Politik

Vergessen in Pakistan: Die internationalen Folgen von Nancy Faesers desaströser Flüchtlingspolitik

Afghanische Flüchtlinge, die keine Ortskräfte waren, leben seit Jahren unter extrem prekären Bedingungen in Pakistan: zwischen Bürokratie, Angst und Perspektivlosigkeit.

Afghanische Flüchtlinge in Islamabad
Afghanische Flüchtlinge in IslamabadAamir Qureshi/AFP

Das Bundesinnenministerium unter Ministerin Nancy Faeser hat in den vergangenen Jahren verschiedenste Zusagen zur Aufnahme afghanischer Flüchtlinge gemacht. Im Gegensatz zu ehemaligen Ortskräften, die im Rahmen von Evakuierungen, Bundesaufnahmeprogrammen und Luftbrückenaktionen nach Deutschland gebracht wurden, warten viele Menschen, die keine Ortskräfte waren und trotzdem offizielle Aufnahmezusagen haben, seit Jahren auf ihre Ausreise. Während Ortskräfte in der Öffentlichkeit und durch die zahlreichen Hilfsprogramme sichtbar sind und zumindest einen Hoffnungsschimmer auf eine Ausreise haben, geraten jene, die diesen Status nicht haben, weitgehend in Vergessenheit.

Seit dem Fall Kabuls im August 2021 harren Tausende afghanische Flüchtlinge in Pakistan in einer Art Zwischenwelt aus. Unter ihnen sind Journalisten, Menschenrechtsverteidiger und Frauenrechtsaktivisten, die aufgrund ihrer Tätigkeit in Afghanistan unmittelbar bedroht sind. Viele von ihnen haben nach langen Prüfverfahren über das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) eine Aufnahmezusage aus Deutschland erhalten. Interviews wurden geführt, biometrische Daten erfasst, medizinische Untersuchungen abgeschlossen – doch die versprochene Ausreise nach Deutschland blieb aus.

Unter der Ampelregierung hat Deutschland im Rahmen des Resettlement-Programms dem UN-Flüchtlingshilfswerk 13.100 Plätze für 2024 und 2025 zugesagt. Dieses Programm wurde im April 2025 von der neuen Bundesregierung vorübergehend ausgesetzt. Leittragende sind die vielen gestrandeten afghanischen Flüchtlinge in Pakistan, die den Ampelversprechungen geglaubt haben.

Veränderte politische Stimmung in Deutschland

Während sie seit Jahren auf ihren Weiterflug nach Deutschland warten, verschärft sich ihre Lage dramatisch. Die pakistanische Regierung hat die Verlängerung afghanischer Visa weitgehend ausgesetzt. Die Betroffenen leben in permanenter Angst vor Polizeirazzien, Verhaftungen oder Abschiebung, haben kaum Zugang zu Bildung oder Arbeit – und ihre Ersparnisse sind oftmals längst aufgebraucht. Die psychische Belastung ist enorm, die täglichen Sorgen um das Überleben ihrer Familien zermürbend.

Besonders bitter ist, dass die aktuelle politische Stimmung in Deutschland eine zusätzliche Belastung darstellt. Die Debatte dreht sich zunehmend um Abschiebungen und restriktivere Maßnahmen, während die zugesagten Aufnahmen von afghanischen Flüchtlingen kaum umgesetzt werden. Trotz offizieller Zusagen und der Übermittlung kompletter Unterlagen werden sie weiterhin in Pakistan festgehalten, gefangen zwischen UNHCR, deutscher Bürokratie und einer politischen Lage, die ihre Aufnahme immer unwahrscheinlicher erscheinen lässt.

Um zu verdeutlichen, wie existenziell und verzweifelt diese Situation ist, dokumentieren wir im Folgenden den Brief einer afghanischen Mutter, die seit über drei Jahren mit ihren Kindern in Islamabad auf ihre Ausreise nach Deutschland wartet – der Brief liegt der Berliner Zeitung vor.

Brief einer betroffenen Aktivistin und Mutter

[Der nachfolgende Brief von Laila Ahmadi wurde aus dem Englischen übersetzt; die Namen wurden geändert, der Inhalt ist unverändert geblieben.]

„Ich, Laila Ahmadi, eine Menschenrechtsaktivistin, war aufgrund meiner beruflichen Aktivitäten in Afghanistan schweren Sicherheitsdrohungen, Vergeltungsmaßnahmen der Taliban sowie ständiger Angst vor Verhaftung oder einem erzwungenen Verschwindenlassen ausgesetzt. Um mir und meinen Kindern eine sicherere Zukunft zu ermöglichen, suchte ich Zuflucht in Pakistan. Nach Prüfung meines Falls empfahl das Büro des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) meine Umsiedlung nach Deutschland.

Inmitten von Angst, wirtschaftlichen Schwierigkeiten und enormem psychischem Druck wartete ich monatelang auf Interviews und eine Zusage. Es sind nun mehr als drei Jahre vergangen, seit ich alle administrativen und rechtlichen Verfahren abgeschlossen habe, doch befinde ich mich weiterhin in Pakistan in einem Zustand der Ungewissheit. Trotz des Versprechens Deutschlands, uns aufzunehmen, wurden bisher keine praktischen Schritte zu unserer Umsiedlung unternommen. Meine Familie und ich sind nun von einer Zwangsabschiebung bedroht. Jeder Tag des Wartens fühlt sich an wie ein dunkler Albtraum, der sowohl unsere körperliche Kraft als auch unsere Hoffnung raubt. Meine Kinder und ich können nicht schlafen; jede Nacht gehen wir voller Angst und Ungewissheit ins Bett, nicht wissend, ob wir morgen noch hier sein werden.

Aufgrund von Angst, psychischem Druck, Hilflosigkeit und einer ungewissen Zukunft bin ich nicht in der Lage, Entscheidungen für mich oder meine Kinder zu treffen. Wegen der zunehmenden Polizeischikanen in Pakistan schicke ich meine Kinder morgens nicht mehr zur Schule; stattdessen nehme ich sie mit in Parks oder auf die Straße, in der Hoffnung, sie vor einer Verhaftung durch die Polizei zu schützen. Meine Kinder ertragen die brennende Sonne Pakistans kaum – und ihr Leid und ihre Angst zu sehen, schmerzt mich zutiefst als Mutter.

Ich habe zwei Kinder, die mich jeden Tag fragen: „Mama, warum bringt man uns nicht nach Deutschland?“ Sie haben große Angst vor der Polizei, und ich mache mir extreme Sorgen um ihre Zukunft. Jahre des Wartens haben alles zerstört, was ich aufgebaut hatte, und alle Hoffnungen zunichtegemacht. Arbeitslosigkeit, Staatenlosigkeit und ein Gefühl der Wertlosigkeit haben mich zutiefst hoffnungslos zurückgelassen. Wir haben nicht viele Forderungen – nur, dass Deutschland sein Versprechen einhält. Wir warten seit drei Jahren.

Ich fühle mich hilflos. Deutschland hat uns am seidenen Faden hängen lassen und schiebt uns Tag für Tag auf. Jedes Mal, wenn eine neue Regierung ins Amt kommt, steigt der Druck auf uns. Die Schikanen durch die pakistanische Polizei und das Ausbleiben einer klaren, überzeugenden Antwort aus Deutschland haben unser Leben zerstört.

Obwohl uns die deutsche Regierung die Aufnahme zugesagt hat, gibt es keine offizielle oder klare Anlaufstelle, an die ich mich mit Fragen, Sorgen oder für Antworten wenden könnte. In Zeiten dringender Not wurde uns kein zugänglicher Kommunikationsweg bereitgestellt. Niemand erkundigt sich nach uns, und wir sind im Stich gelassen worden. Wir haben jegliche Hoffnung auf Deutschlands Zusagen verloren.

Wir stehen vor extremen finanziellen Schwierigkeiten. In den vergangenen vier Jahren habe ich mein Land, mein Haus und alle Besitztümer, die ich in Afghanistan hatte, verkauft, nur um zu überleben. Nun haben wir nichts mehr zu essen und befinden uns in einer verzweifelten Lage. Wenn wir uns an das UNHCR wenden, heißt es, unsere Akte sei an die deutsche Botschaft weitergeleitet worden und alle Verfahren seien abgeschlossen. Man sagt uns, die Botschaft sei verantwortlich, doch die Botschaft schweigt, während das Ausländeramt lediglich sagt: „Warten“ – ohne eine überzeugende oder hoffnungsvolle Erklärung.

Mein Sohn Farid war erst drei Jahre alt, als wir nach Pakistan flohen, und heute ist er sieben. Ich wünschte mir eine bessere Zukunft für ihn, damit er die Möglichkeit bekommt, zu lernen und der Menschheit zu dienen. Doch sein Leben ist verdunkelt, und er bleibt ohne Zukunft.

Farid hat so große Angst vor der Polizei, dass seine Beine zittern, wenn sie in unsere Nachbarschaft kommt. Er sagt: „Mama, meine Beine zittern, die Polizei ist da, versteck dich.“ Jedes Mal, wenn er hört, dass die Polizei gekommen ist, verstummt er vor Angst. Die Polizei ist einmal gewaltsam in unser Haus eingedrungen, und seitdem ist er traumatisiert.

Das Leben in Pakistan ist unerträglich geworden. Die Polizei klopft täglich an unsere Türen und verlangt Visa. Ohne gültige Visa geben sie uns keine Gelegenheit zu sprechen oder etwas zu erklären und bringen Menschen direkt in Internierungslager – ohne ihnen Zeit zu lassen, Kleidung zu wechseln oder Dokumente mitzunehmen. Seit mehr als zwei Monaten hat die pakistanische Regierung die Verlängerung afghanischer Visa ausgesetzt, was unser Leben unerträglich macht. Wir haben weder tags noch nachts Frieden.“

Politische Verantwortung und unrealistische Zusagen

Dieser Brief veranlasste die Berliner Zeitung, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nachzufragen, um sich über den aktuellen Stand des Verfahrens für diese Familie zu erkundigen. Die Behörde antwortete, dass die im Koalitionsvertrag festgelegte Vereinbarung der Regierungsparteien, freiwillige Bundesaufnahmeprogramme weitgehend zu beenden, derzeit umgesetzt werde. „Bis zu einer endgültigen Entscheidung ist das Resettlement ausgesetzt und es finden keine Einreisen statt“, heißt es. Zu Einzelfällen wollte sich das BAMF nicht äußern.

Die Zusagen des Bundesinnenministeriums unter Nancy Faeser haben oftmals unrealistische Erwartungen vieler Betroffener geweckt, wobei in der Regel keine konkreten Schritte zur Umsetzung erfolgten. Diese Diskrepanz hat das Leiden der Flüchtlinge verschärft, die seit Jahren in Pakistan festsitzen. Die Verantwortung liegt daher auch bei der aktuellen deutschen Regierung, dieses Problem zu lösen.

Denn ist es nicht zynisch, wenn man bedenkt, dass rund 40.000 Flüchtlinge in Deutschland unmittelbar ausreisepflichtig sind (über 200.000 einschließlich Geduldeter), Hunderte islamistische Gefährder weiter hier leben können und seit 2015 Hunderttausende registrierte unerlaubte Einreisen die Lage prägen, während gleichzeitig in Pakistan bereits überprüfte, biometrisch erfasste und mit Einreisezusagen versehene Menschenrechtsaktivisten festsitzen? Menschen, deren Werte mit unseren übereinstimmen und deren Integration realistisch wäre. Diese Menschen im Stich zu lassen, während Ausreisepflichtige und Islamisten de facto weiterhin das Privileg genießen, in Deutschland zu bleiben, wäre nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch politisch absurd.

Die Schicksale von Laila Ahmadi und Tausenden anderen afghanischen Flüchtlingen zeigen, wie dringend konkrete Maßnahmen nötig sind. Jahre der Unsicherheit, Angst und Isolation haben ihre körperliche und psychische Gesundheit schwer belastet. Eine klare Lösung und schnelle Umsetzung der zugesagten Aufnahme ist dringend erforderlich. Es sind Restschulden der desaströsen Flüchtlingspolitik der Ampel, die es hier einzulösen gilt. Denn es geht hier neben einer moralischen Verantwortung auch um die internationale Glaubwürdigkeit Deutschlands.

Hinweis: Die Namen der Betroffenen wurden aus Sicherheitsgründen geändert. Bei ernsthaftem Interesse oder Unterstützungsangeboten kann Kontakt zu den Betroffenen über die Redaktion hergestellt werden. briefe@berliner-zeitung.de