Serie: Bezirke in Berlin, Teil 1

Pankow: Vom Archäologie-Spielplatz über tollen Kaffee bis zur Burlesque-Show

Berlins gediegener Nordosten ist überraschend. Oder hätten Sie Deichkind hier verortet? Was Sie sonst wissen sollten, verraten wir in unserer neuen Wochenend-Serie.

Kein Geheimtipp, aber ein Highlight: Jahnsportpark mit Schmeling-Halle in Prenzlauer Berg.
Kein Geheimtipp, aber ein Highlight: Jahnsportpark mit Schmeling-Halle in Prenzlauer Berg.City-Press GmbH/Jan-Philipp Burmann

Berlin ist ein Dorf. Sagt man so, und es stimmt auch, wenn man genauer hinguckt. Aber wer tut das schon? Wer fährt einfach mal in einen anderen Kiez, um zu gucken, was da so los ist? Das wollen wir ändern. In der Bezirke-Serie stellen wir alle zwölf Berliner Bezirke vor, lassen Einheimische zu Wort kommen, verraten Geheimtipps, tauchen ein in die Vielfalt der Möglichkeiten. Heute: Pankow.

Pankow ist benannt nach der Panke, einem Nebenarm der Spree. Es ist nach Treptow-Köpenick der flächenmäßig zweitgrößte Bezirk Berlins und der geburtenreichste. „Pankow ist mit seinen 13 Ortsteilen der einwohnerreichste Bezirk der Stadt. Derzeit leben hier ca. 410.000 Menschen. Das Durchschnittsalter beträgt 42,7 Jahre“, schreibt das Bezirksamt. „24 Prozent der Bewohner haben ausländische Wurzeln. Die meisten stammen aus Italien, Polen, Frankreich, den USA und Syrien.“

Zum Bezirk Pankow gehören seit der Bezirksreform 2001 auch Weißensee und Prenzlauer Berg. Dort und in Alt-Pankow leben zwei Drittel der Pankower, am dünnsten besiedelt sind Blankenfelde und die Stadtrandsiedlung Malchow, die jedoch fast ein Fünftel der Fläche des Bezirks einnehmen.

Haben Sie Lust, auch die anderen Bezirke kennenzulernen? Dann folgen Sie uns doch nach Neukölln, Lichtenberg, Mitte, Spandau, Charlottenburg-Wilmersdorf, Reinickendorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Treptow-Köpenick, Marzahn-Hellersdorf, Tempelhof-Schöneberg und Steglitz-Zehlendorf.

Was macht Pankow so besonders?

Sandra Vogt, Leiterin des tic Kultur- und Tourismusmarketing Berlin-Pankow: „Der bevölkerungsreichste Bezirk im Norden Berlins besticht durch seine einzigartige Vielfalt. Hier trifft quirliges Nachtleben auf grüne Erholungsgebiete, Szeneläden auf traditionelle Wochenmärkte, Sternegastronomie auf Kiezcafés, Dorfgeschichte auf einzigartige Architektur aus Gründerzeit und DDR-Moderne.“

Und: „Der Bezirk ist so abwechslungsreich wie kaum ein anderer der Stadt. Egal, ob Familien mit Kindern, Künstlerinnen und Künstler, Studierende aus allen Ländern oder die berühmt-berüchtigte Berliner Schnauze – hier treffen alle zusammen.“

Pankow für und mit Kinder(n): Moorwiese, Mitmachmuseum, Kunstsafari

Schnitzen, am Lagerfeuer sitzen, eine Hütte bauen, Bogenschießen üben – und endlich mal ohne Eltern sein! In der Moorwiese direkt am S-Bahnhof Buch bietet die unvergleichliche Moorwiese ein Kinderprogramm, das seinesgleichen sucht. Der Archäologie- und Abenteuerspielplatz ist für Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 16 Jahren konzipiert; von mittwochs bis freitags können sie nachmittags einfach vorbeikommen.

Es geht sehr urtümlich zu, klar, sind doch die Hauptthemen Stein-, Bronze- und Eisenzeit. Dementsprechend gibt es auch nur Plumpsklos. Was für ein Abenteuer! Samstags dürfen auch Eltern und jüngere (oder ältere) Geschwisterkinder kommen sowie alle anderen, die sich dieses Bucher Kleinod mal anschauen wollen.

Für die Kleineren und für jedes Wetter geeignet ist das Mitmachmuseum in Prenzlauer Berg (Senefelderstraße 5). Der Name ist Programm: Hier wird geklettert und erkundet, gelesen, gebastelt, erfahren, angefasst, geguckt und gestaunt. Kein Besuch ist wie der andere, weil es immer Neues zu erleben gibt, ständig neue Workshops angeboten werden, die Ausstellungen wechseln.

Falls Sie sich mit Ihrem Kind an der frischen Luft bewegen wollen, ein Spaziergang aber so langweilig ist, versuchen Sie es doch mal mit einer Kinder-Kunstsafari. Die gibt es für die Stadtteile Prenzlauer Berg und Weißensee. Jede Tour ist für Kinder zwischen acht und zwölf Jahren geeignet und dauert etwa 1,5 Stunden. Acht beziehungsweise neun Stationen werden besucht, an denen die Kinder Kunstwerke näher kennenlernen und sich damit auseinandersetzen.

Die Touren sind kostenfrei und können jederzeit per App gestartet werden. Es wird empfohlen, dass ein Erwachsener oder eine Erwachsene dabei ist, unter anderem um das jeweils angebotene Quiz zu moderieren.

Tipp: Pankow mit den Ohren erkunden

Wenn man an Musik und Pankow denkt, kommt einem unweigerlich Udo Lindenbergs Sonderzug in den Sinn. Aber natürlich hat der Nordosten noch viel mehr zu bieten – und das gibt es in einer kostenlosen Audiotour, die an der Max-Schmeling-Halle vorbeiführt und am früheren Knaack Club, das Deichkindbüro ebenso passiert wie die ehemalige Radrennbahn Weißensee.

Zweieinhalb Stunden Pankower Musikkultur von Rammstein über Lakomy und BAP bis hin zu BossHoss und, natürlich, Deichkind, deren Sänger knapp zehn Jahre in der Wolfshagener Straße gelebt und Songs erarbeitet hat. Zu hören gibt es Interviews und Konzertschnipsel, persönliche Erlebnisse und Anekdoten.

Wo kann man in Pankow gut essen und leckeren Kaffee trinken?

Für ein fantastisches Frühstück geht man am besten ins Babuschka in Weißensee (Behaimstraße 32), wo es neben russischen Spezialitäten auch sehr leckere fluffige, nun ja, sie nennen es Pfannkuchen, gemeint sind aber Eierkuchen, gibt. Aber auch das Mittagessen kann sich sehen lassen: liebevoll arrangierte Gerichte, die satt und zufrieden machen.

Einer der feinsten kleinen Läden in Alt-Pankow ist das Stück vom Glück (Wilhelm-Kuhr-Str. 2), und der Name ist Programm. Jeder Biss, jeder Schluck macht happy. Ein kleines verstecktes Café unweit vom Bürgerpark Pankow mit nettem Personal, brutal gutem Kaffee (Eigenwerbung, die aber in diesem Fall stimmt) und selbst gebackenem Kuchen sowie lecker belegten Bagels.

Richtig gutes Eis und leckere hausgemachte Kuchen gibt es im Café Kubitza in Niederschönhausen (Dietzgenstraße 22). Von dort sind es nur wenige Fußminuten zum Schlosspark Pankow, wo Sie unbedingt das Schloss Schönhausen besichtigen sollten. „In keinem anderen preußischen Schloss sind die Zeitschichten der deutschen Geschichte so dicht ablesbar wie in Schönhausen“, schreibt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg auf ihrer Website. Zu sehen gibt es Prunk und Glamour von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur DDR.

Von dort wiederum gelangt man schnell zum Majakowskiring, früher als „Städtchen“ bekannt. Hier lebte zu DDR-Zeiten das Spitzenpersonal aus Partei und Politik weitgehend abgeschirmt, Egon Krenz hatte bis in die Nullerjahre hier seinen Bungalow. Architektonisch ist das Viertel bis heute wahnsinnig schön und unbezahlbar.

Sonntags gibt es in der Kulturbrauerei (Schönhauser Allee 36) einen Streetfood-Markt (12 bis 18 Uhr). Aus den Foodtrucks strömen die betörendsten Düfte, und leider kann man gar nicht so viel probieren, wie man möchte – am Ende ist das Angebot zu groß und der Magen zu klein. Das Gute: Der Markt findet jeden Sonntag statt, man kann also jederzeit wiederkommen.

Insider: Chefin der Prenzlauer Berg Nachrichten über Lieblingsorte

Prenzlauer Berg ist weit über die Stadtgrenze hinaus bekannt, und seit zehn Jahren gibt es eine eigene Online-Stadtteilzeitung namens Prenzlauer Berg Nachrichten (PBN): relevante Themen, gut recherchiert, engagiert geschrieben; Historisches, aktuelle Politik, kuriose Phänomene, Kiezgestalten. Die Themen zeigen, dass Prenzlauer Berg mehr ist als Bugaboo-Mütter und Chai-Latte-Freelancer.

PBN-Redaktionsleiterin Julia Schmitz verrät ihre Lieblingsorte im Stadtteil: „Wenn ich richtig gute Tapas essen möchte, gehe ich ins Al Andaluz in der Marienburger Straße – immer ein Genuss. Drinks schmecken mir im Krom in der Winsstraße, weil sie hier nur Eigenkreationen servieren. Meine liebste ‚Kaffeetankstelle‘ ist das Café Nothaft auf der Schönhauser Allee, wo man direkt an der trubeligen Kreuzung Eberswalder Straße sitzt. Das ist für mich richtiges Großstadtgefühl.“

Und weiter: „Ein guter Ort zum Lesen ist der kleine Gemeinschaftsgarten namens Mauergarten im Mauerpark. Ein Stückchen weiter, und vielleicht noch schöner, ist das Birkenwäldchen im Mauerpark. Hier kann man toll picknicken oder sich auch mal eine Hängematte aufspannen. Einer meiner absoluten Lieblingsorte in meinem Kiez ist das Plateau am Wasserturm an der Belforter Straße. Dort sitze ich gerne mit Freunden und schaue bei einem Glas Wein dem Sonnenuntergang zu.“

Geheimtipp: Burlesque beim Starken August

Das Motto lautet: Menschen, Biere, Sensationen. Und ja, Ihre Assoziationen sind richtig. In der Prenzlauer Berger Zirkus-Bar Zum Starken August (Schönhauser Allee 56) geht es zu wie auf einem Jahrmarkt in einem bunten Film. Man taucht in eine andere Welt. Zum Bier gibt’s Burlesque. Oder eine Feuershow, Akrobatik, Zauberei. Es wird Bingo gespielt und es werden Tarotkarten gezückt. Ein Potpourri grandioser Unterhaltung.

Die Menschen, die hier arbeiten, sind supercool und supernett, Essen und Trinken top. Findet man auch nicht alle Tage, ebenso wie diese gemütliche, heimelige Atmosphäre. Ein Google-Rezensent schrieb kürzlich ganz treffend: „Was fürs Auge, fürs Herz, und für die Leber. August rockt’s.“ Amen.