hitzeschutz, Haarwachs und -spray – jeweils für coloriertes, blondiertes, feines, lockiges oder langes Haar, für mehr Volumen, zum Glätten, für die Tiefenreinigung, zum Entfetten.
Besonders üppig bestückt sind die Regalmeter für Haare, die trocken, glanzlos, spröde, brüchig oder besonders pflegebedürftig sind. In der Werbung sieht, liest und hört man, dass bestimmte Produkte sogar Spliss reparieren können. „Das stimmt nicht ganz“, sagt die Friseurin und Meisterin Grit Klebow-Horenburg, die seit 29 Jahren ihren Salon Kamm&Schere in der Maximilianstraße (Pankow) betreibt.
Geboren und aufgewachsen ist sie in Prenzlauer Berg, lebt aber mittlerweile schon lange in Pankow. Ihr Handwerk hat sie in den späten 1980er-Jahren gelernt, noch in der DDR, hat viele Trends kommen und gehen sehen. „Meine Arbeit liebe ich heute noch wie am ersten Tag“, sagt die Haarexpertin.

Wie entsteht Spliss?
Als Friseurmeisterin hat sie mit fast 40 Jahren Berufserfahrung alles gesehen, was man mit Haaren anstellen kann. Eines der häufigsten – und vermeidbaren – Probleme: Spliss. „Haarbruch kann an den Spitzen entstehen, aber auch in den Längen“, weiß die Expertin. „Ursache sind in erster Linie Umwelteinflüsse: Sonne, Salzwasser, falsche Pflege, zu viel Hitze, zu viel Styling, Blondierungen, falsches Kämmen oder Bürsten.“
Haare seien, anders als oft angenommen, kein totes Element, das man nach Belieben bearbeiten kann. Vielmehr seien sie empfindlich, müssten mit Fingerspitzengefühl behandelt werden. Das fängt beim Kämmen oder Bürsten an: „Wenn man an den Haaren zerrt, vor allem im nassen oder feuchten Zustand, kann das die Haarstruktur schädigen und zu Spliss führen.“
Gleiches gilt für das Abrubbeln der frisch gewaschenen Haare. Nicht nur, dass man sie damit umso mehr miteinander verheddert, sondern die mechanische Reibung kann zu Schäden im Haar führen. Besser ist ein spezielles, weiches Haarhandtuch (z.B. Mikrofaser), das man sich umbindet und eine Weile wartet, bis die Haare trockener sind.
Ebenso kann ein zu eng gebundenes Haargummi, das zumal immer an der gleichen Stelle sitzt, die Haare genau dort brechen lassen. Schlimm für die Haare ist es auch, wenn das Haargummi nicht nur sehr dünn ist, sondern auch mit einem Metallteil zusammengehalten wird. Das kann die Struktur schädigen.
Außerdem ist es für Haare Stress, wenn sie an der Schulter aufstoßen. Auch so kann Spliss entstehen, sofern die Haare nicht gut genährt und gepflegt sind. „Ich warne meine Kundinnen immer davor, ihre Haare beim Aufsetzen des Rucksacks oder Umhängen der Handtasche einzuklemmen. Das ist nicht gut und kann die Haare tatsächlich kaputt machen“, sagt Klebow-Horenburg. Das gilt auch für Kinder mit langen Haaren, die ihre Mappe aufsetzen.
Man sollte die Haare zuvor so schütteln oder mit der Hand beiseite legen, dass der Riemen sie nicht einklemmt. Das sei eine der sinnvollsten Maßnahmen, um Spliss zu vermeiden, so die Expertin.
Aber wie bei so vielen Dingen im Leben gilt auch beim Thema Spliss: Es sind meistens mehrere Faktoren, die das Problem verursachen. Wer also keine kaputten Haare haben möchte, sollte die verschiedenen Stressoren vermeiden und sein Augenmerk auf die richtige Routine lenken.
Wie kann man Spliss vermeiden?
„Sobald die Haare Schulterlänge erreichen, brauchen sie spezielle Pflege“, sagt Klebow-Horenburg. „Unsere Haare wachsen im Schnitt einen bis 1,5 Zentimeter pro Monat. Das heißt, dass die Spitzen schon um die zwei Jahre alt sind, wenn sie die Schultern erreichen. Insofern ist es nur logisch, dass sie allein aufgrund ihres Alters mehr Zuwendung brauchen als die frischen Ansätze.“
Fast wichtiger als Pflegeprodukte ist der Umgang mit den Haaren: Föhnen Sie nicht zu lange und zu heiß, weil das die Haare austrocknet. Nehmen Sie immer einen Hitzeschutz, um die Haare zu schützen. Zugleich sollten Sie nicht mit nassen Haaren ins Bett gehen, weil die Reibung – ähnlich wie mit einem Handtuch – die Haare schädigt.
Über Nacht sollte man die Haare locker zusammenbinden und einen Seidenturban tragen. So sind die Haare optimal geschützt und ein Brechen wird weniger wahrscheinlich. Alternativ können Sie Ihr Kopfkissen mit einem Seidenbezug beziehen. Das feine Naturmaterial ist für Haare eine Wohltat.
„Wir alle wühlen im Schlaf, drehen uns um – und dabei werden die Haare jedes Mal gerieben. Das tut ihnen nicht gut“, so Klebow-Horenburg.
Profi-Tipp: Haare kämmen wie ein Friseur
Haben Sie schon mal darauf geachtet, wie der Friseur oder die Friseurin lange Haare kämmt? Oder haben Sie sich gefragt, wieso es im Salon so viel einfacher geht als zu Hause? Das liegt daran, dass Profis immer an den Spitzen anfangen zu kämmen und sich dann Stück für Stück nach oben arbeiten.
Wer oben ansetzt und Bürste oder Kamm der Haarlänge entlang nachzieht, bleibt unweigerlich an Knoten hängen und zerrt daran. Das kann die Haare kaputt machen. Aber nicht nur die Technik macht’s, auch die Bürste selbst kann ein Problem darstellen, wie die Fachfrau weiß: „Bürsten, die weniger als fünf Euro kosten, sind meistens zu hart, sodass die Haare gedehnt oder zerrissen werden. Davon würde ich die Finger lassen. Oft sieht man auch eine Schweißnaht, auch die kann die Haare kaputt machen.“
Wie in allen Salons gibt es auch bei Kamm&Schere exklusive Produkte, die speziell für die Haarpflege konzipiert wurden. Gute Bürsten kosten beispielsweise zwischen 25 und 55 Euro. Seit ein paar Jahren sind Entwirrbürsten schwer im Trend – nicht umsonst. Die weichen, biegsamen Borsten sind sanfter zum Haar. Sie eignen sich auch gut, um beispielsweise Haarmasken gleichmäßig im nassen Haar zu verteilen.
Klar muss letztlich aber auch sein: „Wunder darf man nicht erwarten, denn Haarpflege ist ein Zusammenspiel von vielen verschiedenen Komponenten“, sagt die Friseurmeisterin. „Das fängt beim Friseurbesuch an und geht bei den zu Hause benutzten Produkten weiter.“
Was tun bei Spliss? Müssen die Haare ab?
Ob die Haare bei Spliss abgeschnitten werden müssen oder nicht, hängt natürlich immer vom Zustand ab. Meistens jedoch kann die Länge weitgehend gerettet werden, sagt Klebow-Horenburg: „Um Spliss langanhaltend zu entfernen, wird die heiße Schere benötigt. Diese erwärmt sich gleichmäßig und konstant auf 80 bis 120 Grad, je nach Haartyp. Durch die Spezialschere werden die Schnittflächen versiegelt, indem an den Schnittstellen eine Versiegelungskante bleibt, womit kein Ausfransen mehr möglich ist.“
Es gibt zwei verschiedene Spliss-Schnitte, bei denen die heiße Schere zum Einsatz kommt – je nachdem, wo und wie stark die Haare gebrochen sind.
Variante 1: Sofern die Haare in den Längen gebrochen und splissig sind, kann man diese Stelle abschneiden. Das dauert aber. „Dazu werden einzelne Strähnen von Hand gedreht und millimeterweise das entfernt, was absteht“, erklärt die Friseurin. „Das muss im Abstand von acht bis zehn Wochen mehrmals wiederholt werden, bis man so weit ist, dass das Haar wieder gesund ist.“
Variante 2: Der Thermo-Cut. „Hierbei wird die heiße Schere genutzt, um nur die Spitzen zu schneiden oder einen klassischen Formschnitt zu machen“, sagt die Pankowerin. Es gibt auch Spliss-Schnitte ohne heiße Schere. Diese brächten aber nicht viel, weil das Haar an den nicht versigelten Schnittkanten leichter brechen kann, so die Expertin.
Der Haarschnitt mit der heißen Schere kostet normalerweise extra; häufig wird zusätzlich zum Preis für den Haarschnitt eine extra Gebühr obendrauf berechnet. Je nach Salon liegt der Zuschlag zwischen 10 und 15 Euro. Die meisten Salons weisen den Spliss-Schnitt eigens in ihren Preistabellen aus.
Grit Klebow-Horenburg rät davon ab, den Spliss zu Hause selbst schneiden zu wollen: „Die meisten Scheren sind nicht scharf genug und reißen die Haare nur noch mehr auf. Das ist wie bei einem Schnürsenkel: Wenn der sich aufribbelt, kann man das zwar abschneiden, aber man behebt das Problem nicht, weil die Stelle keine Versiegelungskante hat. Das kriegt man nur mit Hitze hin.“
Spliss sollte immer professionell behandelt werden, weil er sich sonst hochfressen kann, irgendwann die gesamten Haare komplett kaputt sind. „Wichtig ist, mit Bedacht vorzugehen. Ich lasse meine Kunden immer ihre Pflegeprodukte mitbringen und arbeite, mit ihnen einen Pflegeplan für zu Hause aus, wie sie was handhaben sollten, wo etwas besser geht oder was sie lassen sollten.“
Bestes Beispiel: Haarspray. „Das kann brüchiges Haar zusätzlich austrocknen“, weiß die Friseurmeisterin. Daher sollte man bei entsprechend belasteten Haaren ein Haarspray nicht täglich und auch nicht in großen Mengen verwenden. „Manche Stylingprodukte heben quasi die Wirkung der Pflegeprodukte auf, weshalb es gut ist, auch das im Salon zu besprechen“, so Klebow-Horenburg.
Was bringen Spliss-Shampoos oder Spliss-Haarkuren?
Auch wenn es uns immer wieder suggeriert wird: Haarpflegemittel können Spliss nicht alleine beseitigen. „Es gibt kein Wundermittel“, sagt Klebow-Horenburg. „Wenn man splissige Haare retten möchte, braucht man Zeit und Geduld. Aber ein Mittel allein wird mit Sicherheit nicht dafür sorgen, dass die Haare wieder gesund werden.“
Nur die Kombination aus Splisshaarschnitt mit der heißen Schere, den richtigen Kämmen sowie passender Pflege könnten sicherstellen, dass Spliss nicht wiederkommt.








