Berlin - Gründerzeithäuser, Plattenbauten, Eigenheime – in Berlin gibt es rund 1,9 Millionen Wohnungen verschiedensten Typs. Mit knapp 1,1 Millionen Wohnungen wurde der Großteil davon im Zeitraum von 1949 bis zum Jahr 2010 errichtet, also nach dem Zweiten Weltkrieg. Darunter die Großsiedlungen im Märkischen Viertel und in der Gropiusstadt im Westteil Berlins und die Plattenbauviertel in Marzahn und Hellersdorf im Ostteil der Stadt. Sie entstanden, als in kurzer Zeit große Mengen an Wohnraum benötigt wurden. Ihr zwischenzeitlich schlechtes Image haben die Siedlungen durch gelungene Sanierungen abschütteln können. In Zeiten, da Wohnraum knapp ist, sind die Großsiedlungen mit ihren vergleichsweise niedrigen Mieten inzwischen sogar wieder gefragt. Hoher Leerstand, der in den 2000er-Jahren zum Abriss von rund 5000 Plattenbauwohnungen führte, ist längst kein Thema mehr.
In der Gunst der Berliner rangieren aber die gut 500.000 Altbauwohnungen ganz vorn, die bis zum Jahr 1918 entstanden sind. Sie liegen überwiegend in den Innenstadtbezirken Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte, Pankow, Charlottenburg-Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg in gewachsenen Quartieren mit kleinen Läden, Cafés und Restaurants. Was die Wohnungen aus der Gründerzeit besonders attraktiv macht: Sie verfügen oft über Parkett oder Dielen, über hohe Räume und Stuck an den Decken. Mit knapp 280.000 Wohnungen sind 14 Prozent der Berliner Wohnungen (Stand: 2019) in der Zeit von 1919 bis 1948 fertiggestellt worden, darunter viele Siedlungen aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, als Wohnraum Mangelware war. Zum Beispiel die Hufeisensiedlung in Britz, die mit fünf anderen Siedlungen der Moderne seit Juli 2008 zum Weltkulturerbe gehört. Weitere knapp 100.000 Wohnungen kamen seit dem Jahr 2011 neu auf den Berliner Immobilienmarkt – etwa am Rande des Gleisdreieckparks zwischen Kreuzberg und Schöneberg, auf dem ehemaligen Mauerstreifen und in der Wasserstadt Spandau.

Der Berliner Wohnungsmarkt ist ein Mietwohnungsmarkt. Rund 1,6 Millionen Wohnungen werden zur Miete angeboten, das entspricht einem Anteil von 84 Prozent. Die übrigen gut 300.000 Wohnungen sind selbst genutztes Wohneigentum. Besonders hoch ist der Anteil der Mietwohnungen mit jeweils mehr als 90 Prozent in Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg und Lichtenberg (Stand: 2019). Knapp über dem Berliner Durchschnitt liegt der Anteil der Mietwohnungen zudem in den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf und Neukölln. Ein Mietwohnungsanteil von weniger als 80 Prozent findet sich vor allem in Außenbezirken wie Steglitz-Zehlendorf, Reinickendorf und Marzahn-Hellersdorf, wo es ausgedehnte Eigenheimviertel gibt.
Anteil der Mietwohnungen sinkt
Der Anteil der Mietwohnungen sinkt jedoch – vor allem in der Innenstadt. Ein Grund dafür ist die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. So reduzierte sich nach Angaben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen der Anteil der Mietwohnungen in Friedrichshain-Kreuzberg von 96 Prozent im Jahr 2010 auf 91,7 Prozent im Jahr 2018. Der Anteil selbst genutzten Wohneigentums in dem Bezirk erhöhte sich entsprechend von 4 Prozent im Jahr 2010 auf 8,3 Prozent im Jahr 2018. Im Bezirk Pankow, zu dem der beliebte Ortsteil Prenzlauer Berg gehört, stieg die Eigentumsquote im gleichen Zeitraum von 9,6 Prozent auf 15,4 Prozent.
Wohnraum in Berlin ist knapp. Der Grund: Die Einwohnerzahl ist rasant gestiegen, der Wohnungsneubau konnte damit nicht Schritt halten. Allein von 2011 bis 2018 wuchs die Einwohnerzahl Berlins um 318.824 Personen. Das ist vergleichbar mit der Einwohnerzahl der nordrhein-westfälischen Stadt Münster. Die Zahl der Wohnungen erhöhte sich im gleichen Zeitraum nur um 77.470.
Der Stadtentwicklungsplan Wohnen, den der Senat im Jahr 2019 beschloss, geht davon aus, dass in Berlin von 2017 bis zum Jahr 2030 rund 194.000 Wohnungen errichtet werden müssen. Zugrunde gelegt war der Berechnung, dass es im Jahr 2017 in Berlin 77.000 Wohnungen zu wenig gab. Zugleich wurde prognostiziert, dass wegen des erwarteten Bevölkerungszuwachses bis 2030 ein Bedarf von 117.000 Wohnungen entsteht. Dabei war berücksichtigt, dass es jährlich einen „Abgang“, also einen Verlust, von rund 1000 Wohnungen gibt. Für den Zeitraum von 2022 bis 2030 bezifferte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im November 2021 den Neubaubedarf noch auf 121.000 Wohnungen. Die neue rot-grün-rote Koalition setzte sich gleichwohl ein deutlich höheres Neubauziel. Laut Koalitionsvereinbarung sollen bis 2030 insgesamt 200.000 neue Wohnungen entstehen. Das entspricht 20.000 neuen Wohnungen pro Jahr, wenn man das Jahr 2021 einbezieht.

Rund 66.000 Wohnungen genehmigt, aber noch nicht gebaut
Ob so viele Wohnungen gebaut werden können, ist fraglich. Denn schon vor der Corona-Krise litt die Baubranche unter Personalmangel. Mit der Corona-Krise kamen Lieferengpässe und Materialpreisexplosionen hinzu, wodurch sich die Lage weiter verschärft hat. Immerhin: An Baugenehmigungen für neue Wohnungen mangelt es in Berlin nicht. Die Zahl der zum Bau genehmigten Wohnungen in Berlin lag von 2015 bis 2020 stets über der Marke von 20.000 Wohnungen jährlich. Das Problem: Die Realisierung der genehmigten Wohnungen zieht sich hin. Ende 2019 belief sich die Zahl der genehmigten, aber noch nicht realisierten Wohnungen, der sogenannte Bauüberhang, laut Wohnungsmarktbericht der Investitionsbank Berlin auf rund 66.000 Wohnungen. Warum sich die Fertigstellung der Wohnungen hinzieht, soll jetzt ermittelt werden. Eines zeigt die Zahl der Baugenehmigungen aber: Für einen großen Teil der 200.000 Wohnungen liegen konkrete Pläne bereits vor.
Die Mieten sind wegen des angespannten Markts stark gestiegen. Von 2006 bis 2018 verdoppelten sich die sogenannten Angebotsmieten für freie Wohnungen in Berlin laut dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung von 5,53 Euro auf 11,09 Euro je Quadratmeter Wohnfläche monatlich. Die Mittelwerte der im Mietspiegel abgebildeten ortsüblichen Vergleichsmieten erhöhten sich von 4,75 Euro je Quadratmeter kalt im Mietspiegel 2007 auf 6,79 Euro je Quadratmeter kalt im Mietspiegel 2021. Die Angebotsmieten geben wieder, zu welchen Mietpreisen freie Wohnungen angeboten werden. Dabei handelt es sich wohlgemerkt um Angebote. Die tatsächlich vereinbarten Mieten können abweichen.
Der Mietspiegel beruht auf all jenen Mieten, die sich in einem bestimmten Zeitraum verändert haben – durch Mieterhöhungen oder den Abschluss neuer Verträge. Der Mietspiegel 2021 ist dabei eine Fortschreibung des Mietspiegels 2019, weil sich die Mieten wegen des Mietendeckels im Jahr 2020/2021 nicht frei entwickelt haben. Vermietern dient der Mietspiegel dazu, um in laufenden Vertragsverhältnissen Mieterhöhungsverlangen zu begründen. Mieter können anhand des Mietspiegels überprüfen, ob die Forderungen des Vermieters berechtigt sind.
Anteil kommunaler Wohnungen wächst wieder
Wichtigster Partner des Senats für eine soziale Wohnungspolitik in Berlin sind die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Degewo, Gewobag, Howoge, Stadt und Land, Gesobau sowie Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM). Mit rund 333.000 Wohnungen (Stand: Ende 2020) sind die landeseigenen Unternehmen der größte Immobilieneigentümer in der Stadt. Die Zahl der Wohnungen klingt hoch, doch ist sie weit niedriger als nach der Wiedervereinigung im Jahr 1990. Da befanden sich nach Angaben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen 576.676 Wohnungen in kommunalem Besitz.
Privatisierungen von Wohnungen und ganzen Wohnungsbaugesellschaften wie der GSW im Jahr 2004 ließen den Bestand zwischenzeitlich auf bis zu 258.251 Wohnungen im Jahr 2009 schrumpfen. Seit 2011 arbeitet das Land Berlin daran, die Zahl der Wohnungen in kommunalem Besitz wieder zu erhöhen – durch Ankauf von Wohnungen und durch Neubau. Der Senat will mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften preisdämpfend auf den Immobilienmarkt einwirken, um den Anstieg der Mieten zu bremsen. Um das Ziel zu erreichen, haben sich die landeseigenen Unternehmen in einer Kooperationsvereinbarung mit dem Senat dazu verpflichtet, die Mieten in vier Jahren um maximal acht Prozent zu erhöhen. Rein rechtlich wären in Berlin sonst Mieterhöhungen um bis zu 15 Prozent in drei Jahren möglich. Infolge des 2021 gekippten Mietendeckels gelten für einen bestimmten Zeitraum sogar noch strengere Grenzen bei Mieterhöhungen.
Mit einer durchschnittlichen Miete von 6,29 Euro je Quadratmeter kalt (Stand: 2020) bieten die landeseigenen Unternehmen Wohnungen zu Preisen deutlich unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete in Berlin an. Diese liegt laut Mietspiegel 2021 über alle Wohnungstypen gerechnet bei 6,79 Euro je Quadratmeter. Der Anteil der landeseigenen Wohnungen in den Bezirken fällt dabei sehr unterschiedlich aus. Die meisten landeseigenen Unterkünfte gibt es mit 57.771 Wohnungen in Lichtenberg, mit 40.658 Wohnungen in Marzahn-Hellersdorf und mit 35.580 Wohnungen in Pankow (Stand: 2020). Die wenigsten gibt es mit 5129 Wohnungen in Steglitz-Zehlendorf.
Genossenschaften mit besonders niedrigen Mieten
Rund 190.000 Wohnungen in Berlin gehören den Wohnungsgenossenschaften. Die Mieten, oder genauer gesagt: die Nutzungsentgelte, die die Mitglieder einer Genossenschaft zahlen, liegen noch deutlich unter den ohnehin schon geringen Mieten der landeseigenen Unternehmen. Nur 5,70 Euro pro Quadratmeter verlangen die Genossenschaften im Schnitt (Stand: Ende 2020 bei den Mitgliedsunternehmen im Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen). Rechnet man die Wohnungen der Genossenschaften und der landeseigenen Unternehmen zusammen, dann entfallen rund 30 Prozent der Wohnungen in Berlin auf sie. Die übrigen 70 Prozent der Wohnungen befinden sich überwiegend in privater Hand. Der Bund besitzt etwa 5000 Wohnungen in Berlin.
Größter privater Wohnungseigentümer in Berlin ist die börsennotierte Vonovia, der nach der erfolgreichen Übernahme der Deutsche Wohnen im Jahr 2021 schätzungsweise 140.000 Wohnungen in der Bundeshauptstadt gehören. Die Deutsche Wohnen tritt dabei auch weiterhin als Vermieter auf, ist allerdings nur noch ein Tochterunternehmen der Vonovia. Die durchschnittliche Miete in den Vonovia-Wohnungen in Berlin belief sich Ende September 2021 auf 7,08 Euro je Quadratmeter kalt, in den Unterkünften der Deutsche Wohnen in Berlin auf 7,14 Euro je Quadratmeter kalt.
Der Wohnungsmarkt in Berlin steht seit Jahren im Fokus renditeorientierter Unternehmen. Das zeigt sich an den Umsätzen auf dem Immobilienmarkt, die von 2017 bis 2019 jedes Jahr einen neuen Rekord auswiesen: Im Jahr 2017 wurden in der Bundeshauptstadt Häuser, Wohnungen und Grundstücke für 18,159 Milliarden Euro verkauft, im Jahr 2018 für 19,215 Milliarden und im Jahr 2019 für 21,727 Milliarden. Der Grund: Immobilien in der deutschen Hauptstadt gelten als sichere Wertanlage. Gerade in Zeiten der Nullzinspolitik verspricht eine kontinuierliche Wertsteigerung von Immobilien einen sicheren Vermögenszuwachs. Mittlerweile sind die Verkaufspreise allerdings so hoch, dass sich ein Erwerb der Immobilien über die Mieten nur noch schwer refinanzieren lässt.
Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen
Gerade die beliebten Gründerzeitviertel in Berlin geraten in den Blick von Investoren. Bieten sie doch mit oftmals noch niedrigen Mieten die Aussicht auf steigende Gewinne. Ein beliebtes Geschäftsmodell ist, die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln und diese teuer zu verkaufen. Zwar gilt es hierbei gesetzliche Restriktionen sowie Kündigungsschutzfristen der Mieter zu beachten, doch mancher Investor versteht es, die Mieter mit Geldprämien zum vorzeitigen Auszug zu bewegen. Andere verschrecken die Bewohner mit Modernisierungsankündigungen oder mit Baumaßnahmen, bei denen es zu Wasserschäden oder Heizungsausfällen kommt.
