Twitter-Alarm

„Uns allen“: Wenn Twitter-Nutzer zwei Wörter von Kai Wegner missverstehen wollen

Kai Wegner wollte „uns allen“ ein erholsames Pfingstwochenende wünschen, was zu einer deutschlandweiten Diskussion führte. Warum eigentlich? Ein Kommentar.

Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner bei einer Pressekonferenz in Potsdams Staatskanzlei.
Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner bei einer Pressekonferenz in Potsdams Staatskanzlei.Michael Bahlo/dpa

Die indonesische Sprache kennt nicht nur vier Wörter für Reis, sondern auch zwei Wörter für uns: Das Wort „kami“ schließt den Angesprochenen aus (Das ist „unser“ Haus, nicht deins), „kita“ schließt den Zuhörer ein: Das ist „unser“ Tag. Im Deutschen muss diese Feinheiten der Kontext regeln.

Vielleicht hätte diese Unterscheidung schon dabei geholfen, dass der Regierende Bürgermeister Kai Wegner besser verstanden worden wäre. Am Wochenende twitterte er einen Gruß zu Pfingsten, den einige missverstehen wollten. Erst wünschte er allen „christlichen Mitbürgerinnen und Mitbürgern“ gesegnete Pfingsten, anschließend schrieb er: „Uns allen und unseren Gästen wünsche ich erholsame Tage.“

Das, was unter diesem Tweet bis heute zu lesen ist, erfüllt noch nicht alle Merkmale eines Shitstorms, aber es deutet an, dass selbst harmlose Grußworte sorgfältig gewählt sein wollen. Das Wort „Gäste“ löste am meisten Irritation aus. Wer denn die Gäste seien, fragten einige. Einer schrieb: „Ich bin weder Christ noch Gast, sondern Moslem, wünschen Sie mir auch erholsame Tage?“

Die Antwort auf diese Frage ist natürlich ein Verweis auf die beiden Wörter „uns allen“, unter denen der Politiker sicherlich alle Berliner zusammenfassen wollte, oder alle, die diesen Tweet lesen. Er hätte auch „allen anderen“ schreiben können, damit alle Nichtchristen gemeint wären, aber es musste eben dieses vage „uns“ sein. Deswegen und weil das Wort „Gäste“ gerade in rechten Kreisen gern als Synonym für „Ausländer“ benutzt wird, kam es zu dieser Irritation. 

Politikwissenschaftler Nils Gerster schrieb: „Dieser exkludierende Sprachgebrauch entlarvt Herrn Wegner als christlichen Fundamentalisten und kulturell unsensiblen Ignoranten.“ Dabei gilt „uns“ nun wirklich nicht als ein Wort, das Menschen ausschließt, im Gegenteil: Es schließt meist alle ein. Max Linke von den Grünen Marzahn-Hellersdorf schaffte es mit diesem Zitat sogar in die FAZ: „In Berlin leben Menschen verschiedener Glaubensrichtungen. Es ist bedauerlich, dass Kai Wegner Nicht-Christ*innen lediglich als Gäste betrachtet.“ 

Fast 500 Antworten bekam der Regierungschef, der doch gerade erst seit einem Monat auf diesem Posten sitzt. Manche forderten gleich „Wegner weg“, und nur die wenigsten schrieben: „Danke, das wünsche ich Ihnen auch.“ Er wird in Zukunft seine Grußworte noch sorgfältiger auswählen – genau wie „wir“ (Angesprochene ausgeschlossen) Journalisten auch sorgfältiger auswählen sollten, welche Nachrichten wir zu welchen machen. Streng genommen ist hier nämlich nichts passiert. Wenden „wir“ (Angesprochene eingeschlossen) uns Wichtigerem zu.