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Senatorin: Flüchtlingsunterbringung wird schwieriger

Immer mehr Geflüchtete aus aller Welt finden ihren Weg nach Deutschland und Berlin. In der Hauptstadt wird es bei Unterkünften langsam eng.

Katja Kipping, Berliner Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales.
Katja Kipping, Berliner Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales.Carsten Koall/dpa/Archivbild

Berlin-Der Unterbringung von Flüchtlingen in Berlin wird nach Angaben von Integrationssenatorin Katja Kipping (Linke) immer schwieriger. Zwar seien in den vergangenen Monaten rund 6000 neue Plätze in Aufnahme- und Gemeinschaftseinrichtungen geschaffen worden und die Gesamtzahl sei mit 27.700 so hoch wie nie zuvor. Dennoch seien davon aktuell nur noch etwa 200 frei, teilte Kipping am Montag mit. „Die Situation ist enorm schwierig.“

Nach ihren Angaben ist die Zahl der Asylbewerber seit Sommer deutlich gestiegen. In den ersten neun Monaten des Jahres wurden demnach 12.237 neue Asylbewerber in Berlin registriert. Im selben Vorjahreszeitraum waren es 7812, im Gesamtjahr 2021 waren es 12.175. Ein großer Teil davon, wenn auch nicht alle, bleiben vorerst in Berlin.

Hinzu kommen Zehntausende ukrainische Kriegsflüchtlinge in der Stadt, deren Zahl Kipping zufolge weiter zunimmt, wenn auch zuletzt langsamer als in den ersten Monaten des russischen Angriffskrieges. Viele dieser Menschen, die einen anderen Status als Asylbewerber haben, kamen zeitweise zunächst privat unter. Nunmehr brauchen sie nun aber eine andere Unterkunft, weil ihre Gastgeber ihr Angebot nicht länger aufrechterhalten können oder wollen.

Kipping zufolge kann das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) bei der Schaffung und Anmietung neuer Unterkünfte kaum noch mit der Entwicklung der Neuankünfte Schritt halten. Benötigt würden vor allem großflächige Gebäude. Man wolle jetzt mit dem Bund sprechen, ob zumindest eine zeitweise Nutzung leerstehender Bundesliegenschaften in Berlin für die Flüchtlingsunterbringung möglich sei.

Zusätzliches Problem: Wegen des angespannten Immobilienmarktes sei es für viele Geflüchtete nahezu unmöglich, eine Wohnung zu finden. Sie verbleiben also in Gemeinschaftsunterkünften, teils für Jahre - obwohl über ihre Asylanträge längst entschieden ist. Kipping bezifferte die aktuelle Zahl der Betroffenen auf mehr als 7000.

Das Ankunftszentrum des Landes in Reinickendorf ist im Moment überlastet, wie Kipping deutlich machte. An den beiden vergangenen Wochenenden gab es dort nach ihren Angaben zeitweise keine freien Übernachtungsplätze mehr, so dass jeweils rund 170 Asylbewerber zum Ankunftszentrum am früheren Airport Tegel gebracht werden mussten.

Dieses wurde eigentlich für Ukraine-Flüchtlinge eingerichtet, dient aber seit geraumer Zeit auch als Puffer, um ankommenden Asylbewerbern für die ersten Nächte Unterkunft zu bieten. Kipping geht davon aus, dass praktisch alle drei früheren Terminals in Tegel noch längere Zeit zur Aufnahme oder Erstunterbringung geflüchteter Menschen benötigt werden. Dadurch könnten sich die Vorbereitungen für die Nachnutzung, etwa für eine Hochschule, verzögern, räumte die Senatorin ein.

„Wir werden uns in diesem Winter nicht leisten können, darauf zu verzichten, zumindest als Reservefunktion“, betonte sie gleichwohl. Sie verwies darauf, dass je nach Kriegsverlauf und gerade im Hinblick auf den Winter jederzeit wieder mit einer Zunahme der Neuankömmlinge aus der Ukraine gerechnet werden müsse.

Kipping ergänzte, dass sie es für richtig hält, auch russische Deserteure aufzunehmen - nach Überprüfung dieser Menschen durch die deutschen Sicherheitsbehörden. Bislang halten sich die Zahlen noch in Grenzen: Laut Integrationsverwaltung wurden im September 35 Geflüchtete aus Russland registriert. Zum Vergleich: Im Vorjahresmonat waren es 15.

Bereits im Sommer hatte Kipping wegen der Flüchtlingslage Stufe 1 eines Notfallplanes in Kraft gesetzt. In dem Zusammenhang wurde eine neue Notunterkunft für Geflüchtete in Tegel als Reserve eingerichtet. Die Zeit, um die Stufe 2 auszurufen und dann zum Beispiel die Möglichkeit zur Beschlagnahme von Unterkünften zu haben, hält sie noch nicht für gekommen. Zuvor müssten alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.

Auf Turnhallen wie zurzeit des großen Flüchtlingsandrangs 2015/2016 will Kipping gar nicht zurückgreifen. „Das ist ein No Go.“